Kolumnen

WPT Cyprus – Kompakt

1. Was soll das?

Ursprünglich konnte man sich den begehrten WPT-Titel fast ausschließlich auf dem amerikanischen Kontinent besorgen. Lediglich eine europäische Station (Paris: Season I-V; sowie Barcelona: Season VI-VII) wurde bisher durchgängig integriert. In der aktuellen Season legen nun die Veranstalter mit ingesamt 4 Events noch ein paar europäische Kohlen nach. Mit Marrakesh will die Tour wohl zukünftig auch die afrikanische Platte überfallen.
Worauf will ich eigentlich hinaus?
Achja! Scharfsinnig habe ich hier einen Trend erkannt:
Die WPT breitet sich geografisch aus, während die Gesamtanzahl der Events gleich bleibt. Warum? Dem Unternehmen geht es bekanntlich nicht gut. Scheinbar sucht man nach neuen Konzepten, um den rückläufigen Teilnehmerzahlen entgegenzutreten. Ob durch diese Verlagerung nun vor allem neue europäische Spieler gelockt – oder doch die „alten“ US-Hasen durch interessante, neue Plätze fernab des Üblichen reanimiert werden sollen – who knows.
Dass nun gerade Zypern in die Tour aufgenommen wurde, hat sicher die gleichen Gründe, welche auch für die Bahamas im Rahmen der EPT gelten: Urlaubs-Feeling mit Sommer, Sonne, Strand.
Mich als mutmaßlichen Hauptaktionär von WPT Enterprises (immerhin 1000 Stück!!!… à 0,65 €; Stand: letzte Woche irgendwann) freut es jedenfalls, dass die Verantwortlichen endlich versuchen, den Karren aus den Dreck zu ziehen und mein Traum vom unermesslichen Reichtum etwas näher rückt.

2. Wo genau bin ich?

In Kyrenia (türk.: Girne), einer Hafenstadt im Norden Zyperns, welcher zur Türkischen Republik gehört (oder auch nicht). Hier im Merit Crystal Cove Hotel mit 5 tatsächlich, nicht-türkischen, Sternen findet die WPT statt. Mediterrane, 30°C warme Lüftte schnuppernd, fällt man direkt ins Mittelmeer, sobald man aus der Tür tritt: Da bin ich.

3. Warum bin ich hier?

Ein Yellow-Press Magazine hat mich als totalen Berichterstatter engagiert und einen Sommerurlaub for free kann ich nur schwerlich abschlagen. Ok nur fast gratis: Eine Stunde vor Abflug musste ich für den Unterschied zwischen Flughafen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld sowie anschließenden Höllenritt mit einem geisteskranken iranischen Taxifahrer, der mir auf der Fahrt von seinen hingerichteten Familienmitgliedern erzählte, 55 € löhnen.
Fernab meiner Hängematte habe ich dann doch ein bisschen Poker, in Form von Satellites für die WPT, gespielt – mit Erfolg.

4. Was geht hier ab?

Im Mittelpunkt steht natürlich das Main Event, welches mit einen 40k Starting Stack und 90 Minuten Levels sehr gut strukturiert ist. Neben dem üblichen Turnier-Krams mit massenhaft Full Tilt-Big Names, werden hier von Jeff Lisandro ( 3-facher Braceletsieger 2009) High Limit Cashgames in fast allen Varianten organisiert.

3 Dinge, die mich ziemlich stören:

Anmeldung

Auch wenn die Organisation/Durchführung der Events im Großen & Ganzen recht zufriedenstellend ist, fehlen elektronische Systeme für die Anmeldung. Ein Ausweis will niemand sehen, weder im Turniersaal, noch im Casino. Man zahlt in bar und sagt seinen Namen, welcher dann schlicht mit dem Kugelschreiber niedergeschrieben wird. Seat Assignments bekommt man keine – lediglich eine Quittung. Vielfach kommt es dadurch zu Unstimmigkeiten und längeren Wartezeiten. Und ich finde, bei 10k $ Buy In-Turnieren kann das einfach nicht angehen.

Kuss-Geräusche

Wenn man hier das Service-Personal rufen will oder wenn die einheimischen Dealer mit dem Floorman und untereinander in Kontakt treten wollen, machen sie penetrante, schmatzende Kussgeräusche, wodurch sich sofort meine Nackenhaare aufrichten.

Collusion

Bisher hatte ich nur wenige Erfahrungen mit Collusion gemacht. Und die Versuche, bei denen ich zugegen war, gingen glimpflich in die Hose.

Hier jedoch folgende Situation beim 1k $ WPT-Satellite:
8 Uhr morgens. Ich bin am Final Table, 8 Spieler sind noch dabei. Es geht um 6 Seats für das Main Event (welches 4 h später startet) sowie 6,1k für Platz 7.
Blinds sind bei 3k/6k, Ante 500.
Kurz vor der nächsten Pause bin ich mit 70k zwar ziemlich short, kann jedoch darauf vertrauen, dass sich die 2-3 Super-Shortstacks am Tisch innerhalb der nächsten 2 Orbits verabschieden werden.
Weit gefehlt!
Wie üblich in den Pausen, schotte ich mich bei einer Zigarette ab. In dieser Zeit hatten sich offensichtlich mindestens 4 einheimische Spieler abgesprochen. Dann wurde das Spektakel UTG eröffnet mit dem All In des ersten Spielers für 12k. Alle folden bis zum Big Blind. Der hat ca. 150k vor sich stehen, muss noch 6k nachlegen – und: Fold!
Leichtes Schmunzeln und Augenzwinkern am Tisch.
Nach dem fünften Mal hatten sich fast alle Shorties wieder aufgedoppelt und ich fing an zu realisieren, dass ich keine Chance hatte und die letzten 13 Stunden Arbeit wohl umsonst waren. Gegen solch offensichtliches Chip-Dumping hilft nur eins: Ausrasten und Durchdrehen. Als dann wieder zum SB gefoldet wurde, der mit 20k pushte, stand ich auf und nahm den Spieler im Big Blind ins Visier, der durchaus schon mal Poker gespielt hatte und weiß, dass er hier mit any two callen muss. Als dieser dann foldete, fing ich an laut rumzuschreien und wiederholte immer die gleichen Sachen wie: „Stop the game! This is obviously collusion! Call the floor! Fuckin Cheaters!” usw..
Da ich normalerweise als relativ netter, ruhiger Junge am Tich wahrgenommen werde, verstummten Alle und starrten mich ungläubig an. Beide US-Floors kamen an den Tisch und ich gab nochmals, in einem recht langen Monolog meine Meinung über den sich hier abspielenden Bullshit zum Besten. Mir ist schon bewusst, dass die Floormen kaum Mittel haben, um gegen diese Art von Collusion vorzugehen; schließlich kann man niemanden sagen, wann er zu callen und zu folden hat. Aber allein die Tatsache, dass die Floor jetzt genau die Action verfolgten und auch die unbeteiligten Spieler dieses Schauspiel nicht mehr hinnahmen, reichte aus, um dieses extrem unfaire Verhalten zu beenden. Kurze Zeit später war das Turnier logischerweise vorbei.

5. Wie wird es ausgehen?

Da ich bereits an Tag 3 meine Segel streichen musste, tippe ich auf einen Sieg von Huck Seed oder Jonathan Little.


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