Kolumnen

Ein Mädchen in Vegas – Teil 2

Da liegt ein Apfel in der Küche, das ist dann wohl mal meiner. Direkt habe ich das Gefühl, dass die enthaltenen Vitamine meinem Erinnerungsvermögen wieder ein bisschen auf die Sprünge helfen und ich erinnere mich, dass ich extra meine Laufklotten mitgenommen habe. Die „kühlen“ Morgenstunden in Vegas sind wohl die einzige Möglichkeit für sportliche Betätigung.

Rein in die Klamotten, Sonnenbrille auf die Nase, Kopfhörer in die Ohren, boah bin ich cool, und los geht’s. Ohne Aufwärmen, hier ist es doch warm. Nach 300 Metern frage ich mich bereits, ob das eine gute Idee war, nach noch mal 400 Metern beantworte ich diese Frage mit „Nein“ und nach 1,5 Kilometern liege ich halbtot am Straßenrand und bin unfähig überhaupt irgendwas zu denken.

Ein nettes „Are you ok?“ reißt mich aus meiner gefühlten Bewusstlosigkeit, atemlos antworte ich dem besorgten Amerikaner „ Oh yes, I just like the sun!“. Lachend und kopfschüttelnd läuft er ganz locker weiter. Is klar, Angeber!

Nach ein paar Minuten packt mich der Ehrgeiz und ich starte einen neuen Versuch. Weniger cool, aber dafür noch genauso motiviert. Klappt auch nicht besser und somit beschließe ich, lieber nur zu walken. Joggen ist eh schlecht für die Gelenke, man ist viel zu schnell, mein Zopf schwingt dabei hin und her und überhaupt und sowieso.

Nach 45 Minuten bin ich zurück im Haus, immer noch allein, aber um die Erkenntnis reicher, dass Laufen in Vegas für einen Europäer keine gute Idee zu sein scheint. Also wecke ich George, ich will ja schließlich noch zum Strip.

Der Himmel im Caesars

Wir spazieren durch Caesars Palace, schön hat er es hier, der Caesar. In der Einkaufstrasse hat man, durch die aufwendigen Bemalungen an der Decke, tatsächlich ein bisschen das Gefühl man sei unter freiem Himmel. Mich interessieren allerdings die etlichen Läden viel mehr. Dieses Hotel ist einfach ein unglaubliches Paradies für Shopaholics, vorausgesetzt man hat genügend Geld dabei.

Vom Caesars düsen wir fix rüber ins Rio. Im Rio interessiert mich wiederum ausschließlich der riesige Pokerraum. Die Geräusche, die Menschen, einfach die gesamte Atmosphäre ist irgendwie was ganz Besonderes. Ich beobachte natürlich die Fähigkeiten der Dealer ganz genau. Zum Teil ist es wirklich sehr beeindruckend, wie sie in diesem Durcheinander und Gerede und Chipsgeklapper die Ruhe bewahren. Wir kommen an einem Pot Limit Omaha Hi-Lo Turnier vorbei und ich freue mich mal wieder, dass ich hier nur Urlaub mache und dieser Kelch an mir vorüber geht. Die durchgeschwitzten Hemden, die zitternden Hände und die roten, angsterfüllten Gesichter der Dealer sprechen für sich.

Wir treffen Sebastian Ruthenberg und seine Freundin Sonja. Nach einem kurzen Plausch müssen wir schon wieder los, weil wir uns heute die erste Show angucken möchten. KA im MGM, eine von etlichen Cirque du Soleil Shows in Las Vegas.

Vanessa und ich brezeln uns ordentlich auf. Haare machen, ein schönes Kleid anziehen, ein bisschen Schmuck und hohe Schuhe und schon kann es losgehen.

Auf der Autobahn fängt der Wagen plötzlich an zu schliddern! Erst mal ignorieren und abwarten ob es schlimmer wird. Ja, wird schlimmer! Was soll das schon sein? Ein Platten natürlich. Super! Wir müssen die Tickets in ca. 1,5 Stunden abholen und ich bin die einzige in diesem Wagen, die schon mal einen Reifen gewechselt hat. Sind tolle Voraussetzungen für einen gelungenen Showabend, aber hilft ja nichts. George und ich checken mal die Lage und beratschlagen was zu tun ist. Jan Heitmann verlässt sich lieber auf die amerikanischen „Gelben Engel“ und ist verlassen. Kurz steigt Jan aus dem Wagen, guckt mal hier und guckt mal da und nach dem Satz „Also die Frauen steigen jetzt erst mal wieder ein, wir machen das schon“ steigt er wieder in den Wagen und knutscht ein wenig mit Vanessa. Muss ich wohl doch ran.

Nachdem George den Wagenheber erfolgreich auseinander gebaut hat, gebe ich Anweisungen was zu tun ist und er führt meine Anweisungen aus, so sollte es ja auch sein. Im Handumdrehen haben wir den Reifen gewechselt und steigen wieder in den Wagen. Tja, als wäre nichts gewesen.

Tatsächlich schaffen wir es noch pünktlich zur Show und das hat sich gelohnt. KA ist wirklich eine tolle Show. Viel Akrobatik, tolle Musik, wunderschöne Kostüme und eine beeindruckende Bühne. Gehört einfach zum Pflichtprogramm in Vegas.

Kurz vor ende der Show fällt mir wieder ein, dass wir morgen in die Fashion Show Mall fahren wollen um mal ordentlich zu shoppen und plötzlich spüre ich es, ein furchtbares Grummeln in meinem Bauch! Sofort erinnere ich mich an die EPT auf den Bahamas Anfang des Jahres, denn auch da hatte es mit einem leisen Grummeln begonnen und entwickelte sich zu … naja, bei einem Mädchen nennt man dies wohl eine „Magenverstimmung“ … es entwickelte sich also zu einer schicken Magenverstimmung, die mir die bis dahin schlimmsten Schmerzen meines Lebens bereitete. In meinem Kopf schwirren panisch tausend Gedanken umher, „Was habe ich heute gegessen?“ „Was habe ich gestern gegessen?“ „Darf ich überhaupt jemals wieder essen, wenn ich verreise?“ „Ich esse doch gerne, daran kann es einfach nicht liegen!“ Und plötzlich ist mir völlig klar, was absolut dafür verantwortlich ist, Joggen! Ich wusste genau, das ist schlecht, aber wer vermutet denn bitte so etwas?! Ist jawohl klar, dass ich hier in Vegas gar nicht mehr joggen werde und am besten lasse ich das komplett, denn wer will schon eine Magenverstimmung haben? Seit mehreren Wochen jogge ich regelmäßig durch die Strassen von Bad Oeynhausen, ohne eigentlich zu wissen wie gefährlich das ist.

Das Grummeln in meinem Bauch wird lauter und bahnt sich so langsam seinen Weg in alle möglichen und unmöglichen Richtungen. Eins steht schon mal fest, sollte ich wieder so starke Schmerzen bekommen wie ich sie auf den Bahamas hatte, dann muss ich wohl morgen in die Fashion Show Mall kriechen.


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