Die Merkur-Datenpanne zieht weitere Kreise. Mehrere Online-Casinos, die ebenfalls mit der Software von „The Mill Adventures“ betrieben wurden, sind mittlerweile offline. Besonders heikel dabei: Bei den abgeschalteten Casinos handelt es sich um illegale Glücksspielangebote ohne deutsche Lizenz. Was steckt dahinter? Eines scheint sicher: Auch bei den illegalen Anbietern mit der bedenklichen Software waren die Daten der Kunden wohl nicht gut geschützt. Oder steckt mehr dahinter?
Merkur-Datenpanne und ein problematischer Software-Hersteller
„The Mill Adventures“ ist ein maltesisches Unternehmen, das die Software für zahlreiche Merkur-Casinos in Deutschland zur Verfügung stellt. In einem der größten Casino-Skandale der vergangenen Jahre konnte jedoch die Hackerin Lilith Wittmann mehr als 200 GB Kundendaten herunterladen. Sensible Kundendaten inklusive Zahlungsdaten standen frei verfügbar im Netz. Für die Merkur AG, den größten deutschen Glücksspielanbieter, ist die Datenpanne ein Mega-Gau.
Unternehmen wie „The Mill Adventures“ stellen ihre Software Casino-Betreibern in zahlreichen Ländern zur Verfügung. Die Verantwortung für die legale Verwendung der Software liegt wohl nicht beim Software-Hersteller. Aber es wäre durchaus interessant zu recherchieren, wer hinter „The Mill Adventures“ steckt. Könnte es eventuell sein, dass ein großer deutscher Konzern auch dieses Unternehmen in Malta betreibt? Eine Überraschung wäre dies jedenfalls nicht.
Bei maltesischen Unternehmen ist es nicht immer einfach, die tatsächlichen Betreiber zu ermitteln. Aber es ist auffällig, dass plötzlich zahlreiche illegale Glücksspielangebote mit der betroffenen Software nicht mehr online verfügbar sind. Im besten Fall haben die Betreiber der illegalen Angebote festgestellt, dass die eingesetzte Software nicht die erforderlichen Sicherheitsstandards erfüllt. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein illegaler Glücksspielanbieter hohe Anforderungen an die eingesetzte Software stellt?
Nach Auskunft von Lilith Wittmann wurden ungefähr ein Dutzend Online-Casinos abgeschaltet. Da die abgeschalteten Casinos ohne deutsche Lizenz nicht von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) überprüft werden, ist ausgeschlossen, dass die deutsche Glücksspielbehörde die Abschaltung veranlasst hat. Vermutlich ist einigen Casino-Betreibern der Boden zu heiß geworden und man hat die Notbremse gezogen.
Neue Strategie im Kampf gegen illegale Casinos?
Lilith Wittmann weist darauf hin, dass durch ihre Recherchen zahlreiche Online-Casinos nicht mehr verfügbar sind. Vielleicht wären umfassende Recherchen zu illegalen Casinos ein besserer Weg, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Die GGL verfolgt diesen Ansatz allerdings nicht. Die deutsche Glücksspielbehörde fordert hingegen Netzsperren, die nach Einschätzung von Wittmann nicht die erhoffte Wirksamkeit haben.
Derzeit sind Netzsperren für Online-Casinos in Deutschland aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar. Aber es gibt Pläne, Gesetze zu ändern, um Netzsperren zu ermöglichen. Wesentlich besser wäre es jedoch, die illegalen Glücksspielangebote komplett aus dem Netz zu entfernen. Wie dies funktionieren kann, zeigt der aktuelle Fall eindrücklich.
Merkur AG muss unangenehme Fragen beantworten – hoffentlich
Obwohl mit illegalen Online-Casinos und Online-Buchmachern Milliarden umgesetzt werden, scheint es kein großes Interesse bei Investigativjournalisten an diesem Thema zu geben. Wie die aktuelle Merkur-Datenpanne zeigt, gibt es viel zu entdecken. Eine spannende Frage wäre beispielsweise: Warum gibt es so viele Online-Casinos ohne deutsche Lizenz, in denen Merkur-Spielautomaten verfügbar sind?
Die gleiche Frage könnte man auch dem österreichischen Glücksspielanbieter Novomatic stellen, denn auch Novomatic-Slots sind in internationalen Casinos, die weder in Österreich noch in Deutschland legal sind, im großen Stil verfügbar. Ein interessantes Detail zu dieser Thematik: Die ersten beiden Online-Casinos mit deutscher Lizenz waren Casinos der damaligen Gauselmann-Gruppe und heutigen Merkur AG.