Diese drei Länder bilden nämlich tief im wilden Osten einen kleinen Spitz und den muss man dann nur ein bisschen in die Ukraine verlängern und schon ist man in Uzhgorod.
So gesehen hatten es all die slowakischen, ungarischen und polnischen Pokerspieler deutlich leichter als ich. Von Odesse dauert die Anreise mit den regulären Zugverbindungen mehr als zwei Tage. Hie und da gibt es einen Schnellzug, der die Strecke in neunzehn Stunden zurück legt – allerdings nur wenn nichts dazwischen kommt und in der Ukraine kommt ständig überall irgendwo irgendwas dazwischen.
So nahm ich das verlockend klingende Angebot an, nach Lviv (Lemberg) zu fliegen, um dann von dort ein „kleines Stückchen“ mit dem Auto mitfahren zu dürfen. Das „kleine Stückchen“ entpuppte sich dann als vier Stunden abenteuerliche Fahrt über wenig befestigte Bergstraßen. Gruselig und bei einigen Kurven hatten wir nur wenige „Outs“, da heil am anderen Ende wieder raus zu kommmen. Nur Glück muss man als Mensch haben und irgendwann waren wir dann auch dort.
Stasko Stibilj, umtriebiger Eventmanager und vielen Spielern noch aus seiner langjährigen Tätigkeit in Nova Goriza bekannt, hatte zum Turnier geladen. Ort des Geschehens das Hotel „Zolota Gora“ (Goldener Berg) ein klein wenig außerhalb von Uzhgorod mitten in den dichten Wäldern der Westukrainie gelegen.

Der ortansässige „Pokerclub Imperial“ war mit Personal und dem kompletten Equipement in den hoteleigenen Konferenzraum übersiedelt. Ein erstklassiges Haus, alles vom Feinsten. Die Badezimmer zum Beispiel auf dem Niveau eines internationalen Fünf Stern Hotels. Das Personal äußerst bemüht und die Küche exzellent. – Interessantes Detail zu meinem persönlich Badezimmer. Dass mich die Geographie auf meinen Reisen mitunter ein wenig verwirrt, kann schon mal vorkommen, diesmal hatte ich alles unter Kontrolle (wozu gibt es Google Maps), aber mein Handy erlebte in diesem Vierländereck eine wirklich stressige Zeit. Kein Wunder, unten im Spielsaal war die handytechnische Welt in Ordnung. Wir waren in der Ukraine, ich wusste das, mein Handy und meine Armbanduhr wussten das auch. Kaum kam ich in die Nähe meines Badezimmers oder wagte ich das selbe in Beisein meines sonst so treuen Handys zu betreten, kamen die aufgeregten Meldungen am Display. Angeblich hatte ich soeben die Zeitzone gewechselt und sollte die Uhr um eine Stunde zurück auf Mitteleuropäische Zeit stellen. Ich beschloss das einfach zu ignorieren, beziehungsweise bemühte ich mich aus alter Verbundenheit zu meinem treuen Nokia, konsequent und auschließlich im vorderen Bereich der Suite zu telefonieren. 100.000 gemeinsam erlebte Flugkilometer schweißen halt doch zusammen.
Für das Main-Event selbst hatten sich an die zwanzig Spieler registrert. Buy-in $1000 und beinahe hätte ich es auf den Finaltisch geschafft. Das Publikum bei Turnier und den Cashgames bunt gemischt. Polen, Ungarn, Tschechen, Slowaken, Ukrainer und selbstverständlich einige angereiste Russen. Fast durchwegs in Begleitung von der eigenen Frau (oder vielleicht von der Frau eines anderen?). Jeden Abend gab es ein „Ladies Tournament“ mit einem Buy-in von $100. Nicht zu vergessen die attraktiven Cocktail-Girls, so als ob das Hotel die schönsten jungen Frauen der Gegend engagiert hätten (und in kaum einer Gegend dieser Welt gibt es so viele schöne Frauen). Ich hätte ja gerne Fotos gemacht, aber ob das meine ebenfalls wunderschöne Freundin gerne gesehen hätte wage ich zu bezweifeln.
Am nächsten Tag beim Shootout schaffte ich es dann locker an den Finaltisch und mit einem Deal konnte ich dann auch alle meine Spesen decken.

Noch ein klein wenig zocken beim Cashgame und ab ins Bett, weil Waldluft einfach müde macht und für die Heimreise musste ich am nächsten Tag früh raus. – Falls Sie das Reisefieber nach der Lektüre dieser Kolumne zumindest ein wenig gepackt hat, gebe ich hier nochmals eine definitive Empfehlung für das Hotel „Zolota Gora“ ab. Siebzig Euro für die Suite ist mehr als fair. Falls Sie über Lemberg (Lviv) anreisen, lassen Sie sich für die vier Stunden Fahrt am besten die Augen verbinden, damit Ihnen bei den Abgründen nicht übel wird. Und suchen Sie am Lemberger Flughafen nicht lange nach den Toiletten. Es gibt nämlich keine. Für den Fall des Falles müssen Sie da 300 Meter in ein gegenüber liegendes Gebäude sprinten.
Stasko Stibilj hat noch einiges vor. Was genau wollte er mir alerdings noch nicht verraten, aber ich freue mich auf seine nächsten Mails. Vielleicht Pokern am Polarkreis, Omaha auf einem Wolgadampfer oder Crazy Pineapple in Sibirien. Ich werde jede Einladung annehmen und dann entsprechend in meiner Kolumne berichten. Noch ein kleiner Nachtrag zu Uszhgorod – ich habe exklusiv für Pokerfirma.de einen Flughafen entdeckt (siehe Fotobeweis).

Zugegeben nicht der größte aller Flughäfen, dafür hat er genügend Toiletten und was viel wichtiger ist, wo Flughäfen sind, starten und landen Flugzeuge. Und die kommen dann von irgendwo und fliegen nach irgendwo. Das weiß ich ganz sicher aus Erfahrung. Und auch dieses Rätsel werde ich für meine Kolumne noch lösen. – Bis zum nächsten Mal.