Weihnachten ist vorbei

Wieder einmal. Es ist geschafft. Abgehakt. Ja, es war sehr schön. Ja, ich freue mich immer, meine gesamte Familie inklusive dem angeheirateten Volk einige Tage um mich zu haben. Es macht mir gar nichts aus, wenn mein Weinkeller danach geplündert ist. Ja, alle Geschenke waren total toll, ganz toll. Ich habe mich toll und riesig gefreut. Ja, die Gans war wieder einmal gelungen. Doch, ich kann „Last Christmas“ und „Ooooh du selige“ immer noch hören. Und, ja, auf jeden Fall, ich freue mich jetzt schon aufs nächste Jahr. Schließlich ist Weihnachten genauso wie Malle nur einmal im Jahr. Und natürlich wieder bei mir.

Selten wird so viel gelogen wie zum heiligen Fest. Außer natürlich in der Politik und beim Donken. Schon ein Bluff ist strafrechtlich und gesellschaftlich gesehen mehr als nur eine kleine Schwindelei. Aus diesem Grund ist Poker dann doch ein hochgradig asoziales Spiel. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht sozial und es ist nicht im Sinn einer liberalen Völkerverständigung, wenn man lügt. Man sagt nicht die Unwahrheit, man belügt keine anderen Geschöpfe des Herren. Hat meine Oma schon immer gesagt.

Lügen haben kurze Beine. Was aber egal ist, da man beim Pokern eh sitzt. Die einen, die die besser lügen können, meistens länger als die anderen. Das bewusste Vortäuschen von nicht existenten Tatsachen kennt man wie gesagt von jedem Weihnachtsfest im Kreise der Lieben und vom außerehelichen Geschlechtsverkehr, optimal auch im Kreise der Lieben. Und man kennt es beim Poker, im Kreise der Fische. Meistens vor dem River. Nein, ich habe kein Ass. Ich glaube, du bist besser. Wenn du callst, bist du draußen. Bitte noch ein Pik. Bitte kein Pik mehr; je nach Sichtweise und Dringlichkeit der durchzusetzenden Lüge. Schweigen wäre hier machmal kein Gold, von Platin ganz zu schweigen.

Im Strafrecht darf man schweigen, aber nicht lügen. Gut, dass wir Poker spielen. Denn wer hier lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht. Leise und still und für sich, aber immerhin. Und manchmal ist eine Lüge besser als die schmerzliche Wahrheit. Die meisten Menschen haben eh mehr Angst vor der Wahrheit als vor einer Lüge. Nein, Schatz, die Hose spannt nicht.

In diesem Sinne ist Poker dann doch ein sozialverträgliches Spiel. Im Kreise unserer Lieben. Wie Weihnachten. Nur ohne Socken, die wir umtauschen.