Kolumnen

Surreale Begegnungen

My dear Mister Singing Club. Da haben wir gerade eine sensationelle Ausstellung hier in Hamburg. Bekannte Künstler des Surrealismus. Ich habe überlegt, dort hinzugehen. Doch dann hatte ich einen Homegame-Abend am Küchentisch. Kleine, sehr kleine Blinds und kein rake. Nothing for ungood, aber danach braucht man kein Museum mehr. Das ist alles schon irgendwie surrreal genug. Einfach mal Poker spielen; gerne auch ein beliebiges Turnier.

Jede Hand wird kommentiert und wäre von den anderen Spielern; nennen wir sie in diesem Fall der Einfachheit einfach Fische; natürlich total komplett anders gespielt worden. Natürlich. Dann kennt einer am Tisch jemanden, von dessen Schwester der Freund, der hat einen Kumpel, und vom dem der Bruder des Nachbarn, der war wohl schon mal ITM und der hätte dieses Hand auch komplett anders gespielt. Schon vorm Flop. Weil das im Prinzip ein klarer Fold war. Genau, denn Poker ist nichts für Tunten, sondern für Durchblicker.

Ja, die Dialektik der Ordnung ist nicht nur ein postmodernes Phänomen im Fundamentalismus, sondern auch an jedem Pokertisch beheimatet. Ebenso wie die Ambivalenz, die großen Ideen und das oft so ausdrücklich verneinte Glück. Freiheit, Gleichheit, Revolution und Evolution finden mit nur fünf Karten aufm Tisch statt. Inklusive der dazu passenden Gespräche. Auf Denglisch natürlich. Mit Begriffen, die nicht jeder, der sie sagt, auch versteht. Manchmal muss ich soviel ignorieren, das ich gar nicht weiß, woher ich die Zeit dafür nehmen soll. Auch wenn es natürlich stimmt, dass man flatten und 8-betten sollte, wenn man mit einer double-belly-buster-suited-straight-Hand gesegnet ist. Und natürlich sind zwei Damen eine feine Hand, aber auch das Minimum bei meinen mittwöchlichen Privatorgien. Und ebenso ist Passen nicht die Frage eines norwegischen Zollbeamten bei der Einreise. Ebenso logisch spiele ich schlechter, als es aussieht. Und logisch call ich manchmal auch für Fold Equity. Vor allem beim Diepstäck. Gerade dort muss ich das callen, weil ich schon lange keine Hand mehr gefoldet habe. Und das ganz ohne Kommentare. Manchmal vermisse ich die guten, alten Zeiten. Kein Raise, durchchecken bis zum River und dann allgemeines Kartenvergleichen.

Das war es mit dem alten Mann seinen Gedanken für heute. Ja, ich weiß, es hat Euch gefallen. Und, ja, schon irgendwie geil, dass es mich gibt. Und das es Poker gibt. Da braucht man keine Ausstellungen mehr.


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