Kolumnen

Irische Guinness Harmonie

Ob in den Gängen, oder an den unzähligen Tischen im Turniersaal des Regency Hotels: überall herrscht eine positive, fröhliche Stimmung, die ansteckt.
Das Zweite was ich überrascht registriere, sind extrem viele französische Worte, wie z. B.: „allez les bleus!“, als ich vorbei am Foyer, den Gängen, zu meinem Tisch stolziere. Es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich sage, dass mindestens ein Drittel der 1440 Protagonisten aus der Grande Nation stammen. Und was ich noch feststellen werde: sie lieben „King – Queen“!
Das Dritte, was mir auffällt ist: Andy Black. Vollbart, Strubbelkopf, locker, legere Kleidung. In seiner Hand, ein Glücksbringer: eine Art antikes Kruzifix. Ich empfinde Andy, als den auferstandenen Landespatron „St. Patrick“, der einst die heidnischen Kelten zum christlichen Glauben missionierte!
Tisch 26 Platz 8 wurde mir in diesem Deepstack Turnier zugeteilt. Auf Platz 1 sitzt Liam Flood: Gewinner der Irish Open. Eine liebgemeinte Vorwarnung vom Dealer, für mich, vorab. Mr. Flood ist, sagen wir: different! Irgendwie kauzig, aber super sympathisch! Wie so einige Iren, die ich kennenlerne.
Den langen Weg zum Erfolg nehme ich locker in Angriff. Meine Mitstreiter machen es mir anfänglich leicht. Bis der Spieler auf Platz 5 erscheint. Ein wahres Hindernis, wie sich herausstellt. In Position, raist und reraist er fast jede Hand. Setzt seine Gegner stark unter Druck. Mit dieser Erkenntnis versuche ich kontrolliert mit Connectors, bzw. Gap – Connectors grandios zu treffen. Nach einigen Misserfolgen, klappt es mit 6, 4. Zwei Paar für mich! Wie erwartet will er mich aus der Hand bluffen! Ich bezahle am Flop mit meinen gesamten Chips. Beim Anblick meiner Karten tiltet er.: „ Wie kannst du mit so einem Blatt ein Preflop Raise ohne Position bezahlen?“
Er zeigt sein Monster: 5 – 8 (aber suited!). Genau, sagt der eine Hase zum anderen: „Mensch hast du lange Ohren!“ Egal, ich gewinne den Showdown und verdopple! Etwas später werde ich an einen anderen Tisch versetzt. Ich komme auch um weitere Tischwechsel nicht drum rum. Überall lasse ich einen Teil meiner Chips zurück. Keine Domination hält! Nichts geht vorwärts!
Ich sitze wieder mal an einem neuen Tisch, und versuche die Stacks meiner Kontrahenten zu schätzen. Alles was ich brauche, ist endlich ein Double up! Und das mindestens noch drei Mal! Ein Kinderspiel! Ca. fünfzehn Big Blinds zähle ich gerade, als jener Spieler, in mittlerer Position, zaghaft erhöht. Die Action foldet bis zu mir im Small Blind. Pocket Sieben ist meine Hand. Ich bin unentschlossen, und starre auf den Raiser wie das Kaninchen auf die Schlange. Er wirkt gereizt. Ich sollte wohl besser vor der Schlange davon rennen, meine Karten weglegen. Aber das tue ich nicht. Nein, ich tue das Falsche: ich gehe mit meinen dreizehn Big Blinds All-in. Nun  sehe ich den Tatsachen ins Gesicht: Achter! Der Spruch von den „glorreichen Sieben“ hat für mich und meinen Stack keine positive Bedeutung mehr. Nach acht spannenden Turnierstunden verabschiede ich mich unentlohnt. Kleiner Wehrmutstropfen: es hat viel Spaß gemacht, und mein Freund Thomas hat noch alle Chancen auf den Sieg, morgen! Unser Abend endet  ausgelassen in der Hotellobby des Skylon Hotels! Mit Irischen Pokerfans und reichlich Guinness!
Ein neuer Tag! Zeit für Sightseeing! Rasch mit dem Doppeldecker Bus bis zur Haltestelle „O`Connell Street“ gefahren, der Hauptstraße Dublins, und schon befinde ich im Herzen der City. Geschäftiges Treiben, auch am Sonntag, farbenfrohe Pracht der Fassaden und Schaufenster. Irgendwie alles „very british!“ Sehr einladend, sehr inspirierend, sehr gemütlich! Ich muss auch nicht weit laufen, da stehe ich in mitten einer schicken Einkaufsmeile, oder besser: Schuh – Gefahrenzone. Ohne große Überredungskünste des Verkäufers, tröste oder belohne ich mich mit einem neuen Paar Stiefeletten. Das Leben ist gut!
Leider ist Thomas im Main Event auf Platz 50 ausgeschieden. Für Harald Gärttner, hat es in einem Side Event nicht bis in die Geldränge gereicht. (Übrigens bin ich, inspiriert von Haralds Bericht, hier auf der Pokerfirma, nach Dublin gereist.) Glück für mich: wir schlendern nun als Trio bei abendlicher Frühlingstemperatur durch die City! Zum Dinner stoppen wir bei Fridays.
Nach reichlich Essen,  und Entspannung schlägt Harald noch einen Abstecher zum Casino: „the Sporting Emporium“ vor. Auf ein MTT,  zu erschwinglichen 50 Euro. Warum nicht! Bereits am Eingang scheitert Thomas am stringenten Dresscode. Keine ¾ Hosen! So schreite ich mit Harald durch das Treppenhaus im Landhausstiel zum Pokerroom in der zweiten Etage, und in eine positive Überraschung.
Ein internationales Feld. 44 Teilnehmer aus sechs verschiedenen Ländern. Harmonische Stimmung in gediegenem britischem Ambiente. Endlich läuft alles rund bei mir. Es ist großartig, das Turnier bewegt sich dem Ende zu, und ich bin noch als Midstack dabei. Ohne Schwierigkeiten erreiche ich den Final Table, dann das Heads Up. Bei einem Treffer: Dame mit Kicker König, antworte ich mit einem All-in auf das Raise meines aggressiven Widersachers. Der ist committed – und bis zum Turn habe ich den Sieg schon vor Augen. Aber die „verflixte Sieben“ auf dem River schenkt ihm zwei Paar! Er covert mich um  zwei Blinds. Zweiter Platz! Ein schönes Ende eines ereignisreichen Aufenthalts!
Erschöpft von vielen Eindrücken, langer Konzentration, einer aufkommenden Erkältung, aber mit  einem glücklichen Lächeln auf den Lippen geht´s zurück zum Hotel für zwei Stunden Schlaf. Schon um sechs Uhr morgens geht´s weiter zum Flughafen, wo es dann heißt: good bye Dublin! Bis zum nächsten Mal! Ich komme bestimmt wieder!


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