Kolumnen

Manchmal ist Schweigen Platin

Früher einmal wollte ich Lokführer werden. Oder Popstar. Kurzfristig musste ich dann auf massiven Druck der Erziehungsberechtigten das Beamtentum lernen. Aber das hat auch nicht funktioniert. Aus mir ist im Prinzip nicht wirklich etwas geworden; immerhin hält mich Poker am Leben.

foto udo pokerfirmaZu meinem bedauernswerten Dasein als pokerjournalistisch Tätiger gehört es nun einmal zwangsläufig, dass ich viele Pokerspieler kenne. Zu der großen Tragik dieses meines freiberuflichen Lebens gehört es, das diese Pokerspieler auch mit mir reden wollen. Respektive es meistens sogar ungefragt tun. Und mir dabei Dinge erzählen, die ich nicht wirklich oder sogar überhaupt nicht wissen möchte. Nicht einmal ansatzweise, wenn ich ehrlich sein soll.

Ein ganz großes Thema hierbei ist die Rechtfertigung von gespielten Händen. Vor allem, wenn sie meine Absolution haben wollen. Ausgerechnet von mir. Vor allem suchen sie Absolution, wenn sie sich gegenüber Dritten rechtfertigen müssen. Weil sie von diesen finanziert worden sind. Mit mehr oder weniger Geld für mehr oder weniger Prozente gestaket worden sind. Und nun erklären müssen, warum sie ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ausgerechnet diese Hand ausgerechnet so gespielt haben. Weil ausgerechnet genau dieses das Aus bedeutet hat. Und keine ach so formidable Verzinsung für den Geldgeber bedeuten. Kein Payback. Nicht einmal Treuepunkte. Keine Jubelmeldungen, nur Frust und Trauer. Und Trübsal. Geblasen, nicht geschüttelt. Ärger entlädt sich, Und unangenehme Rührung. Gerührt und geschüttelt.

Jeder aber, das muss man festhalten, spielt so wie er kann. Und wie er es für richtig und der Situation angemessen hält. Manchmal klappt es dann, manchmal halt nicht. Aber genau das ist doch das Wesen des Pokerspiels.

Habt euch also lieb, kommentiert nicht alles; haut euch keine gegenseitige Handspielmöglichkeiten und –fehler um die Ohren. Und bitte schon gar nicht um meine Ohren. Ich würde gerne, das als christlicher Wunsch zu den anstehenden festlichen Tagen, damit verschont werden. Mein Leben ist schon hart genug.
Manchmal sind Toleranz und Schweigen mehr als lediglich Gold.


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