Kolumnen

Zuhause ist es am schönsten

Nun also geht bald das große Reisen über den großen Teich wieder los. Las Vegas. WSOP. Die Vorfreude auf das Mekka des Kartenvergleichens ist bei den meisten Kartenvergleichern schon jetzt extremst spürbar.

las-vegas-750286_1280Und ich mache mich heute direkt mal im vierten Satz unbeliebt. Ja, ich geh wieder tanzen. Aus der Reihe. Aber wie ich schon des Öfteren zum Besten geben wollte und durfte – ich finde Las Vegas scheiße. Plastik, Silikon, schlechte Weine, Hitze draußen, Eiseskälte innen. Auch wenn jetzt die meisten der geneigten Leser mit dem Kopf schütteln werden; ich brauche Las Vegas für mein Lebensgefühl nicht. Ebenso wenig wie Nordkorea oder einen Wellness-Aufenthalt in Wanne-Eickel. An dieser Stelle könnte ich auch noch Stuttgart nennen und beleidigen. Yes, it never rains in southern Wuppertal. Und alle Wege führen nach Erfurt. Und whatever happend in Bielefeld, it stays in Bielefeld. Da kann man das Leben in vollen Zügen genießen. Ja, es drängt mich wieder zum Mut der unbequemen Wahrheit. Auch wenn sich dabei Verzweiflung in einigen Körperregionen breit macht.

Natürlich raise ich gerne. Und natürlich reise ich gerne. Und viel. Aber es muss schon mehr zu sehen sein als nur der Flughafen und das Casino. Dann bildet Reisen wirklich. Und wenn es nur die Einbildung ist. Wenn ich eine Reise tu, dann kann ich viel erzählen. Kunst, Kultur, hippe Stadtviertel, angesagte Bars, gutes wie schlechtes Essen, Insidertipps und vieles mehr; nicht nur Bad Beat Geschichten, die mir im vierten Level passiert sind. Dargeboten von einem einheimischen Dealer und bedingt durch einen auch aus der Fremde kommenden, auch angereisten Spieler.

Natürlich macht Reisen Spaß und Freude. Früher noch mehr als heute. Zwei Tage bis runter nach Italien oder in die Berge nach Österreich. Die große weite Welt. Mit großen, weiten Kinderaugen gesehen. Erlebnis pur. Heute posten wir selbst 10 Minuten Verspätung der Lufthansa auf dem Weg nach Wien. Oder nach Vegas, mit Umsteigen in London. Der Weg ist nicht mehr das Ziel. Das Ziel ist irgendein Casino irgendwo auf diesem Planeten. Das Ziel ist es, die lastlonger-Wetten gegen alle anderen Mitspieler zu gewinnen. Und dann bloß schnell wieder mit dem nächsten Flieger weg. Nichts sehen, nichts erfahren, nichts mitkriegen. Work easy, play hard, travel fast. Und natürlich drink well. Gerne auch mal einen schwulfarbenen Cocktail mit Schirmchen irgendwo an einem Strand irgendwo in der Karibik. Take your seat and fasten your Seat Belt. Get off. Shuffle up and deal. Seat open. Fasten your Seat Belt again.

Auch mich packt derzeit das Fernweh. Mir gelüstet es nach einem einsamen Strand irgendwo im Indischen Ozean. Ohne Kind, ohne Frau, ohne Hund. Und ohne Geliebte und vor allem ohne Spielkarten. Und fernab von Steckdosen und Facebook und fernab von Twitter. Und ganz ohne Multitable-Turniere, ganz ohne Mitmenschen, die noch vor zwei Wochen in einem mir auch bekannten Casino im vierten Level ihre Hand extrem genial gespielt haben und diese dennoch verloren haben. Weil es halt immer einen River gibt. Auch an einem einsamen Strand irgendwo auf einer kleinen Insel. Dort sitze ich dann und schaue mir Fische an. Und Haie. Obwohl ich davon in den letzten Jahren genug gesehen habe.

Übrigens, Gorsafawddacha´idraigodanheddogleddollonpenrhynareurdraethceredigion war der Name eines Bahnhofes in Wales. Dieser wurde absichtlich so benannt, um ihn ins Guinness Buch der Rekorde eintragen zu lassen. Hingegen heißt der Lake Chargoggagpggmanchauggagagoggchaubunagunggamaugg in den Vereinigten Staaten einfach nur so, wie er heißt. Weil er genauso heißt. Ohne Hintergedanken. Ich sage doch, Reisen bildet.

Egal, wo es einen hintreibt und warum man ausgerechnet dorthin gereist ist; daheim ist es immer noch am allerschönsten. Zuhause ist es wirklich am schönsten. Sorry, Las Vegas.


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