- Vorwurf: Enrico Camosci soll 1,5 Mio. € aus Pokerturnieren außerhalb der EU nicht deklariert haben.
- Zentrale Frage: Ob er zwischen 2019 und 2023 wirklich im Ausland lebte, könnte den Fall entscheiden.
- Weltklassespieler: Der Bologneser zählt zu den besten Pokerspielern Italiens und lebt offiziell auf Malta.
Der italienische Pokerprofi Enrico Camosci (31) aus Bologna, steht im Mittelpunkt eines Steuerverfahrens der Guardia di Finanza. Laut den Ermittlungen soll Camosci in den Jahren 2019 bis 2023 Preisgelder in Höhe von mehr als 1,5 Millionen € aus Turnieren außerhalb der EU nicht versteuert haben – zu einer Zeit, als er offiziell noch in Italien wohnhaft gewesen sei.
Die Behörden werfen ihm eine unterlassene Einkommenserklärung vor und haben die Summe nachträglich zur Besteuerung herangezogen. Die Grundlage: In Italien müssen Pokergewinne aus Ländern außerhalb der EU vollständig versteuert werden, weil sie dort als reguläres Einkommen gelten. Gewinne aus EU-Staaten hingegen müssen nicht mehr in der Steuererklärung angegeben werden, da sie bereits automatisch an der Quelle besteuert wurden – also z. B. direkt vom Casino oder der Pokerplattform, noch bevor das Geld ausgezahlt wird.
Digitale Spurensuche und Fragen zur Residenz
Die Ermittlungen gegen Camosci stützen sich nicht nur auf Kontodaten, sondern auch auf öffentlich zugängliche Informationen aus sozialen Netzwerken und Poker-Websites. Dabei stellten die Beamten fest, dass Camosci regelmäßig an hochdotierten internationalen Events teilnahm, etwa in den USA, Südkorea oder Monaco.
Ein zentraler Punkt in der Untersuchung ist die Frage nach seiner steuerlichen Residenz. Während Camosci angibt, seit 2015 auf Malta zu leben, gehen die italienischen Behörden offenbar davon aus, dass sein steuerlicher Mittelpunkt bis mindestens 2023 in Italien lag.
Entscheidend für die Klärung wird sein, ob Camosci seinen Lebensmittelpunkt samt wirtschaftlichen Interessen tatsächlich außerhalb Italiens nachweisen kann – was etwa durch Wohnsitz, Aufenthaltsdauer und familiäre Bindungen belegt werden müsste.
Ein Ausnahmetalent mit millionenschweren Erfolgen
Camosci zählt zu den erfolgreichsten Pokerspielern Italiens. Im Jahr 2024 belegte er weltweit Platz 15 im „Player of the Year“-Ranking des Global Poker Index. Er gewann allein im letzten Jahr über 3,2 Millionen US-$.
Der Fall Camosci wirft jetzt erneut ein Schlaglicht auf eine wachsende Herausforderung für die Steuerbehörden in aller Herren Länder: Mit der Professionalisierung des Pokers und der Zunahme digitaler Wettbewerbe verschwimmen die Grenzen zwischen Hobby, Sport und Beruf immer mehr.
Die italienische Finanzpolizei verstärkt daher ihre Kontrollen auch bei sogenannten „lavoratori sportivi“, also professionellen Sporttreibenden – insbesondere im E-Sport und im Online-Glücksspiel. Für Camosci gilt zunächst die Unschuldsvermutung.