Werthan liegt am Pool des Merit Hotels auf Zypern. Er macht sich Gedanken über das harte Leben eines Pokerjournalisten. Antonio Esfaniari, Sorel Mizzi, Chino Rheem, Eric Mizrachi , Michael „The Grinder“ Mizrachi und ein paar einheimische Touristen werfen sich einen Ball im Wasser zu.
Er wird von Rheem gefragt, ob er nicht am Spiel teilnehmen möchte. Sie kennen sich aus Vegas. Diese Einladung kommt aber weniger ob der weit über die europäischen Grenzen hinaus bekannten sportlichen Qualitäten des Werthans, sondern vielmehr um eine ausgeglichene Spieleranzahl auf beiden Seiten zu gewährleisten.
Bei der Auslosung der Teams wird Werthan zum Team „Amerika“ geschickt. Wahrscheinlich deshalb, weil er anders als die anderen „Nichtpokerpros“, zumindest schon einmal dort gewesen ist.
Die einzige Position die noch nicht besetzt ist, ist das am Beckenrand stehende Tor. Werthans Aufgabe ist es nun dieses vor den Angriffen der „Einheimischen“ zu schützen.
Aufgrund der geringen Körpergröße und eher kindlichen Schusskraft der zypriotischen Spieler, hatte er durch seinen auffallend hohen Körperbau relativ leichtes Spiel, um der Pokerpro-Mannschaft zu einem Sieg zu verhelfen. Er wehrte nahezu jeden Angriff ab, notfalls auch mit dem Gesicht. Dies zog zwar Schmerzen, aber auch ein anerkennendes Lob der amerikanischen Pokerprominenz mit sich, welche es zu schätzen weiß, wenn einer eine Pein auf sich nimmt um dem Team zu helfen.
Nach dem Spiel Abklatschen, Schulterklopfen und ein: „Good game“
„Danke, ich hätte gerne ein Interview mit dir, Michael. Irgendwie müssen die Abdrücke des Balles im Gesicht auch honoriert werden.“
„Okay“
Am Abend des Interviews, kommt Michael Mizrachi mit einer Haut, welche eins zu eins mit der Farbe einer Marlboro-Packung abgestimmt worden sein dürfte. Sein Wanken und die Frage nach Aspirin lässt einen Sonnenstich vermuten. Seine körperliche Verfassung völlig ignorierend sagt er:
„Gutes Spiel heute! Morgen spielen wir um halb eins. Kommst du?“
„Klar“
„Cool. Bist du bereit für’s Interview?“
„Sicher. Aber aufgrund deines Zustandes fangen wir vielleicht mit leichten und einfachen Fragen an. Champagner oder Bier?“
„Bier! Champagner ist doch nur etwas für Mädchen. Bier ist einfach ein männlicheres Getränk.“
Michael zieht aus seiner Tasche ein Tube After Sun und cremt sich sein Gesicht ein.
„Live oder Online Poker?“
„Selbstverständlich Live-Poker. Einfach zum Tells sammeln. Ich liebe es die Karten zu spüren, mit den Chips zu spielen und deren Klang zu hören.“
„Das ist der Grund?“
„Das ist schon viel.“
„Stimmt. Du spieltest in Las Vegas nach deinem Turniersieg demonstrativ mit einer Baseballkappe, auf der die Israelische Fahne gedruckt war. Israel oder Amerika?“
„Mein Vater ist Israeli und die Hälfte meiner Familie lebt in Israel. Ich wohne in Amerika. Israel ist ein wundervolles Land, aber ich liebe meine amerikanische Heimat ebenso. Das mit der Kappe war kein politisches Statement, sondern nur ein Zeichen für meine zweite Heimat Israel.“
„Welches Talent hast du, welches dein Bruder nicht hat und umgekehrt?“
„Welcher von den beiden?“
„Robert, weil er den gleichen Namen hat wie ich.“
„Werthan?“
„Nein, Robert“
„Ach so. Er ist besser in Chinese Poker, ich bin dafür stärker in No Limit Holdem. Beide sind wir gut in den Mixed Games. Aber wir sind ungefähr gleich stark und beide sind wir erfolgreich in unserer Pokerkarriere.“
Wieder cremt er sich ein. Sein Gesicht ist dabei leicht schmerzverzerrt.
„Ist Pokerspieler der beste Job der Welt?“
„Weiß ich nicht. Es der einzige Job ist den ich je gemacht habe. Es ist Liebe und Begeisterung für das Spiel. Für mich ist es der beste Job der Welt, aber für jemanden anderen nicht, deshalb ist die Frage irgendwie ein Blödsinn.“
„Ja, du hast recht. Ich hasse diese nächste Frage, aber jetzt stelle ich sie trotzdem: Was würdest du machen, wenn du kein Pokerspieler wärst.“
„Ich hab keine Ahnung. Ich hab auch gar keine Lust und Zeit darüber nachzudenken. Ich spiele Poker seit ich 15 Jahre alt bin, da stellt sich so eine Frage gar nicht.“
„Michael Mizräcki oder Mizrachi? Wie spricht man deinen Namen eigentlich richtig aus?“
„Für die Amerikaner Mizräcki, für die Italiener Mizratschi und die Israelis sagen Mizrachi. Mir ist es egal.“
Er öffnet seine Wasserflasche, nimmt einen großen Schluck und schüttet sich den verbliebenen Teil auf seinen Nacken.
„Verdammt, weshalb muss ich vier Stunden im Pool herumhängen?“
„Gut, dann wieder leichtere Fragen. Du reist viel herum mit Chino, Sorel und Antonio. Wenn man eure Entourage so ansieht, dann habt ihr nur Models dabei. Wo gibt es die schönsten Frauen der Welt?“
„Jetzt sollte ich wohl sagen, dass es meine Frau ist“
Seine Frau sitzt auf der Bank hinter ihm. Sie beobachtet uns und lächelt.
„Das Gespräch kommt auf deutsch. Du kannst also ruhig die Wahrheit sagen.“
„Es ist auf deutsch? Dann wird sie es wohl nie lesen. Die schönsten Frauen der Welt? Überall, jede Frau ist schön auf ihre Art.“
„Wenn es mit Poker doch nichts mehr wird, kannst du ja noch immer Diplomat werden.“
„Ich sah deine Mutter, dich und deinen Bruder am Finaltisch sehr laut railen. Gibt es neben der Ballett-Mutter und dem Tennis-Vater jetzt eine neue Art von Mutter, nämlich der Poker-Mutter?“
„Sie ist einfach Mama-Grinder. Sie unterstützt ihre Kinder am Pokertisch und lässt kein Turnier aus. Außerdem weiß sie, dass wenn sie im Publikum ist, dass sie einen Bonus bekommt.“
„Was machst du heute Abend noch?“
„Ich lege mich in die Badewanne voll mit After-Sun, dann noch ins Casino ein wenig grinden.“
„Okay“
„Fein, und wir sehen uns morgen.“
„Ich bin da.“