Kolumnen

Backgammon ist nichts für Tunten

Ich kenne sie alle. Fast alle. Alle Reichen und Berühmten des Landes. So auch Tobey Wilson. Einer der bekanntesten deutschen Tenöre. Aber der 36-jährige Wahlberliner ist auch einer der besten deutschen Backgammonspieler. Und ein leidenschaftlicher und tatsächlich guter Pokerspieler.

udo1305Wir haben zusammen gepokert; mit ausgeglichener Bilanz, basierend auf seinem extrem hohen Glücksfaktor. Wir haben gegeneinander Backgammon gespielt, mit deutlichen Nachteilen und einer relevanten Klatsche für mich. Tobey Wilson ist übrigens auch bekennender Mau Mau Spieler; allerdings nur in der Heads Up Variante mit zahlreichen Sonderregelungen.

Tobey, welches Spiel eigentlich ist schwerer? Poker oder Backgammon?
Vom Handwerk her ist Backgammon schwerer. Vom Spiel her auch. Besonders bei Texas Hold‘em ist der Radius des Rechnens ja begrenzt; beim Backgammon hingegen kann das Spiel und deine Möglichkeiten nach jedem Wurf kippen. Möglicherweise drastischer als jede neue Karte, die auf den Tisch kommt.

Das bedeutet aber auch, dass man beim Backgammon mehr Chancen zu einer möglichen Reparatur hat.
Ja, du hast mehr Möglichkeiten einzugreifen als beim Poker. Außerdem, bei Backgammon muss ich spielen. Bei Poker habe ich immer die Option, die aktuelle Hand nicht zu spielen. Auch aus mathematischen Gründen. Der schon genannte Rechenradius bezog sich übrigens auf Texas Holdem, bei Pot Limit Omaha ist das schon schwieriger. PLO geht schon mehr in Richtung Backgammon.

Was sind Gemeinsamkeiten der beiden Spiele?
udo_1305Sowohl Poker als auch Backgammon sind klar und eindeutig strategische und mathematische Spiele. Die Outs beim Poker entsprechen der möglichen Würfelkombinationen beim Backgammon. Allerdings habe ich hier bei Backgammon den Vorteil, das ich die Würfe des anderen sehe und mich darauf einstellen kann. Trotzdem muss ich mehrere Züge vorausschauend planen und spielen; bei einer Backdoorposition beispielsweise habe ich das ganze Spiel dann im Prinzip schon fertig vor meinen Augen.

Viele gute Pokerspieler kommen vom Backgammon.
Für gutes Poker ist es sicherlich von Vorteil, wenn man gut Backgammon kann. Umgekehrt nicht so sehr.

Stichwort Glück.
Der Faktor des kurzfristigen Glücks ist allerdings beim Poker höher. Beim Backgammon habe ich den Vorteil, dass ich die Würfe des anderen sehe und mich darauf einstellen kann.

Ist, um bei dem Thema zu bleiben, der 6-er Pasch so was wie die Asse als Starthand?
Anfänger beim Backgammon sind extrem paschgeil. Gute Spieler brauchen nicht unbedingt Päsche. Ein 6-er Pasch beispielsweise ist meistens auch nur im ersten oder zweiten Wurf richtig gut, danach ist er oft kontraproduktiv.

Wie verhält es sich beim Backgammon auf höherem Level mit der Psychologie?
Längst nicht so bedeutsam wie beim Poker. Alleine schon aus dem Grund, dass es ein offenes Spiel ist. Ich sehe die Würfe meines Gegners und die Spielzüge. Beim Poker sehe ich seine Karten nicht, er kann mich hinsichtlich seiner Starthand völlig im Unklaren lassen. Außerdem ist die Ablenkungs- und Überlegungsphase beim Backgammon nicht so hoch; es ist wesentlich mehr Automatismus als beim Poker.

Dennoch aber verbunden mit entsprechendem Zockerfaktor.
Ja, alleine schon wegen dem Verdopplerwürfel. Wenn ich den falsch annehme, habe ich mich komplett verzockt. Dann helfen mir meistens auch keine 6-er Päsche mehr.


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