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Eddy Scharf: „Ich bin erschüttert über unser Rechtssystem“

Heute fiel im Kölner Finanzgericht das Urteil im Steuerverfahren von Eddy Scharf. Pokergewinne zählen als gewerbliches Einkommen und sind somit steuerpflichtig. Robert Werthan hat Eddy für ein Interview erreicht.

Eddy, Erzähl mal

Heilig Abend 2009 bekam ich den Steuerbescheid, rückwirkend für die Jahre 2003 bis 2008. Irgendwo in der Höhe zwischen dreihundert und vierhunderttausend. Gegen jeden einzelnen Steuerbescheid wurde Einspruch eingelegt, Aussetzung der Vollziehung und weiß der Teufel was noch alles. Ich bin also seit drei Jahren im Schriftverkehr mit dem Finanzamt. Zu keinem Zeitpunkt inklusive heute bei dieser Gerichtsverhandlung, hat es seitens des Finanzamtes oder des Gerichts, eine Frage an mich gegeben. Sie haben nur festgestellt. Sie wissen von Poker nichts! Aber sie wehren sich mit Händen und Füßen, eine Information anzunehmen oder auch nur zu fragen. Eine vernünftige Frage wäre doch: Wie funktioniert so ein Pokerturnier eigentlich?
Sie wissen nichts, aber sie geben vor es zu wissen.

Worauf beruhte die Argumentation des Gerichtes, welche dieses Urteil verursachte, dass nämlich Poker jetzt offensichtlich ein Geschicklichkeitsspiel ist?

Das Finanzamt hat behauptet, und das wurde vom Gericht unwidersprochen hingenommen, das der Glücksfaktor bei Poker, nach einer einzigen Runde, wir reden von neun Händen, aufgehoben ist.

Wie kam man zu diesem Argument?

Das steht doch nicht zu Debatte wie es dazu kam, sie haben es einfach behauptet.

Es gab also weder eine Expertise noch einen gerichtlich beeideten Fachmann, der aufklärend wirken hätte können?

Nein es gab keine Expertise. Die wollen Geld haben und wenn die dieses Geld haben möchten, dann erfinden sie einfach etwas, um an dieses Geld zu kommen. Das ist das, was das Finanzamt tut.

In wie weit glaubst du, wird dieses Urteil Auswirkungen auf Pokerdeutschland haben?

Das weiß ich nicht, aber ich denke, dass sie sich jetzt jeden vornehmen werden. Es ist aber ganz einfach. Wenn du gewinnst musst du versteuern, weil du Profi bist und wenn du verlierst bist du Hobbyspieler, sonst hättest du ja gewonnen, so denken die. Also kann ich jedem nur raten, sich von allem eine Quittung geben zu lassen. Beim Casino über die Cash Game Verluste, weil sie werden Cash Game schätzen. Also eine Quittung vom Casino über jede gespielte Hand.

In manchen Casinos gibt es gar keine Quittungen.

Das haben wir auch vorgebracht. War ihnen auch egal. Ich bin erschüttert über unser Rechtssystem, ich hab‘ das nicht für möglich gehalten. Nicht dass ich den Prozess nicht verliere, sondern die Art und Weise wie es geschehen ist.
Zu keinem Zeitpunkt hat das Finanzamt versucht das Problem zu lösen. Zu keinem Zeitpunkt suchte jemand das Gespräch. Das was sie wussten, haben sie aus Wikipedia. Da kommen vier dahergelaufene Engländer, machen irgendeine Liste (Hendon Mob, Anm. d. R.) und ein Rechtssystem folgt dieser.

Du wirst jetzt in Berufung gehen

Klar

Was erwartest du dir davon?

Weiß ich nicht. Kann ich dir nicht sagen. Wenn mir einer vor einer Woche gesagt hätte, dass ein Prozess so abgeht, hätte ich ihn für bekloppt erklärt.

In wie weit hat das Gericht das Argument zugelassen, dass, wenn du vor Jahren schon gewusst hättest, dass Steuern zu bezahlen sind, dass du dann deinen Lebensstil darauf abgestimmt hättest.

Nein, das hat sie nicht interessiert. Es wurde vorgebracht, dass das Finanzamt 2006 schriftlich bescheinigt hat, dass meine Pokergewinne nicht steuerbar sind und jetzt haben sie einfach anders entschieden.
Ich finde das ja auch geschickt von ihnen, jemanden im Glauben zu lassen, dass er im Recht ist, bis man dann weg schmeißt was man an Unterlagen hat, weil es ist ja nicht steuerbar und drei Jahre später mit der Forderung kommen und sechs Prozent verzinsen soll man es auch noch. Eigentlich ist es völlig egal was dabei rauskommt, weil zahlen kann ich das eh nicht.

Was sagt dein Rechtsanwalt?

Revision

Danke für das kurze Gespräch

Gerne


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