Neue Forschungen der Spielerschutzorganisation GambleAware deuten darauf hin, dass Spieler, die als neurodivers eingestuft werden, ein höheres Gefährdungspotenzial als andere Spieler haben. Konkret geht es um zwei Forschungsberichte, die von GambleAware in Auftrag gegeben wurden. Die Ergebnisse sind alarmierend.
Besonders Gefährdungspotenzial bei Menschen mit Neurodiversität?
Das Forschungsinstitut IFF Research hat in Kooperation mit Dr. Amy Sweet und Dr. Tim Morris von der Universität Bristol ermittelt, dass Menschen, die als neurodivers eingestuft werden, durch Glücksspiel größere Schäden erleiden als Menschen außerhalb dieses Spektrums.
Unter dem Oberbegriff Neurodiversität werden Menschen mit Autismus, ADHS, Dyskalkulie, Legasthenie, Dyspraxie, Synästhesie, Tourette-Syndrom, bipolarer Störung und Hochbegabung zusammengefasst. Die Grundidee ist dabei, diese Abweichungen von der Norm als neurodivers und nicht als pathologisch zu begreifen. Etwa jeder siebte Mensch wird als neurodivers eingestuft.
Bemerkenswert ist dabei, dass neurodiverse Menschen nicht mehr spielen. Aber das Spielen führt im Durchschnitt zu größeren Schäden. Nach der IFF-Studie nutzen Menschen mit neuer Universität Glücksspiele besonders oft dazu, um andere Probleme in ihrem Leben zu überdecken.
Autismus und ADHS sind nach den Forschungsergebnissen besonders problematisch in Hinblick auf die Ausbildung eines Spielproblems. Als Begründung nennen die Forscher, dass Menschen mit Autismus und ADHS dazu tendieren, impulsive Entscheidungen zu treffen. Zudem ist der Umgang mit Finanzen für diese Personengruppen typischerweise eher schwierig.
Die Folgen einer Spielsucht sind für neurodiverse Menschen oft noch dramatischer als für andere Personengruppen. Die oft bereits vorhandene Tendenz zur Selbstisolierung wird durch die entstehenden finanziellen Probleme, Beziehungsprobleme und beruflichen Probleme oft erheblich verstärkt.
Forscher fordern frühere Unterstützung bei Spielproblemen
Gerade Menschen im neurodiversen Spektrum bekommen oft zu spät Hilfe. Das liegt auch daran, dass die meisten Hilfsangebote mit relativ hohen Hürden verbunden sind, speziell für Menschen, die sich generell damit schwertun, menschliche Kontakte aufzubauen.
Deswegen plädieren die Forscher dafür, rund um die Glücksspielbranche so etwas wie Selbsthilfegruppen einzuführen, die den Betroffenen den Einstieg leicht machen. Zudem sollten Hilfsorganisationen, die sich um Problemspieler kümmern, den Einstieg deutlich vereinfachen. Gerade für neurodiverse Spieler ist es zudem wichtig, dass die Hilfsangebote nicht passiv bleiben.
Wenn ein neurodiverser Spieler den ersten Schritt gemacht hat, sollte die Hilfsorganisation immer wieder auf den Spieler zugehen und den Kontakt pflegen. Andernfalls neigen viele neurodiverse Spieler dazu, die Hilfe letztlich nicht in Anspruch zu nehmen.
Behörden und Glücksspielanbieter auch gefragt
Moderner Spielerschutz kann nur funktionieren, wenn die Spielerschutzmaßnahmen so gestaltet sind, dass sie den gefährdeten Spielern tatsächlich helfen. Das bedeutet aber auch, dass die Glücksspielbehörde und die Glücksspielanbieter wissen müssen, welche Spielergruppen sie besonders im Auge haben müssen.
Besonders gefragt sind an dieser Stelle die Glücksspielbehörden. Das Thema Neurodiversität ist bislang selbst unter Fachleuten ein Nischenthema. Aber von mehr Forschung und besseren Spielerschutzmaßnahmen, die speziell auf diese Zielgruppe zugeschnitten sind, könnten am Ende alle Spieler profitieren.
Es ist nicht zu erwarten, dass Betreiber von Online-Casinos plötzlich damit anfangen, umfassende Forschungen zu diesem durchaus spannenden Thema zu finanzieren. Umso wichtiger ist es, dass Glücksspielbehörden und Spielerschutzorganisationen die Initiative übernehmen. Auch in Deutschland wird dieses Thema bislang kaum bearbeitet.
Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) verfügt aktuell wohl nicht über die nötigen Ressourcen und finanziellen Mittel, um aufwändige Forschungen zu finanzieren. Vielleicht sollte im Rahmen der anstehenden Evaluierung der Glücksspielregulierung auch diese Thematik eingehend diskutiert werden.