Kolumnen

Das Falsche tun zum richtigen Zeitpunkt

Darvin Moon hat als Runner-up des WSOP Mainevents knapp $ 5,2 Mio verdient. Sein Vater fährt nun einen rosaroten Cadillac und ist froh, dass sein Sohn nicht auf ihn gehört hat.

„Das Falsche tun zum richtigen Zeitpunkt“ ist eine Redewendung, die in der Pokerwelt oft als Rechtfertigung dafür genommen wird, wenn jemand einen offensichtlichen Spielfehler begangen hat, ihm aber das Glück hold war. Er gewann trotzdem, ausgelegt wird es, dass er deshalb gewonnen hat, nicht etwa weil er zum Beispiel seinen Gegner, sondern weil er den Verlauf des Glücks wohl sehr gut vorhersagen konnte.

Der aktuelle Runner-up des WSOP Mainevents, Darvin Moon, ist das personifizierte Beispiel für „Das Falsche tun zum richtigen Zeitpunkt“. Wenn man auf seinem Weg vom Setup hin bis zum Heads-up einige seiner Entscheidungen betrachtet, kommen Fragen auf.

Darvin Moon

Moon hatte das Mainevent-Ticket in einem $130 Satellite gewonnen. Sein Vater hatte ihm nahegelegt, die $10.000 für den familieneigenen Holzfällerbetrieb auszahlen zu lassen – sie hätten das Geld wohl gut gebrauchen können. Anscheinend eine Existenzfrage, auf die Moon lapidar, „Die Firma hatte nie so viel Geld, dann brauchen wir das jetzt auch nicht“, antwortete. Vor allem bekam diese Sichtweise noch einen besonderen Beigeschmack durch die eigene Einschätzung seiner Chancen: „Über 6000 der Spieler sind besser wie ich…Wenn es hier ums Kartenspielen geht, seid ihr mir so weit voraus, dass ich keine Chance habe…“.

Es hatte auch nicht den Anschein, als hätte er die Zeit zwischen dem Tag 8 des Mainevents und dem Beginn des Finaltisches im November dazu genutzt, sich eine passende Strategie für den Final Table zurecht zu legen.

Kein Spieler wird je den Finaltisch oder gar das Heads-up eines solchen Turniers erreichen, ohne auch etliche Situationen mit Glück bewältigt zu haben. Doch bemühte Moon das Glück besonders oft, nach dem augenscheinlichen Anblick sogar vorsätzlich. Ob nun Phil Iveys Traum, das Mainevent zu gewinnen oder Steve Begleiters Hoffnung auf den großen Coup, sie wurden beide von Moons 25% zerstört.

Er schere sich nicht so um Wahrscheinlichkeiten. Nun gut, das Board gab ihm oft genug recht, um seine These zu belegen. Alleine im Heads-up fehlte eine Karte, um ihn vom Holzfäller zum Weltmeister zu küren. Cada hatte preflop auf 3 Mio geraist, Moon gecallt. Den Flop T95 rainbow beide gecheckt. Die T am Turn checkte Moon erneut, um auf eine 3 Mio Bet von Cada, diesen All in zu setzen, was in etwa noch einmal gut 45 Mio (also 3-4 mal potsize) bedeutete. Moon hatte Cada gecovert. Ob man dies hier mit einem Openender (87) und vermuteten gut 15% Gewinnwahrscheinlichkeit im Callfall bei einem aktuellen 3:1 Chiplead tun sollte, ist sehr fraglich. Sicher ist: Cada callte mit J9, Moon war klarer Underdog für einen riesen Pot. Moon tat demnach das Falsche.
Der River blankte, Cada verdoppelte. Moon tat es hier also auch zum falschen Zeitpunkt. Kein Lauf hält ewig, sein Glück war aufgebraucht.

Kurze Zeit später entschied Cada das Heads-up endgültig für sich. Aber auch Darvin Moon ist jetzt mehrfacher Millionär: knapp $ 5,2 Mio für Platz zwei! Es sei ihm vergönnt. Vor allem, wenn man seine anfängliche Entscheidung sieht, die $ 10.000, die vor dieser WSOP sehr viel Geld für ihn bedeuteten, vorsätzlich ohne vermuteten Skill zu riskieren.

Folgt er nun seinen Worten „Wenn ich gewinne, werdet ihr mich bis nächstes Jahr nicht mehr sehen. Nach dem Turnier gehe ich in meine Kleinstadt zurück, um zu arbeiten und allen Leuten aus dem Weg zu gehen“, führt ein Leben nicht mit Fokus auf Poker und bemüht das Glück nicht mehr weiter dazu, falsche Entscheidungen mit dem richtigen Ausgang zu versehen, dann hat er im Nachhinein wirklich alles richtig gemacht.


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