Und jetzt sitze ich in der Lobby vom Holiday Inn Melbourne und habe kein Zimmer mehr. Dafür meinen einen Quadratmeter großen Hewlett Packard Rechner auf dem Schoß und mein Freund und Zimmergenosse Nasr El Nasr sortiert fröhlich seinen Koffer und ist eigentlich schuld an dem Chaos. Immer nur eine Nacht zu verlängern war einfach keine gute Idee. Das mögen sie nicht an der Rezeption und das hat uns die Hotelleitung mitgeteilt. Höflich, aber anstrengend. Hätten wir im Zimmer zwei stabile Onlineverbindungen gehabt wäre das alles nicht passiert.
Dabei hat in Australien alles nett angefangen – nur meine Verkühlung quält mich ein wenig. Am Strand waren wir und am fehlenden Funken Selbstdisziplin hat es ganz sicher nicht gelegen. Kein Shop weit und breit zu finden, in dem man einen Ball kaufen konnte. Was weiß ich warum. Vielleicht surfen die Australier lieber oder meiden runde Dinge im Sommer oder so.
Zugegeben ein wenig dekadent, aber aus der Not heraus mussten wir zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen. Wenn einen das Sportfieber packt, ist fast alles erlaubt. Einer Gruppe Jungs am Strand haben wir dann für 50 Dollar den Ball abgekauft. – Was die sich wohl über uns gedacht haben? Auch egal. Nico Behling ist jedenfalls ein guter Verhandler, aber ob er um jeden Cent Preisnachlass gekämpft hat, ist wieder eine andere Frage.
Ein paar Tage bleiben wir natürlich noch in Melbourne. Ist ja nett mit der kleinen deutschen Kolonie und all den anderen Jungs. Am 27. Januar reise ich dann zusammen mit Nasr weiter – hoffe sie lassen ihn entspannt durch die Zollkontrolle. Dann geht es nach Manila zur APT (Asia Poker Tour). In Manila muss ich ja doppelt aufpassen. Habe gehört, da gibt es noch Bezirke, wo man auch mal entführt werden kann, aber viel gefährlicher ist meine linde Affinität zu den Roulette-Tischen. So fern der Heimat und wenn der eine Funken Selbstdisziplin, den man doch irgendwie standardmäßig zur Verfügung hat, schon für das Studieren der Fachlektüre zu dem Thema verplant ist.
Anfang Februar geht es dann weiter nach Tokio und da freue ich mich besonders drauf. Ich stehe einfach auf den Lifestyle. Die Dekade der Spielkonsolen Generation ist ja bereits ausgerufen und Tokio ist das zweifelsfrei die Stadt der Städte. Ganze zwei Wochen werden wir dort bleiben, bevor es weiter nach Shanghai geht. Trotz dieser gewaltigen Reise bin ich mit kleinem Gepäck unterwegs – abgesehen von dem erwähnten monströsen Laptop. Eine Menge frischer Unterwäsche und den Hut von Klaus Hausmann – den hat er mir einst in Hamburg fast ganz freiwillig geschenkt (nochmals vielen Dank und schöne Grüße). Plus meine Kamera, die habe ich auch dabei. Vielleicht raffe ich mich hie und da für einen kleinen Bericht auf oder ich schick einen Clip in die Redaktion.
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Jedenfalls Anfang März muss ich definitiv wieder in Deutschland sein. Das wohlige Leben in der Wohngemeinschaft war wunderbar, aber ich habe mir vor meiner Abreise eine Eigentumswohnung gekauft und der Termin beim Notar steht bereits fest. Spätestens dann werde ich mich mein größtes, noch möbellose Zimmer setzen und mich der Lektüre von „Dinge geregelt bekommen ohne einen Funken Selbstdisziplin“ widmen. Wenn so ein Buch mal 30.000 Flugkilometer hinter sich hat liest es sich auch viel geschmeidiger. – Oder ich disponiere komplett um und eröffne das erste, einzige und somit größte Ball-Geschäft am Strand von Melbourne. Nasr El Nasr ist sicher auch dabei und wenn dann die Helikopter der australischen Antiterroreinheit mehrfach niedrig über unserem Laden fliegen, bringt uns der Wind der Rotoren ein wenig kühle Luft. – Ein netter Gedanke, das muss ich mir nochmals in Ruhe überlegen.