Kolumnen

EPEC – Warteschleife

Es beginnt an einem eisigen Januarabend auf dem heimischen Sofa. Das Kaminfeuer spendet dezentes Licht und Wärme. Die Geräuschkulisse bildet eine heitere Konversation der Moderatoren, des Internetradiosenders SEO FM. Einer von ihnen ist, Markus Tandler, alias „Mediadonis“, er will gleich das Passwort für das bevorstehende, kostenfreie Onlinequalifikationsturnier – bei dem man eine Teilnahme für das Livequalifikationsturnier, in der Münchener „089 Bar“ zum EPEC 09./10. Mai auf Sardinien gewinnen kann – den Zuhörern verraten. Klingt ganz schön kompliziert! Oder?“ Fakt ist, die ersten Beiden sind eine Runde weiter!

Bewaffnet mit Elan, sowie dem Laptop auf meinem Schoß, versuche ich neben mehr als 90 Protagonisten ebenfalls mein Glück. Wie bei jedem Freeroll hauen sich die Gegner gleich zu Anfang mit fragwürdigen Starthänden die All-Ins um die Ohren. Um mich vor übereilten Fehlentscheidungen zu schützen, beschließe ich mich anfänglich in Geduld zu üben, wozu ich mir mit Simultanspiel Unterstützung schaffe. Es läuft nicht! Schnell rutsche ich zum Small Stack ab und bin mit der Vielzahl meiner parallel gespielten Tische auch leicht überfordert. Also, was macht die gestresste, ertrinkende Pokerspielerin? Sie rudert! Sie pusht! Getragen von wundersamer, positiver Energie – wohl Glück genannt, gewinne ich überproportional oft 30-Prozenter und Coinflips. Eben noch unten, jetzt ganz weit oben! Als Chipleader am Finaltable angekommen, kann ich viel Druck ausüben und lasse mir den Einzug zur Livequalifikation nicht mehr nehmen! Freudenschrei!

Noch zwei Wochen! ICH WARTE!

Im Rahmen eines festlichen Abends für 150 SEO FM Hörer, -sponsored by Everest Poker- findet unsere NeoQuali mit zehn Spielern im Sit & Go statt. Leider habe ich die letzte Einladung erhalten, was einen Begleiter losen Abend für mich bedeutet.

Die „089 Bar“, das ist ein derzeit angesagter Schuppen in unserer bayrischen Metropole. So ein Laden, in dessen Warteschlange man ewig ansteht, um dann von den Türstehern mit ultragelangweilter Miene: „sorry, nur für Stammgäste“, abgewiesen zu werden! Nur weil man zu hässlich, zu dick oder einfach nicht trendy genug ist. Aber das kann mir ja egal sein, denn für diesen Abend bin ich sozusagen V.I.P. Heute betrete ich diesen Jetset Tempel zum ersten Mal, der sich widererwartet, schlicht, in gedämpftem Licht präsentiert. Es ist gerade mal so hell, dass man nicht über das spärliche Mobiliar und die Stufen stolpert. Ich habe Angst! Nein, nicht vor der Dunkelheit, sondern davor, dass ich bei den bescheidenen Lichtverhältnissen, eingeschränkt durch meine Kurzsichtigkeit , die Karten nicht erkenne! Meine Brille hat die Eitelkeit zu Hause gelassen. Es wimmelt überwiegend von Radiomännern, die in ihren feinen Hemden, und Anzügen festlich, attraktiv aussehen. Kein Wunder, denn die Einladungsmail diktierte die Kleiderordnung: „dress to impress.“

Wie ein Mauerblümchen stehe ich alleine, bekleidet in einem schlichten, fast biederen, schwarzenSatinträgerkleid, in einer Ecke der Bar rum. Also, ein heißer, sexy Feger bin ich nicht gerade, doch davon tummeln sich einige tanzend auf der Theke, in knappen Cheerleaderoutfits um die Stimmung einzuheizen. Wer sich traut erhält an und um der Theke, neben der aufreizenden Showeinlage, nach Herzenslust Getränke, sowie leckere Speisen in Form eines Buffets. Satt und ein bisschen gelangweilt nippe ich an meinem faden Mineralwasser. Das hat man als Autofahrer davon: Abstinenz! So vermeidet man das „verkehrsgefährdenden Risiko“, alkoholisiert nach Hause zu fahren. Gequält überlege ich, wie ich die einstündige Wartezeit bis zum Spielbeginn totschlagen könnte, als ich eine kleine Männergruppe erspähe, von denen einer denselben Halsschmuck trägt wie ich. Es ist unsere Spieler-ID. Spontan entschließe ich mich zu einem freundlichen Annäherungsversuch und hoffe, dass sie mich nicht für eine mannstolle Tussi halten! Gut gelaufen! Denke ich jedenfalls! Die Zeit verfliegt im Nu mit Informationsaustausch, natürlich rund um das brennende Thema Poker.

Endlich Startschuss! Aus Zeitgründen werden wir jetzt mit einem Turbo S&G konfrontiert. Auch gut! Um die begehrte Teilnahme am EPEC auf Sardinien zu gewinnen, muss man mindestens Zweiter werden. Wir sind 10 Spieler, von denen die SEO FM Moderatoren „Mediadonis“ und „Friday“ außer Konkurrenz mitkämpfen. Bereits mit meiner Platzauswahl habe ich das große Los gezogen. Zu meiner Rechten sitzt ein Typ mit zwei attraktiven Eigenschaften: er ist extrem sympathisch, der darüber hinaus die „ausdauernde Fähigkeit“ besitzt, Karten zu folden. Auch der Konkurrent zu meiner Linken ist durchschaubar. Das allgemeine Spielerniveau erläutere ich nun analog zu meiner Key-Hand. Wir beginnen alle mit einem Anfangsstack von nur 4000 Chips. Gleich in der dritten Runde bekomme ich im Cutoff Pocket Kings ausgeteilt. Die Action beginnt mit dem Spieler UTG, der bei Blinds von 25/50 auf 200 raist, der Raise wird wiederum prompt von Midpositon und meinem sympathischen rechten Mann gecallt. Was tun sprach Zeus! Natürlich reraisen, und zwar auf 800! Ein Dominoeffekt tritt ein – call, call, call! Die Dealerin deckt uns einen Flop mit kleinen unkoordinierten Karten auf. Sieht gut aus für meine Könige, finde ich! UTG setzt eine fragwürdige Contibet von 200, und was passiert? Genau – Dominoday!

Ich bin ja wahrlich kein Rechengenie, aber das mit den Betsizes der Gegner einiges schief gelaufen ist, steht außer Frage. Meine Handanalyse ergibt dennoch, – keine Pocket Asse! Im Pot liegt ein Betrag von mehr als 3800 Chips, was für mich ein obligatorischer All-in Push mit meinem restlichen Stack von ca. 3100 bedeutet. Mein Herz setzt aus! Haben sich doch schon im Laufe der Jahre diverse Horrorszenarien in meine Gedanken eingebrannt, wie man Könige auf Turn und River noch verlieren kann. Dann die Erlösung: es wird der letzte Dominostein aktiviert – fold, fold, fold! Somit verdopple ich ohne Showdown, und setzte einen signifikanten Meilenstein für mein Ziel – Sardinien. Ab sofort gilt für mich nur noch die Devise: kontrolliert weiterspielen. So besiegel ich schlussendlich selbst mein glückliches Schicksal, indem ich dem Drittletzten Teilnehmer seine verbleibenden Chips restlos abnehme. Eine Welle des Glücks schwappt über mich! Ich fliege nach Sardinien! Aber dann in Begleitung!

Nach der überschwänglichen, herzlichen Siegerehrung durch das Everest Team, genehmige ich mir im Gedränge der Bar noch einen klitzekleinen Schluck lauwarmen Sieges-Champagner und treffe eine finale Entscheidung des Abends: zu gehen wenn es am Schönsten ist. Auf der Heimfahrt genieße ich ein noch wenig die Glücksgefühle, die meine Sinne durchströmen!

Noch drei Monate! ICH WARTE!

„High Heels“ erscheint auch regelmäßig im Pokerblatt.


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