Kolumnen

Der Doofe in Ballonseide

In der vergangenen Woche zur selben Zeit an selber Stelle habe ich einen fiktiven Text mit einem nicht realen Interview mit einem nicht realen Gewinner eines nicht realen Pokerturnieres geschrieben. Die dazu passende Grundidee ist eine schöne, wenn auch leider eine nicht ganz reale.

Real herrscht mir zuviel Egoismus, zuviel Spaßbefreitheit, zuviel Tunnelblick, zuviel Unfreundlichkeit und auch zuviel kriegerische Gebaren an den realen Tischen beim realistisch gesehen schönsten und aufregendsten Kartenspiel der Welt.

Real ist, dass ich mir mehr Menschen wie den unrealen der vergangenen Woche am Pokertisch wünschen würde. Real ist auch, dass ich mir weniger Doofe am Tisch wünsche. Doof nicht unbedingt im klassischen Sinne des Intelligenzquotienten, eher doof im Sinne eines normalen Verhaltens und einer normalen Kinderstube. Also eher eine reale Doofheit im Sinne des emotionalen Quotienten. Und voll und ganz real doof im Sinne von ungewaschenen Modesünden; die wie ihre Träger aus allen Poren übelst riechen. Dieses ist nicht nur bei Pokerspielern anzumerken. Selbiges gilt auch für Bahn, Flugzeug, Restaurant und vielleicht auch für den ein oder anderen Swingerclub. Und für den ein oder anderen Bus im öffentlichen Nahverkehr.

foto ballonseideMan muss ja nicht wie ich in rahmengenähten Schuhen aus Pferdeleder und mit Maßkonfektion an die Pokertische dieser Welt kommen. Aber, bitte, etwas Anstand muss sein. Auch beim Donken. Ballonseidetrainingsanzüge gehen schon im normalen Leben nicht. Da stimme ich Karl Lagerfeld zu; auch wenn der sonst irgendwie einen mittelschweren, dennoch nicht uncharmanten Knall hat – schließlich will der seine Katze heiraten.
Flip Flops gehen auch nicht mit ungeschnittenen und verfärbten Fußnägeln und auch kurze Hosen sind irgendwie daneben, wenn man nicht die Beine dafür hat. Oder nicht geduscht hat. Duschen übrigens hilft auch im normalen Leben. Wenn schon nicht regelmäßig, dann bitte wenigstens 38 Stunden bevor man sich neben mich an einem Pokertisch sitzt. Danke.

Ach ja, das Foto aus meiner Kolumne aus der vergangenen Woche zeigt natürlich nicht den unrealen Gewinner eines unrealen Pokerturniers, sondern Manfred Schmidt. Meinen Lieblingsklavierspieler. Besonders empfehlen kann ich sein Soloalbum Bach und Beethoven. Vor allem die Partitia in D-Moll ist ein absoluter Ohrenschmaus.
Ach, ja, das Foto in meiner heutigen Kolumne zeigt keinen realen Gewinner eines realen Pokerturniers.


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