Kolumnen

EV ist nicht alles

WSOPE Champion Thomas Bihl hat mich auf ein interessantes Setup hingewiesen. Wir haben kurz, aber intensiv diskutiert und waren zunächst etwas verdutzt: Am Ende lückenloser PlusEV Entscheidungen steht die forcierte Null.

Konkret ist die Rede von einer Werbeaktion seitens Pokerstars für die neu eingeführten Casino-Games. Manche Spieler erhielten ein Angebot über einen $100 Cashback Versicherungsbonus auf mögliche Verluste für den ersten Casinobesuch.

Sollte man das annehmen? Klar.
Denn spielt man nicht, so liegt die Erwartung trivialerweise bei $0.
Setzt man hingegen $100 etwa beim Black Jack, so gewinnt man entweder $100 oder aber man gewinnt eben nicht – zumal die Aktion den Verlust versichert hat.
Vereinfacht ergibt dies eine Erwartung von ca. $50 – zumal ca. jedes zweite Spiel gewonnen wird.

Nehmen wir an, wir haben gewonnen. Sollte man dann ein zweites Mal spielen? Ja.
Denn setzt man nun $200, so beläuft sich der Tagesgewinn entweder auf $300 oder aber man verliert nichts. (Das absolute Minus von $100 wäre ja per Aktion abgefangen.) Analog dem ersten Spiel gerechnet ergibt dies eine Erwartung von $150 und somit $50 additives PlusEV zu den bereits realisierten $100.

Sollten wir im Gewinnfall erneut weiterspielen? Ja.
Denn im nächsten Schritt vergleichen wir den Wert von sicheren $300 insbesonders mit folgender nun optionaler Wette in Höhe von $400. Ein Gesamtgewinn von $700 wird jedes zweite Mal erzielt, was erneut frische $50 PlusEV bedeutet und somit die zu wählende Alternative ist – und es für analoge steigende Folgeschritte auch bleibt! (Gegenkräfte sind: Es braucht einen immer größeren Kapitaleinsatz um den jeweils folgenden „Erwartungs-Fünfziger“ abzugreifen. Das hemmt die Spielfreude zunehmend. Weil real gebotene Odds in Casinospielen naturgemäß etwas unter 50% liegen, folgt schließlich auch nach Erwartung eine späte Spielablehnung – allerdings fast immer zu spät.)

Wann hören wir also realistischer Weise auf? Leider wohl erst dann, wenn wir die Aktion ohne Gewinn beendet haben. Ein interessantes Beispiel welches eindrucksvoll zeigt, wie wichtig Varianzbetrachtungen neben der reinen Hatz nach positiver Erwartung sind.

„Gierbremsend“ also wünsche ich euch eine schöne Vorweihnachtszeit.

Zahler zocken – Könner kalkulieren

Stephan Kalhamer für
gaming-institute.de


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