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Die Puppenbühne von London – von und mit Full Tilt Poker

27 Tage lang haben die Full Tilt Spieler mit Bangen auf den 26. Juli gewartet. Ein öffentliches Hearing zum Lizenzentzug durch die Alderney Gambling Control Commission (AGCC) sollte es geben. Statt Erklärungen und weiteren Entscheidungen gab es viel heiße Luft, einen geglückten Erpressungsversuch und Millionen von enttäuschen Full Tilt Spielern.

Luftnummer, Blow-up oder simpel und weit deutlicher ausgedrückt – Verarschung pur. Das ist die Zusammenfassung des langersehnten Hearings in London. Nach über einer Stunde Verspätung ging es los mit dem Hearing und das gleich mit einer tatsächlichen Neuigkeit. Full Tilt schuldet der AGCC £ 250.000 an Lizenzgebühren. Gut, jetzt weiß man, dass der AGCC die Spieler egal sind, sondern es nur ums eigene Geld geht. Wer das noch nicht verstanden hatte, bekam es noch deutlicher gesagt. Full Tilt erklärte sich bereit, diese Zahlung innerhalb von sieben Tagen zu leisten – wenn das Hearing hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt würde. Die Entscheidung der AGCC war deutlich – ab ins Hinterzimmer und alle anderen raus. Der britische Pro Harry Demetriou fasste es treffend zusammen “What about the interests of the players? Why you are protecting this corrupt company?”

Hinhaltetaktik ohne Ergebnis. Wer gedacht hat, dass die AGCC und Full Tilt in den vier Wochen seit Lizenzentzug an einer Lösung gearbeitet haben, wurde bitter enttäuscht. Das Thema waren umgerechnet rund $400.000, die Full Tilt der AGCC an Lizenzgebühren schuldet. Niemand machte sich Gedanken um die geschätzten 150 Millionen Dollar, die alleine den US-Spielern zustehen. Der Betrag der anderen Spieler ist bis heute nicht beziffert, aber man rechnet mit noch mal soviel. Eine geheimnisvolle Investorengruppe, die auch nach dem Hearing noch immer nicht bekannt ist. Kein konstruktiver Lösungsansatz und gleichzeitig die traurige Bestätigung, dass Full Tilt seit dem Black Friday NICHTS getan hat, außer seine Spieler hinzuhalten.

Wo sind die Gelder der Spieler? Kann das tatsächlich sein, dass kein Cent auf den Konten von Full Tilt liegt? Leute wie Ray Bitar, Howard Lederer oder Chris Ferguson müssen doch wissen wo das Geld ist. Wo bleibt die Verantwortung der AGCC, die Spielerinteressen der Online-Anbieter zu schützen? Sogar das Cereus Netzwerk war so klug, gleich zu Beginn zu sagen, dass kein Geld da sei und hat die Auszahlungslimits drastisch gesenkt. Nur bei Full Tilt ließ man alle Spieler in der Luft hängen. Wer seit dem Black Friday Geld von Full Tilt bekommen hat, kann sich glücklich schätzen.

Die Loyalität der Full Tilt Pros in Ehren, aber wie kann man für einen Online-Anbieter noch werben, der Millionen von Spielern seit Wochen hinhält. Sich hinzustellen und zu sagen „Aber ich hab ja bisher immer mein Geld bekommen“ oder „Die werden schon wieder online gehen“ sind mit Verlaub einfach nur schwachsinnige Aktionen. Sicher, es bringt genauso wenig, sich darüber aufzuregen, aber einfach weiterzubloggen, als wäre die Full Tilt Welt in Ordnung ist genauso heuchlerisch wie das Verhalten von Full Tilt selbst.

Full Tilt hat sich über die Jahre immer sehr eigenwillig in Szene gesetzt. Keiner außer den Teammitglieder selbst durfte öffentlich zum Unternehmen Stellung nehmen. Jetzt aber, wo die Statements und Äußerungen wichtiger wären als je zuvor, hört man auch von denen nichts mehr. Einzig Phil Ivey hat sich zu Wort gemeldet – und sich vom Unternehmen klar distanziert. Würde das ein Phil Ivey tun, wenn er eine Chance sehen würde, dass die Angelegenheiten in absehbarer Zeit geregelt sein werden?

Durch den Black Friday drohen einzelnen Personen, aber auch dem Unternehmen selbst Strafen in Milliardenhöhen. Welcher Investor übernimmt eine Firma, über der das Damoklesschwert nicht nur schwebt, sondern die längst davon durchbohrt wurde? Vielleicht kann man sich mit dem DoJ einigen, aber Strafzahlungen die in die Milliarden gehen, wird es geben. Wenn nun schon die Spielergelder nicht vorhanden sind, woher sollen die Mittel für diese Zahlungen kommen?

Würde Full Tilt Poker wieder online gehen, würden 95 Prozent der Spieler alles und vielleicht fünf Prozent der Spieler einen Teil ihrer Guthaben auszahlen lassen. Aber es würden auch sicher mehr als 70 Prozent der Spieler weiterspielen. Das ist nicht utopisch, sondern realistisch geschätzt. Das ist die Hoffnung der Investoren, denn man würde sofort wieder Gelder in Form von Rake generieren. Aber wie lange würde es dauern, bis das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreiben kann?

Entsetzen macht sich bei mir vor allem über die AGCC breit. Denn die Farce von London hat die AGCC und nicht Full Tilt zu verantworten. Mit dem Ansetzen des öffentlichen Hearings wurden die Hoffnungen der Spieler auf Entscheidungen geschürt. Alles was heute in den sieben Stunden in London passiert ist, hätte schon Tage zuvor geregelt werden können, ohne dass Spieler und Medien unnötig nach London gepilgert wären. Die AGCC sollte als Lizenzgeber Forderungen stellen, stattdessen hat man sich von den Full Tilt Anwälten für £ 250.000 vorführen lassen. Traurige Realität.


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