Kolumnen

Drei Bad Beats – Ein unwichtiger, ein teuerer und ein katastrophaler!

Kommen wir zum Bad Beat im klassischen Format. Der Gegner hat zwei bis vier Outs. Die kommen natürlich und niemanden interessiert es und niemand will davon hören oder davon lesen. Deswegen erspare ich Ihnen da weitere Details. Schon allein, weil Sie genau so gut wie ich wissen, dass es auf der Welt viel wichtigere Dinge als Pokern gibt. Zum Beispiel Fußball und damit komme ich zum Bad Beat Zwei, der – wie schon in der Überschrift angekündigt – extrem teuer, schmerzhaft und folgenreich für die weitere Abendgestaltung war.

Im Casino kann man bequem zocken und bekommt dabei den internationalen Fußball auf zwei Großbildschirmen serviert. Für mich ging es bei dem Match um einen Swing von 35 000 Euro und meine Mannschaft führte auch knapp nach der Halbzeit mit 3:0. Sehr beruhigend und ich beschloss, mich wieder auf die Karten zu konzentrieren. Was dann passierte kommt selten vor, aber eben doch, weil das verdammte Leder rund ist und ein Match nun mal 90 Minuten hat (Wo bitte geht es zum Phrasenschwein?). Um es kurz zu machen, zwischen der 52. und 89. Minute vergeigte Monaco den sicher geglaubten Vorsprung und verlor noch 3:4.

Da macht dann Pokern keinen Spaß mehr. Den gefühlten Verlust konnte ich an dem Abend wohl auch nicht mehr gewinnen. Somit war ich bereit für den dritten Bad Beat des Abend und den ein wenig genauer auszuführen, ist mir ein zweifelhaftes Vergnügen.

Meine Freundin hier in Odessa ist nicht nur sehr hübsch. Sie ist auch sehr eifersüchtig und lässt da auch nicht mit sich verhandeln. Am Pokertisch wollte ich nicht mehr sein und als mich dann eine ehemaligen Freundin anrief (auch hübsch und eifersüchtig) dachte ich mir, das würde mich ein wenig auf andere Gedanken bringen und beschloss aber gleichzeitig, pünktlich um Mitternacht daheim zu sein. Schließlich sollte das unser letzter gemeinsamer Abend werden, weil ich am nächsten Tag einen Flug nach Wien gebucht hatte. Ohne genauere Angaben zu machen, bat ich meine Freundin, mir ein Taxi vors Casino zu rufen. In Odessa ist das nicht ganz so einfach, weil sich die Taxis optisch von den Privatwägen überhaupt nicht unterscheiden. Es gibt auch keinen Gebührenzähler oder ähnliches, sondern so ein Art undurchschaubares System von Wegpauschalen. Deswegen rufen wir auch immer beim selben Unternehmen an und ich – quasi als fast echter Odessit – fühle mich eigentlich inzwischen ganz gut aufgehoben und chauffiert. Bin dann im Eiltempo runter und in den dunklen Mercedes gehuscht. Der Fahrer ein wenig überrascht, wahrscheinlich weil ich schneller unten war, als er dachte. Mehrfach musste ich ihm die Adresse nennen und meine Sprachkenntnisse reichen inzwischen, um Worte wie „bitte sehr schnell“ und „wichtig“ tadellos und verständlich zu artikulieren.

Nach anfänglichem Widerstand kam der Fahrer dann langsam in die Gänge, wenn auch sonderbar unwillig und offensichtlich über irgendetwas irritiert. Nach einiger Wegstrecke angekommen packte ich gleich wieder mein russisch aus. Beschwor den Fahrer, die eine Stunde zu warten – schließlich wollte ich meinen letzten romantischen Abend daheim nicht versäumen, oder durch zu spätes nach Hause kommen gefährden.

Bin dann rauf zu meiner ehemaligen Freundin. In aller Unschuld, obwohl noch ein wirklich hübsches anderes Mädchen da war, die ihr ganzes Leben auf mich gewartet zu haben schien. Hatte eine nette und witzige Stunde. Sah mir die neue Wohnung an und langsam begannen die Wunden der so übel verlorenen Sportwette zu verheilen.

Pünktlich nach einer Stunde verließ ich die Wohnung mit reinem Gewissen – wenn man mal davon absieht, dass mir meine Freundin jeglichen Umgang mit meiner Ex streng verboten hatte. Hetzte mich hinunter zum Ausgang, wollte behände in meinen Wagen springen – nur von einem dunklen Mercedes weit und breit nichts zu sehen. Wie bereits erwähnt, ein Taxi in Odessa zu bekommen, ist nicht leicht. Ich kramte mein Handy aus der Tasche, um nach einer Nummer zu suchen. Sieben versäumte Anrufe – sieben Mal meine Freundin. Hoffentlich war nichts passiert! Und ich rief gleich zurück, um mich zu vergewissern, dass auch alles in Ordnung war.

Die Stimme meiner Freundin aufgeregt: „Der Taxifunk hat bei mir angeufen…“. Oh mein Gott, dass die mich verpfeifen ist doch logisch. Wie kann man nur so dumm sein und die Freundin zu bitten, einem einen Wagen zu rufen, wenn man verbotenerweise zu seiner Ex fährt! Jetzt konnte mich nur noch ein rasches Geständnis vor dem schlimmsten bewahren.

Jetzt war erst recht Eiseskälte angesagt am anderen Ende der Leitung. Meine Freundin halbwegs korrekt übersetzt (nur die groben Schimpfwörter und Flüche habe ich eliminiert): „So, davon wusste ich ja gar nichts. Mich hat der Taxifunk aus einem ganz anderen Grund angerufen. Die wundern sich, wieso du noch immer nicht da bist. Dein Wagen wartet seit mehr als einer Stunde vorm Casino auf Dich“.

Oh mein Gott. Ich hatte völlig unnötig ein Geständnis abgelegt. Sie hatte gar nichts gewusst und wäre auch nie darauf gekommen. Jetzt wurde mir auch klar, wieso mein vermeintlicher Fahrer so unwillig und irritiert war. Ich war einfach in einen wildfremden Privatwagen gesprungen und hatte offenbar so einen entschlossenen Eindruck gemacht, dass dieser mich dann – wohl um mich schnell wieder loszuwerden – einfach an die gewünschte Adresse geführt hatte (noch dazu kostenlos, weil ich ja gewöhnlich am Ende für alles zusammen bezahle). Was der sich wohl gedacht haben mag.

Jedenfalls bin ich dann selbstständig irgendwie nach Hause gekommen. Das Licht in der Wohnung war längst gelöscht. Die Schlafzimmertür doppelt zugesperrt und was ich da gedacht habe über den Tag, wüsste ich zwar, schreibe ich aber besser nicht auf. – Wäre ich doch bloß gleich in der Früh im Bett geblieben. Das wäre wesentlich billiger gekommen und an sich auch viel netter gewesen.


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