Kolumnen

Apfeltee mit Steffi

udo2309_1Steffi Graf war in Hamburg. Ich war dabei. Steffi stellte eine Weltneuheit in der Teezubereitung vor. Und ich sprach mit ihr. Über dies und das, Gott und Las Vegas und über den richtigen Tee zum Pokern. Sie empfahl mir Kräutertee. Er hat eine beruhigende Wirkung. Wenn ich mich mal wieder über schlechte Calls, den River oder Dummheiten im Umgang miteinander aufregen sollte. Was in meinem Alter bekanntlich sowieso nicht sonderlich empfehlenswert ist.

Aber anscheinend geht es nicht ohne Aufregung. In dieser unserer Leidenschaft. Leidenschaft ist nun mal mit Emotionen und Gefühlen vielschichtigster Art verbunden. Leidenschaften sterben nie. Schaffen Leiden. Und Freude. Wie die Freizeitbeschäftigung mit den 52 Karten. Dieses Spiel wird kaum jemanden aus seinen Fängen lassen, sobald man es das erste Mal probiert hat. Es dringt in uns ein und nimmt uns in Besitz. Auch wenn wir irgendwann nichts mehr besitzen. Es wird zu einer Droge und wir wollen immer mehr von dem Stoff, aus dem mögliche Träume sind und der uns so viel Freude bereitet. Morgens, mittags und vor allem abends. Die Glückseligkeit unserer Epoche. Und das ist nicht verwerflich. Im Gegenteil, wir haben uns damals nach den ersten Runden gefragt; dieses in einer Art völliger Fassungslosigkeit; wie es eigentlich hat passieren können, das wir nicht schon Jahre zuvor damit angefangen haben. Was wir in den vergangenen Jahren denn alternativ gemacht haben, was wir alles verpasst haben.

Nun aber, es wurde höchste Zeit, sind wir angekommen. In einer neuen Lebenskonstellation mit all seinen Verfehlungen, mit all seinen Versprechungen, mit all seinen schicksalshaften Verwerfungen. Die uns mit schonungslosem Sinn all unsere Schwächen aufdeckt, die uns aber gleichzeitig dergestalt fasziniert, das wir es aufgeben, uns entziehen zu wollen. Stattdessen wollen wir die Helden der neuen Zeit werden, ausgebrochen aus Konventionen unseres bürgerlichen Zeitalters. Wir befinden uns mitten in einer neuen, verblüffenden Beziehungsgeschichte. Einhergehend mit Verantwortung und Schicksal, mit emotionalem Gefühlschaos und auch mit entsprechender Aufregung. Womit wir wieder beim Kräutertee wären. Der auch bei Eitelkeiten und perfidem Miteinander helfen soll. Wobei wir wieder beim Pokern wären. Eine außergewöhnliche, epochale künstlerische Freiheit in einer genialen formalen Konstruktion. Mit uns als Handlungsreisende.

Genug der schwierigen Wörter und der verschalteten Denkansätze für heute. Für heute reicht die übergroße Dosis Philosophie. Jetzt mache ich mir erst einmal einen Tee. Sweet Apple. Passt hervorragend zum Onlinegedonke.

udo2309


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