Pokerstrategie

Blindstehlen im No-Limit Hold’em

So gut wie nie kommt ihm in den Sinn, dass der Raiser doch auch mal eine starke Hand halten kann. Die Erfolgsaussichten des Blindstehlers schwinden und sie werden umso kleiner, je aggressiver sein Image ist. Deswegen gehört einiges dazu, um erfolgreich die Blinds zu stehlen und auch um sich gegen die bösen Blindstehler zu wehren.

Arten von Stehlversuchen

Zunächst einmal muss man kategorisieren, welche Arten es gibt, Blinds zu klauen. Hier ist vor allem die Position der entscheidende Faktor. Natürlich assoziert man bei einem Steal gleich den Button. Doch auch Stehlversuche aus früher Position, dem Cut-Off und dem Small Blind sind Gang und Gebe.

Auch wenn ein Steal under the Gun für viele seltsam vorkommen mag, so hat er doch seine Vorzüge und ist ein Zug, den viele erfolgreiche Spieler in ihrem Repertoire haben. Zwar gilt es bei dieser Erhöhung eine Vielzahl an Gegnern zu überwinden, aber dafür kommt einem genau aus diesem Grund das Image entgegen. Sieht ein Gegner eine Erhöhung under the Gun denkt er meist, dass man stark sein muss, schließlich ist die Anforderung derjenigen Hände, die man in dieser Position raised sehr hoch. Folglich muss man es mit einer starken Hand aufnehmen. Das heißt, dass einer solchen Erhöhung viel Respekt gezollt wird. Andererseits hat man aber tatsächlich viele Gegner zu bezwingen und die Wahrscheinlichkeit, auf Widerstand zu stoßen, ist nicht zu vernachlässigen.

Die Wahrscheinlichkeit auf eine gute Hand zu treffen ist in späteren Positionen wie dem Cut-Off  wesentlich geringer. Der Cut-Off, der Sitz rechts vom Dealerbutton gilt als die neue Vorzugsposition für Blind Stehler. Der einzige Unterschied zum Button ist, dass ein Spieler mehr zu bezwingen ist. Doch auch die Tatsache, dass man nach dem Flop nicht in Position ist, wenn der Dealer die Erhöhung callt, macht einen Blindsteal aus dieser Position nicht unbedingt attraktiver.

Der Klassiker des Blind Stehlens ist ohne Zweifel die Erhöhung vom Button. In dieser Position ist man in dominierender Position, denn man hat nur noch zwei Spieler zu bezwingen und das schönste: Man hat Position in allen Setzrunden nach dem Flop für den Fall, dass man gecallt wird.
Doch genau aus diesen Gründen werden die Gegner einer Erhöhung vom Button wenig Respekt zollen. Die Anforderung an Hände, mit denen sie Widerstand leisten können, ist demnach nicht sonderlich hoch und viele Spieler callen einen Raise vom Button mit einer sehr breiten Hand-Palette ganz einfach aus dem Grund, dass der Gegner ganz offensichtlich nur die Blinds stehlen will.

Im Small Blind ist die letzte Station für einen Blind Steal. Der große Vorteil liegt auf der Hand: nur noch ein Spieler bleibt übrig, den es zu bezwingen gilt. Aber hier ist das größte Manko, dass man nach dem Flop keine Position auf den Big Blind hat falls der Steal fehl schlägt. Doch dieser Nachteil muss gar nicht so enorm sein. Denn gerade in Heads-Up Situationen gibt es viele Vorzüge als erster zu agieren. Denn im Heads-Up trifft nur selten jemand den Flop. Ein Spieler, der in solchen Situationen zuerst die Initiative ergreift, wird die Hand meistens gewinnen können.

Die Wahl der Einsatzhöhe
Wenn man sich dazu entschlossen hat, die Blinds anzugreifen, stellt sich nur noch die Frage, wieviel man setzen soll. Generell gilt: je höher der Raise, desto geringer die Wahrscheinlichkeit gecallt zu werden. Gehen Sie bei der ersten Hand des World Series of Poker Main Events bei mikrigen Blinds und einem riesigen Stack allin, werden Sie ziemlich sicher nur von Assen gecallt. Machen Sie aber eine Erhöhung um das Minimum, ist es gut möglich von fast allen Händen gecallt zu werden, weil die Pot Odds für den Gegner fast unwiderstehlich erscheinen.

Doch auch das ist nur teilweise richtig. Denn, wenn man ein Level höher denkt, muss man sich fragen, warum jemand nur eine dermaßen kleine Erhöhung bringt. Der bekannte Min-Raise riecht genau aus diesem Grund meistens schon nach einer Monsterhand. Ein Gegner, der so denkt, kann also locker mit einer kleinen Erhöhung bezwungen werden. Gegen einen solchen Spieler ist das Risiko- und Belohnungsverhältnis sehr günstig. Denn mit einer kleinen Investition an Chips (Minimum Raise) kann ein gewisser Profit (Blinds) erzielt werden.

Die Verteidigung gegen einen Blindstehler
In den obigen Abschnitten haben wir gesehen, welche Vor- und Nachteile Steals aus den jeweiligen Positionen haben. Bei der Entscheidung, ob man sich gegen einen potentiellen Blindsteal zur Wehr setzt oder nicht ist vor allem die Position nach dem Flop entscheidend. Callt man einen Raise des Small Blinds im Big Blind, so hat man auf ihn nach dem Flop Position. Callt man hingegen im Big Blind einen Raise des Buttons, so darf man sich die nächsten Setzrunden out of Position herumschlagen.

Und das ist ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, wie man sich zur Wehr setzt. Mit einem Call ist die Sache gegessen und man sieht einen Flop. Mit einem Reraise hingegen wird der Blindstehler vor eine erneute Entscheidung gestellt.

Ob ein einfacher Call oder ein Reraise die Lösung sein soll, hängt natürlich auch von der eigenen Hand ab. Denn je besser sich die Hand nach dem Flop spielt, desto eher sollte man dazu geneigt sein nur zu callen. Eine nach dem Flop nur schlecht spielbare Hand sollte lieber schon vor dem Flop die Entscheidung suchen, erst recht wenn man diese im Falle eines Calls out of Position spielen muss. Hält man zum Beispiel ein Paar Achten im Small Blind und hat es mit einem Raise aus dem Cut-Off zu tun, ist ein Reraise sicherlich die bessere Wahl. Denn diese Hand ist zum einen gegen die möglichen Hände des Raisers aller Wahrscheinlichkeit nach in Führung, ist zum anderen aber bei den aller meisten Flops sehr verwundbar und spielt sich nur schlecht ohne Position.

Sitzen Sie hingegen am Button und sehen sich mit QJs einer Erhöhung im Cut-Off gegenüber, ist ein Call sicherlich die bessere Option. Der Grund hierfür ist, dass sich die Hand nach dem Flop sehr gut spielt. Entweder Sie treffen ein Paar oder haben die Aussicht auf eine starke Hand, oder aber Sie schrammen total am Flop vorbei und sitzen nur mit Queen high im Pot.

Mit Monsterhänden wie Assen oder Königen wird es interessant. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Erhöhung des Gegners nur ein Stehlversuch ist. Und mit einem brutalen Reraise wäre die Hand in den meisten Fällen ganz schnell erledigt. An dieser Stelle ist es meist besser, einfach nur zu callen und langsam zu spielen, in der Hoffnung, dass der Gegner irgendwie den Flop trifft und einige Chips aufs Spiel setzt. Damit lassen sich mit diesen Händen große Pots gewinnen anstatt einfach nur den Preflopraise abzustauben.

Fazit
Auch wenn Blindstehlen mittlerweile zum Standard geworden ist, heißt es noch lange nicht, dass sich dahinter keine Wissenschaft verbirgt. Klar ist zumindest, dass sehr viele Spieler inzwischen versuchen, ununterbrochen die Blinds anzugreifen. Daraus folgt, dass man lernen muss, sich diesem Spiel in Zukunft besser anzupassen um nicht überrumpelt zu werden.