Kolumnen

DIE AESTHETIK DES ABSURDEN

So auch diesmal. Die Partie selbst war seltsamerweise nicht allzu spannend und somit zog sich der Unterhaltungswert hauptsächlich aus diversen Gesprächen. Über andere Spieler, Golf, die Flasche Wein und diverse Pokershows wurde diskutiert, perverse Hotel- und Alkoholpreise verglichen.

Über 18000 Euro Suiten, 300 Dollar Steaks und 2500 Dollar Gläser wurde philosophiert und mittendrin lief auch noch ein Pokerspiel. Das eigene Aufgehen in Dekadenz stets mit einem Haufen Selbstironie unterlegt, wenn man sich schon als Idiot deklariert, dann wenigstens als einer, der’s mit Humor nimmt.

Es wird gemutmaßt, ob ich mich vielleicht besser im Heben der 30 Millionen Euro geschlagen hätte als mein Nachbar, schließlich trainiere ich ja jetzt regelmäßig. Achja, und 8000 Euro gilt es zu bezahlen. Einen Drilling habe ich, aber mehr als Bottom Two ist der nun auch nicht wert.

Schlecht gespielt habe ich die Hand, wie auch schon die davor. 12000 Euro bin ich eh schon im Minus, soll es denn noch mehr werden?

Ich bezahle und verliere gegen eine Straße, nicht sehr überraschend.
Ich schaue rüber zu Platz eins, unsere Blicke kreuzen sich und wir müssen beide lachen.

Man könnte meinen, wir denken dasselbe.
All diese Geschichten über Verschwendung und den Spaß daran, und ich verliere 20000 Euro. Andere verlieren mehr, aber niemand ist schlecht gelaunt. Ich überlege, ob ich mich nicht vielleicht doch schlecht fühle, aber ich kann kein negatives Gefühl auftreiben. Das Geld ändert nichts für mich, der Verlust macht mich nicht ärmer und ein Gewinn würde mich nicht reicher machen. Und so geht es allen hier am Tisch.

Und ich bin gerührt von der Schönheit dieser Situation. Das Absurde sitzt auch am Tisch, mit direkter Position auf mich.
Zufrieden bin ich, das einzig Wissenswerte, das einem das Spielen lehrt, so verinnerlicht zu haben. Die Wertlosigkeit von Geld, welches niemals des Problems Lösung, doch oft dessen Herkunft zu sein scheint.

Und so geht es weiter, mit 8 anderen Leuten mit sieben- oder achtstelligen Bankkonten, die auch gerne Chips herumschieben, und es ist schön zu wissen, dass man hier eigentlich nichts außer Geld verlieren kann. Und wie ich ja weiß, ist das nichts wert.

Solange man noch etwas hat zumindest.


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