Der Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU) feierte diese Woche seinen 100sten Bundeskongress. Herr Hänsch hielt im Audimax meiner ehemaligen Universität, der Uni Regensburg, einen Festvortrag zum Thema „Der Pulsschlag des Lichts“.
Von den Regensburger Domspatzen mit „Oh Sapientia“ auf die Bühne gebeten, begann er aus seinem auch für Nicht-Physiker interessantem Werdegang zu erzählen. Bereits mit sechs Jahren habe er sich – damals in der Bunsenstraße lebend und angesichts eines Bunsenbrenners – gefragt, was er wohl leisten müsse, „damit eine Straße nach ihm benannt werde“. Ein hohes Ziel! Selbst ein Bracelet bringt sicher keine solchen Ehren. Seine Denke finde ich interessant. Sie ist zielorientiert. Er wollte von vorne herein dort arbeiten, wo er wohl am ehesten Erfolg haben wird. Die meisten Menschen machen es umgekehrt. Sie legen erst einen Beruf oder zumindest eine Branche fest und hoffen dann auf Erfolg. Wir Pokerspieler können davon lernen. „Welches Spiel kann ich schlagen?“ ist eine korrektere Frage als die zumeist gestellte: „Welches Spiel möchte ich spielen?“
Später zitierte Hänsch eine für uns Pokerjünger interessante Antwort seines Doktorvaters Christoph Schmelzer auf die Frage, wo man wohl forschen solle, „um am ehesten noch etwas Neues zu finden“: „Man muss dort schauen, wo noch niemand geschaut hat.“ Eine einfache Antwort, aber eine sehr wahre und zudem für uns hilfreiche: Muss es denn immer Hold’em sein? Ist es nicht einfacher und trotzdem lukrativer, Vorreiter in heute relativ unpopulären Spielformen wie der HORSE oder gar 8-Game Palette zu sein, als im immer besser werdenden Hold’em Feld um taktische Feinheiten zu feilschen?
Über seine Zeit in Stanford berichtete Hänsch, dass sein Professor Arthur L. Schawlow seine Studenten am Flur stets fragte: „What have you discovered?“
Wieder ist der Standpunkt das Entscheidende. Er fragte nicht, was man gelernt, sondern was man entdeckt hat! Hier steckt Vision dahinter. Schon von den Studenten wird erwartet, nicht nur nachzuvollziehen sondern selbst zu forschen, selbst etwas zu erreichen. Und wieder möchte ich dem ehrgeizigen Pokerspieler Analoges vorbehaltlos nahe legen: Pokerliteratur zu lesen oder auch (meine) Seminare zu besuchen, bringt natürlich das Spiel voran, aber der eigentliche Anspruch sollte es sein, all die vorgekauten Taktiken und Strategien als fruchtbaren Boden für Eigenes zu verstehen.
Direkten Bezug zum Pokerspiel hatte dann Schawlows zweites Zitat:
Die Frequenz, in der das jeweils Interessante passiert, ist es also, um was es geht? Korrekt! Wer etwa raist, macht Druck, aber ob tatsächlich Handgüte dahinter steckt, kann man oft nicht wissen. Erst die Häufigkeit lässt Rückschlüsse zu. Denn passt Vorgetragenes nicht zur bekannten Verteilung eines guten Blatts, so mag ein Rush die Erklärung sein, meist jedoch ist es ein looser Spielansatz.
Zu guter Letzt ging Hänsch natürlich auf sein Themengebiet, Lasersprektren und den Frequenzkamm, ein. Ich will es nicht zu weit treiben, lieber recht schnell die Brücke zum Pokertisch schlagen.
Hänschs Verdienst ist vor allem Präzision. Er hat ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, mit bahnbrechender Genauigkeit Laserblitze zu erzeugen. Dazu schaltet er mehrere stehende Lichtwellen (so genannte Moden) derartig parallel, dass sich die Brechung am Spalt fast stets gegenseitig überlappt und damit auslöscht. Nur in einer kurzen Phase addieren sich die Wellen und es kommt zum Lichtblitz. Da die Wellen stehen, sind die Phasen wiederkehrend, die Lichtblitze damit regelmäßig – so regelmäßig, dass es dafür den Nobelpreis gab.
Am Pokertisch kommen und gehen gute Blätter. Es kommt und geht der Button. Unser Image wandert von loose zu tight und wieder zurück. Erhoffte Gegner im Pot werden von gefürchteten abgelöst und umgekehrt. Und so weiter und so fort… Meist passt etwas nicht und wir folden – die Moden annulieren sich. Nur wenn die Hand zum potentiellen Gegner, unserer Position und Image passt, so entladen wir unseren Stack blitzartig. Wir nennen dies einen PlusEV Spot. Denn wir werden für diese Spiele öfter belohnt als bestraft, ehe wir wieder abtauchen in die nächste Reihe von Folds – bis endlich das Zusammenspiel der Moden wieder passt…
Zahler zocken – Könner kalkulieren
Stephan M. Kalhamer
the-gambling-institute.de