Kolumnen

Deutsche Finanzämter sponsern Pokerturniere! Machen Sie jetzt Ihre Steuererklärung.

„Was erzählt der hier für einen Blödsinn“, werden sich einige von Euch nun denken. Vor dem Hintergrund des jüngst gefällten Urteils im Fall Eddy Scharf versus Finanzamt, erscheinen jedoch die obigen Gedanken gar nicht mal so abwegig. Wer sich bisher noch nicht mit dem Fall beschäftigt hat, erhält einen kurzen Überblick hier: http://www.datev.de/portal/ShowPage.do?pid=dpi&nid=142708

Ob der Entscheidung des Finanzgerichtes Köln, müssten eigentlich mindestens 99 % aller Pokerspieler laut aufjubeln.
Nachfolgende Berechnungen machen deutlich, dass ein Dankesbrief an die Richterin am FG Köln längst überfällig wäre. Ich habe übrigens bereits ein Dankschreiben aufgesetzt und werde dieses noch heute absenden. Die Richter werden doch sowieso bei jeder Gelegenheit gescholten, also wieso nicht ab und zu mal ein paar lobende Worte!

Schauen wir uns das mal am Beispiel CAPT und EM Baden an:
Ich fuhr nach Baden bei Wien. Nehmen wir an, ich hätte die beiden Main-Events gespielt (was ich in der Realität nicht getan habe).
Im Vorfeld zu meiner Turnierteilnahme hätte ich mir natürlich Berufskleidung zulegen müssen. D.h. ich müsste mir mindestens zwei Sakkos zulegen (mittlere Qualität; je 300 €).
Weiterhin brauche ich Fachliteratur; für derlei Arbeitsmittel gilt eine Pauschale von 110 € (d.h. die tatsächliche Anschaffung muss nicht nachgewiesen sein).
Mein häusliches Arbeitszimmer ist seit 2010 auch wieder absetzbar, wenn „für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“: Pauschale 1.250 €.
Meine Beiträge zur (beruflichen) Rechtschutz-, Unfall- und Haftpflichtversicherung darf ich zur Hälfte ansetzen; in meinem Fall etwa 1.500 € p.a.; für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind selbstverständlich auch die Prozesskosten anzusetzen.
Meine Kontoführungsgebühren belaufen sich auf etwa 100 € p.a. Für den beruflichen Gebrauch des Internets kann ich 20 € pauschal pro Monat ansetzen, also 240 € p.a.

Bis hierhin hocke ich aber immer noch in Südbayern, 350 Kilometer entfernt von Baden. Also setze ich mich in mein Auto und fahre nach Baden. Hierfür setze ich in meiner Steuererklärung 350 km x 0,30 € an, also 105 € (jährliche Höchstgrenze 4.500 €).
Mei Hotelzimmer kostet 100 € pro Nacht; ich bleibe drei Tage, somit beträgt der Aufwand hierfür 300 €.
In Baden angekommen, bezahle ich buy-ins für insgesamt 6.000 €.

Nach langem Kampf mit unglaublichen badbeats, erreiche ich den Finaltisch im 2.000er und werde schlussendlich 15ter. Euphorisiert von diesem großartigen Erfolg nehme ich 5.490 € Gewinn entgegen und fahre schlussendlich dann doch demoralisiert nach Hause, weil sich in meinem Geldbeutel im Vergleich zur Hinfahrt gut 1.000 € weniger befinden. Dabei hab ich doch keine einzige Cashgamehand gespielt?!

Das Jahresende ist da und ich mache meine Steuererklärung:
Neben meinen sonstigen Einkünften (nehmen wir mal an, ich verdiene 50.000 € brutto im Jahr) gebe ich nun natürlich auch mein zweites berufliches Standbein als Pokerspieler an.
Die Rechnung sieht so aus:

Erträge aus Pokertätigkeit: €       5.490
./. Werbungskosten: –  €  10.205
= steuerlicher Verlust aus Pokertätigkeit –  €    4.715

In meinem Fall bedeutet dieser steuerliche Verlust eine Steuerersparnis von 2.595 €!
Bezogen auf meine buy-ins hat mich das Finanzamt also zu etwa 43 % gesponsert!

Danke liebes Finanzamt, das hätte ich echt nicht von Euch erwartet.
Aufgrund dieses Ergebnisses, werde ich in naher Zukunft eine Initiative zur steuerlichen Geltendmachung von Pokeraktivitäten starten.
Interessenten melden sich bitte unter [email protected]

Mein Appell an alle, die nicht gerade 8.531.853 $ im WSOP Main-Event gewonnen haben:
Macht Eure Steuererklärung!
Das Finanzamt kann hier nur verlieren!

Wie schreibt das Finanzamt immer:

Hochachtungsvoll

Ihr Anonymous


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