Kolumnen

Juve vs Bayern oder QQ vs AT

22.11., ein trister November Tag für den FC Bayern München, der gegen Bayer Leverkusen zu Hause nur 1:1 spielt, somit im dritten Spiel in Folge sieglos bleibt und als siebter nun schon sechs Punkte Rückstand auf den Tabellenführer hat.

Zudem stehen die Münchner auch in der Champions League mit vier Punkten Rückstand auf den zweiten Platz bei nur noch zwei ausstehenden Spielen kurz vorm dem Aus. Nicht mal drei Wochen später herrscht grenzloser Jubel in bayrischen Landen. Der FC Bayern hat sich mit einem sensationellen 4:1 in Turin und dem vierten Sieg in Folge doch noch für das Achtelfinale der Champions League qualifiziert.

Danach sah es aber vor der Partie wirklich nicht aus. In Pokersprache stand etwa AT (FC Bayern) gegen QQ (Juventus Turin). So sahen es zumindest die Wettanbieter. Ein wirklich schönes Szenario am Pokertisch für das Paar Damen, der Gegner muss einen aussucken und das tut er hier ja nur in ca. drei von zehn Fällen. Ebenso hervorragend die Ausgangslage für Juve, ihnen hätte ein Unentschieden zum Weiterkommen genügt, Bayern musste also treffen.

Sechs Spieler sind noch übrig am WSOP Final Table, Joe Cada ist mit 33 all in gegen Jeff Shulmans JJ. Einen Tag später hallen „Joe, Joe, Joe“ Sprechchöre durchs Rio Casino, denn Joe Cadas Pocket Nines halten im Heads-up Darvin Moons QJ stand und er gewinnt das Mainevent der WSOP.
Auch Joe Cada musste in der WSOP mit seinen zwei Dreiern treffen. Die Bayern taten es ihm gleich. Sie trafen. Gleich viermal. Joe Cada ist jetzt Weltmeister, wie er das wurde, danach fragt schon jetzt keiner mehr. Bayern ist in der Champions League weiter und was vor Wochen war, kümmert heute keinen mehr. Wer Erfolg hat, hat Recht. Im Fußball wie im Poker.

Es gibt viele Parallelen zwischen Poker und Fußball. Ein großer Sieg kann alles umkehren. Wie oft hört man in den Pokerszene von langen Durststrecken vor allem bei MTTs. Diese sind auch ganz normal, das liegt in der Natur der MTTs. Meist werden nur zehn Prozent bezahlt, davon wiederum erreichen knapp 20% den Finaltable und nur einer wird es schließlich gewinnen. Man muss über 500 andere Spieler in die Knie zwingen bevor man ein EPT gewinnt, teilweise weit über 1000 um ein WSOP Bracelet zu ergattern. Diese Durststrecke ist aber mit einem Schlag vergessen, landet man den großen Coup. Nur ein Erfolg macht all das zuvor da gewesene Leid vergessen.

Wie beim FC Bayern. Der zweifellos grandiose Sieg bei Juventus Turin lässt auf einen Schlag alle Kritiker des holländischen Trainers van Gaal, der seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik stand, verstummen. Es ist im Fußball, wie im Poker, vieles selektive Wahrnehmung. Nun wird angeführt, Bayern sei auch in der Bundesliga schon seit acht Spielen ungeschlagen. Bei diesen Spielen ist allerdings auch die Serie von drei Unentschieden dabei, die damals als drei sieglose Spiele in Folge und somit negative Serie ausgerufen wurde. Schon interessant wie sich Negatives binnen kürzester Zeit in etwas Positives verwandelt.

Ebenso wenig wie vor Wochen ein Tipp auf Bayern Weiterkommen in der CL für viele Sinn gemacht hätte, wäre auch niemand auf das 20% Szenario von Joe Cada mit viel Begeisterung eingestiegen. Jedoch verwandelte sich diese Underdog Situation zu seinen Gunsten. Er startete einen Lauf. Er gewann sieben Millionen Dollar mehr, als er für den sechsten Platz gewonnen hätte und mit dem Titel größte Anerkennung, Ruhm und Bekanntheit in der Pokerbranche.

Beim Poker wie im Fußball gibt es so etwas wie einen Lauf, man muss nur darauf gefasst sein. Wenn es läuft, dann scheint alles leicht. Die Gegner folden bei einem Bluff, sie bezahlen, wenn man die Nuts hält und man trifft, wenn man es muss.
Wie bei den Bayern gestern. Selbst der Rückstand des frühen 1:0 für Turin machte den Bayern nichts aus. Man glich aus. Danach landeten zwei Abpraller bei Olic und Gomez, die jeweils versenkten. Und wenn es schon mal läuft dann richtig. Zu guter letzt traf auch noch der als Fehleinkauf abgeschriebene Tymoshchuk zum 4:1 Kantersieg.

Mal sehen wie lange die Euphorie anhält. Denn sowohl im Fußball wie im Poker ist das Geschäft schnelllebig und nur eines sicher: Die nächste Niederlage und der nächste Bad Beat kommen bestimmt. Darauf kann man – unabhängig von der Quote – wetten.


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