Kolumnen

Der Wert des Geldes

Trotzdem gehen wir doch alle sehr unterschiedlich mit dem uns zur Verfügung stehenden Geld um. Für den einen reicht der Hauswein für € 4 das Glas, der engagierte Weinkenner wird diesen Tropfen noch nicht mal gegen Bezahlung probieren. Eigentlich möchte man meinen, dass der Wert des Geldes sich für jeden immer entsprechend des verfügbaren Vermögens entwickelt. Dass das nicht immer so ist, kann man von einem Valetparker oder Portier in einem Luxushotel erfahren  – meistens fällt das Trinkgeld der wohlbetuchten Kundschaft deutlich geringer als erwartet aus. Wie und wofür man sein Geld ausgibt, ist also auch eine persönliche, ja wahrscheinlich charakterbezogene Angelegenheit.

Ich hatte in meinem bisherigen Leben das Glück, meistens über genügend Geld für meine lebensnotwendigen und (zu) oft auch für meine vielleicht nicht ganz so dringenden Bedürfnisse zu haben. Ich würde mich von Haus aus eher als „loose“ denn als geizig bezeichnen 😉 Mein Verhältnis zur Wertigkeit des Geldes wurde jedoch drastisch durch den Beginn meiner Pokerleidenschaft beeinflusst. Angefangen habe ich mit NL Holdem Turnieren, entweder waren die Buy-Ins unter € 1.000 oder ich habe mich für größere Buy-Ins qualifiziert. Cashgame haben wir in unserer Berliner Runde in der Regel mit 2/5er Blinds gespielt. 2006 bin ich dann das erste Mal zum Pokern nach Vegas geflogen und habe mich in meinem Eifer gleich mal an den höheren Tischen probiert – die Wahl fiel auf 10/25-50$ Straddle. Viele von Euch werden ja den berühmten Live Straddle hinter dem Big Blind kennen, man postet den doppelten Big Blind mit Option, d.h. man kann erhöhen. Ich spielte damals im Rio, Austragungsort der WSOP, und dort gibt es zusätzlich noch den „Mississippi Straddle“. Dies ist eigentlich ein normaler Straddle, nur dass er vom Button erfolgt und die Action im Small Blind anfängt. Ich kann mich noch genau an mein „erstes Mal“ in einer hohen Partie erinnern – eingekauft habe ich mich mit $2.000. In einer meiner ersten Hände habe ich meinen Gegner Heads-Up mit ein Paar 7er runter gecalled und gleich einen schönen 3000er Pot gewonnen. Gleich in der nächsten Hand war ich im Small Blind und mein leicht tilltender Gegner aus dem vorigen Pot im Big Blind. Am Button gab es dann den besagten 50er Straddle und ich hielt KK und callte aus erster Position nur. Der Big Blind erhöhte auf 225, der Straddler zahlte nach und ich erhöhte nochmals auf 775. Daraufhin ging der Big Blind mit ca. 2500 All-In, der Button foldete und ich bezahlte natürlich. Das Duell Jacks gegen Kings gewann ich und konnte so meinen bis dato größten Cashgamegewinn verbuchen – ein tolles Gefühl 😉

Im Jahr darauf spielte ich fast täglich mehrere Stunden PL Omaha bei der WSOP. Die Partie war eine äußerst actionreiche 25/50-Straddle 100$ Partie. Und hier wurde ich dann auch das erste Mal richtig nachdenklich in Bezug auf die Einsätze, mit denen ich spielte. Wie beim PLO üblich, entwickelten sich häufig gigantische Multiwaypötte – die Action ist nicht mit einer Holdem-Partie vergleichbar. Als ich dann so die ersten Male mehrere Hundert Dollar callte, dachte ich jedes Mal an den „reellen“ Wert der Beiträge, um die ich gerade gambelte… $600 Preflop, mmh – ein schickes neues Handy. $1.700 vor den ersten drei Gemeinschaftskarten – oh, ein neues Macbook ! Checkraise für $4.000 mit Middle Set auf ein 578 Board – tja, wenn’s schiefgeht. wär’s vielleicht ein schöner Urlaub gewesen.  Aber wie mit allen Dingen im Leben, man gewöhnt sich dran. Natürlich fällt einem die Eingewöhnungsphase mit täglichen Gewinnen zwischen 5 und 15.000 Dollar leichter 😉

Doch zum Ende des Trips kam es dann noch mal richtig dicke. Einer meiner Lieblingsgegner in besagter Partie war ein älterer Herr aus Texas, der einmal pro Tag einen Pot spielte – und den dann aber auch mit den Assen. Das schöne daran war, er hat dann seine Hand immer bis zum bitteren Ende durchgespielt, Flush oder Straße möglich – egal. Das machte Ihn natürlich zu einem dankbaren Gegner. Nach einem preflop Potraise und drei Callern, einer davon war ich, raiste der texanische Gentleman aus dem Small Blind Pot. Alle foldeten zu mir, $1.600 waren noch zu zahlen – Heads Up mit 910JQ natürlich kein schwerer Call. Der Flop war fast perfekt – Q102. „I bet the Phaaat“ annoncierte der Cowboy – nach ca. 30 Sekunden antwortete ich mit einem leisen „All-In“. Nachdem der Gentleman aus Texas bezahlt hat, wurde der im Highstakes Poker obligatorische „Deal it twice“ ausgehandelt. Bei großen Pötten wird meist vereinbart, Turn und/oder River mehrmals zu geben, um die Varianz ein wenig zu bändigen. Ihr kennt das sicher auch von der Fernsehsendung „High Stakes Poker“. Meine Philosophie dazu beim Omaha ist recht simpel – wenn ich so ca. 70/30 vorne bin akzeptiere ich nach dem Flop eigentlich immer zwei Deals. So auch in dieser Hand – erster Deal, Turn 2 River 2… Super, Full House für Texas, na denn, auf zum zweiten Versuch. Das sich das Board unten paired hatten wir ja nun… aber halt ! Eine zwei ist ja noch im Deck, und die trifft dann auch gleich auf dem Turn des zweiten Deals. Ihr könnt euch sicher den Kloß in meinem Hals vorstellen, als ich die Bewegungen des Dealers verfolgte – burn & turn 2, burn & river 2, burn & turn 2, spätestens jetzt wäre ich fast erstickt. Einen kräftigen Schluck später wanderten knappe 27.000$ ans gegenüberliegende Tischende. Und wieder spielte sich ein in meinem Kopfkino das Bild eines einigermaßen gut ausgestatteten Golf ab.

Später am Abend  bin ich dann mit einigen Pokerkollegen Essen gegangen. Ich empfahl im netten „Bradley Ogden“ im Caesars Palace das Surf & Turf zu $58. Paul, ein ausgewanderter Pole und High Stakes Omaha Spieler, der immer für den zweiten Straddle für $200 beim 25/50-100 Spiel plädiert und grundsätzlich mit jeder Kombination von 22XX called, beschwert sich über den Preis.

Anscheinend ist der Wert des Geldes beim Spiel durch die Plastikchips exzellent getarnt…


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