Genau so war es am Dienstag in Baden, nein keine Naturkatastrophe, wobei, wenn man den Worten einiger Ausgeschiedenen lauscht viele Moves einer solchen gleichkommt, sondern eben EIN Promi. Völlig befreit von jeglicher Spielkunde oder Kenntnis über andere, vielleicht bessere Pokerspieler scharten sich die Kameraleute und Society-Informationshändler um Boris Becker, welcher für die Poker-EM ins Casino Baden angereist war.
Jetzt stellt sich die Frage, ob, wenn ein Prominenter um gutes Geld eingekauft wird, zum promotionieren für Poker sein Image und seine Zeit re-investiert wirklich diesen Gegenwert erfüllt, welcher von der Pokerszene und in erster Linie vom Geldgeber von diesen Personen erwartet wird, oder anders gefragt, würde der Schachsport wirklich in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit und Zulauf erhalten, würde sich Roger Federer von einem Schachfigurenhersteller sponsern lassen und seine Hingabe ausschließlich dem karierten Brettspiel widmen, davon abgesehen dass das Imageproblem bei Schach weniger die Halbwelt, sondern vielmehr das zu langsame in einer zu schnellen Welt ist!? Sollte das Geld, welches in Testimonials investiert wird, welche sicherlich kurzfristig ihren Nutzen bringen, nicht eher in den Aufbau, und nicht nur von einem Großsponsor bezahlten, sondern wie beim Schiverband einen Sponsorenpool zu bilden, einer anerkannten Bundesliga und in weiterer Folge Europaliga investiert werden, um eine starke Struktur aufzubauen, welche langfristig in der Auseinandersetzung gegen Glückspielgesetzgeber aller Länder sicher bessere Karten hält, als der Umweg über Society-Sendungen?
Wenn Poker wirklich ein Sport ist, wie die noch zu gründenden Verbände dies einfordern würden, dann bedürfe es bei der Ausübung des Sportes nicht nur Können, sondern übergeordnet auch gemeinsame Strukturen, vernünftige Arbeit an der Basis, also den Vereinen, sowie selbst aufgebauten Stars und weniger zugekauften. Um beim Schisport zu bleiben, wenn Herr Becker (ich möchte darauf hinweisen, dass Herr Becker wahrscheinlich ein sehr netter Mensch ist und von seinem Sponsor für seine Verhältnisse sicher wenig Geld bekommt und er naturgemäß wirklich Freude am Spiel hat, er hier nicht als Person B.B. steht, sondern als Beispiel für eine vielleicht falsch gedachte Marketingstrategie) am Schizirkus teilnehmen würde, so wäre er sicher nie unter den hundert Besten, sondern vielmehr würde er sich bei den Berichterstattungen über den Lauf unter „hat auch teilgenommen“ befinden und so dem Ansehen der Sportart nicht unbedingt zu fördern, sondern nur den Lifestylereportern Material liefern. Wie ernst kann man eine Sportart nehmen, in der Quereinsteiger in relativ kurzer Zeit Topplatzierungen erreichen, was, und jeder Pokerspieler kennt das, durchaus möglich ist, wenn der Neuling einfach nicht mit Unglück bestraft wird und so in einem Turnier weit, oder sogar in die Geldränge kommt. Es macht dies erst recht den Eindruck von Glücksspiel und somit einen schwierigen Stand gegen das Vorurteil ein Spiel mit Zufällen auszuüben und so das Image von Glückspiel nicht ausräumt, sondern vielmehr unterstützt.
Worum geht es den Sponsoren von Testimonials? Um eine schnelle Imagekorrektur, weg vom Spiel für Cowboys und Zuhälter in verrauchten Hinterzimmern und hin zum Spiel für die ganze Familie? Das funktioniert so nicht, weil das Schwert ein zweischneidiges ist, einerseits der Versuch über Prominente das Image zu ändern, mit Mitteln, die ein anderes Negativimage aber fördern, eben den Zufallsfaktor oder „nicht-Pech-Faktor“.
Ist die Kleinkrämerei der unterschiedlichen Pokerplattformen nicht kontraproduktiv für eine Sache, welche als Glückspiel gilt und dafür kämpft als, gerechterweise, Geschicklichkeitsspiel anerkannt zu werden? Nichts gegen den Star der Veranstaltung, dass er pokern kann hat er schon ein paar mal bewiesen, aber mediale Aufmerksamkeit hätten sich andere, welche seit Jahren den Pokersport fördern und unterstützen ebenso verdient. Testimonials vor die Kamera zu holen ist die eine, momentane Antwort, aber ob es wirklich förderlich ist, wäre die Frage dazu und etwas weniger bigott. Es soll diskutiert werden und in der Zwischenzeit freuen wir uns auf all die Tanjas und Meikes und Borises und Roittos und wie sie alle noch heißen werden, wenn wir sie im TV sehen, gerade den Pokertisch verlassend.