Kolumnen

Prag(matisches)

Praxisbezogen – Da verlasse ich mein Gambling Institute mit dem Bestreben, ausgiebig Praxisluft zu schnuppern. Konstantin Bücherl, vielleicht der talentierteste Pokerspieler, den ich je unterstützen durfte, ist am Start und wir haben viel vor.
Nicht im Range liegt ein Bust gegen Ende von Level 3, was soll denn das? Wegen ca. 70 Händen fahre ich knapp fünf Stunden osteuropäische Eisenbahn?

auf Nützliches ausgerichtet – Busten ist wohl Minus EV, denk ich. Da werfe ich meine Rechenmaschinerien erst gar nicht an.

sachlich – nun ja, dafür sorge ich nun im Artikel, dass ja kein sachlicher Umgang mit einem Day 1 early Exit aufkommt.

Mathematisch evident also: Prag sollte nicht so heißen, ich taufe es zumindest für meinen kleinen Mikrokosmos: Dogma

Konstantin Bücherl
Konstantin Bücherl

Erklärt ist das leicht: Da ich hier nichts Pragmatisches erkennen kann, schließe ich nun frech aufs Gegenwort: dogmatisch. Denn unkritisch, unreflektiert sind sie wohl, meine noch frischen Eindrücke.

Mein klarer PlusEV Spieler ist top vorbereitet, er setzt sich nieder – bereit, das Spiel zu zerstören. Doch es mag nichts kommen, dann die zwei Neckbreaker:

Konstantin raist den Limp-in des Cutoffs am Button bei 50-100 auf 400 mit etwa Startstack behind. Die Blinds folden, CO callt. Der Flop bringt 7-7-4 rainbow. CO check-callt die Conti in Höhe von 600. Turn bringt eine 3: Donkbet in Höhe von 700! Konstantin raist auf 2.700 und wird gecallt. River ist eine 6. CO setzt 1.600!? Konstantin foldet, er büßt ein Drittel seines Stacks ein.

Eine knifflige Situation: Technisch gehören Konstantin zweieinhalb Setzrunden. Doch der Call des Raises am Turn überrascht. Das Blatt wendet sich hier und der Betout am River setzt unmittelbar nach. In dieser frühen Turnierphase ohne Read oder eigene Straße nicht zu lösen. Leider.

Situation 2 bestreitet Konstantin nach einer langen Durststrecke mit 6.500 behind. Er raist bei Blinds von 75-150 UTG mit AQ auf 400. Gecallt wird er von Highjack und Big Blind. Beide müssen hier keine Hand haben, da Highjack als Callingstation bereits entlarvt ist und BB schlichtweg gute Odds bei gesichertem Flop hat. Der Flop bringt Q-4-4 mit Flushdraw. Konstantin eröffnet mit 800, beide callen. Turn bringt ein Ass ohne Flush. Konstantin setzt auf den Check des BB hin 2.000. Der Highjack setzt Konstantin All-in. Konstantin callt und hat gegen Q4 3 Outs. Der River blankt.

Ärgerlich: Bis nach dem Flop ist das Spiel ziemlich Standard. Ein Preflopraise und eine Conti auf einem Board, das Konstantin gegen alle plausiblen Hände führen lässt. Doch die beiden Calls geben ein erstes Warnsignal. Der Fakt aber, dass eine Vier (v.a. falls sie der BB hält) wegen des Draws wahrscheinlich raisen würde, anstatt nur zu callen, macht nochmal Mut und führt zum fragwürdigen Betout am Turn. Den All-In würde ich als Coach mit dem (im wahrsten Sinne des Wortes) nötigen Abstand nicht callen. Aber ich sitze auch nicht im Stuhl. Es ist nur menschlich, hier der Verlockung der scheinbar großen Odds nicht zu widerstehen oder dem Glauben an einen sinnlosen Bluff zu erliegen. Aber: es wären noch etwa 20 Big Blinds verblieben, mit diesen kann ein Spieler wie Konstantin alles erreichen. Hoffentlich dann beim nächsten Mal auf den Bahamas, ich wünsche es ihm.

Zahler zocken – Könner kalkulieren
Stephan M. Kalhamer
the-gambling-institute.de


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments