Kolumnen

Fedor 2.0 – der „Holz-Weg“

Oben sein. Da geht nichts drüber. Meint man – und dann setzt Fedor Holz noch einen drauf. Ein weiterer Sieg. Wieder etwas richtig Großes. Die Ergebnisse der letzten Jahre sind unglaublich, das sagt auch er selbst. Neben dem puren Respekt für seine Leistung imponiert mir jedoch ganz besonders sein Weg zum Erfolg und auch sein Umgang damit.

So haben ihn insbesondere immer wieder Selbstzweifel angespornt, sein aktuelles Limit so lange zu zergliedern, bis er wusste, wie der Hase läuft – erst dann sprang er weiter. Dieser Mix aus Mut und Demut hat sich als konstantes Prinzip auf seinem Weg an die Spitze herausgestellt.

Er hat immer an seiner Entscheidungsqualität gefeilt. Wenn er nur überlegen entscheidet, dann stellt sich Erfolg von ganz alleine ein. Nie linear, nie fair. Manchmal zu zäh, manchmal fies, aber auch zu seinen eigenen Gunsten. Varianz kann auch für einen „laufen“. Es ist eine Frage der Perspektive.

Fedor Holz

Fedor hat seinen Lauf maximal wahrscheinlich gemacht. Er hat ihn von sich verlangt und ihn mit harter Arbeit über Jahre hinweg begünstigt. Er hat eine klare Linie verfolgt und ist dort angekommen, wo er sich sehen wollte.

Und dann hat er erneut entschieden:

Nach all dem Exploiten und Nehmen am Pokertisch entscheidet sich Fedor – zumindest partiell – die Lager zu wechseln und öffnet sich, teilt sein Wissen mit, gibt – anstatt nur von seinen Gegnern zu nehmen. Vor allem gibt er viel mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag: Sein Innerstes preis. Mit seinem Startup „Primed Mind“ öffnet er seine größte Schatzkiste und lässt jeden an der Grundlage seines Erfolgs teilhaben. Er zeigt uneingeschränkt den „Holz-Weg“, seinen Weg, fokussiert auf ein Ziel zu streben, es erreichen zu wollen und letztendlich anzukommen – in Fame-County.

Aus meiner eigenen Erfahrung als Coach kann ich verifizieren, dass dieser Schritt ein ganz großer ist, wenn auch nicht ganz uneigennützig. Geben fühlt sich nicht nur moralisch, sondern auch direkt physisch besser an, als Nehmen. Zumindest auf Dauer. Keiner lebt gerne unter ständigem Neid Unterlegener, keiner wird als „Schlächter“ wirklich glücklich.

Zugegeben: Das Geld auf dem Konto spielt durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn es ermöglicht genau das: Zu geben. Wer nichts hat, kann nicht geben. Das gilt für Finanzen, für Materielles und auch für Wissen. Wer keine finanziellen Rücklagen hat, meint, er müsse sein Wissen für sich behalten, denn es ist sein einziges Kapital. Er hat Angst, dass es ihm „genommen“ wird. Doch kann man jemandem sein Wissen wegnehmen? Nein – man kann es höchstens missbräuchlich eigenverantwortlich in finanzielle Werte wandeln.

Doch wer bereits „ausgesorgt“ hat, sucht nach der größeren, höheren Erfüllung und gibt gerne preis, möchte andere teilhaben lassen an seinem Erfolg – und das ist die wahre Größe und Stärke Fedors: Er anerkennt seinen Status, ohne sich im Olymp der Pokergötter zur Ruhe zu setzen. Im Gegenteil: Er riskiert erneut. Er begibt sich auf unsicheres Terrain, läuft Gefahr, dort von „Gegnern“ geschlagen zu werden, die dieses Gebiet schon seit langer Zeit besetzen, riskiert einen „Verriss“ mit etwas Neuem.

Fedor wird sich aber sowohl als Unternehmer als auch als Botschafter unseres Spiels den gleichen Weg suchen, wie er es am Pokertisch getan hat: Den Weg des Erfolgs. Auch hier wird er mit sich hadern, Selbstzweifel bekämpfen und sich stetig steigern müssen. Doch wer dieses Prozedere kennt, scheut sich nicht vor Niederlagen, denn er weiß: Der Kampf geht über mehr als eine Runde. Kurzfristiges Scheitern ist notwendig, um am Ende als Sieger dastehen zu können.

Es gibt ganz wenige, die sich während einer erfolgreichen aktiven Karriere ein zweites Standbein schaffen, das ihre Passion, ihre uneingeschränkte Leidenschaft verkörpert. Im Bereich der Top-Profi-Sportler deutet sich meist erst gegen Karriereende eine Nachfolge-Laufbahn als Sportmoderator oder als „Experte“ an. Kaum einer wagt es, sich auf dem Zenit seines Wirkens bereits neu zu orientieren.

Mein Freund und Kollege Jan Heitmann ist ein gutes Beispiel dafür, wie es anders laufen kann. Jan ist bereits vor langer Zeit – noch während er aktiv im Welt-Poker-Zirkus unterwegs war – als Coach in Erscheinung getreten und hat als einer der ersten – wohl auch aufgrund seines Studiums an einer renommierten Wirtschafts-Universität – erkannt, wie nahe Poker und Business beisammen liegen. Heute sind Jan und ich diejenigen, die dieses Bild unseres Sports nach außen tragen.

Nun bekommen wir wohl Zuwachs von einem, der, wie Jan und ich, für ein Bild von Poker steht, das als Fachgebiet für gute Entscheidungen akzeptiert und anerkannt wird.

Das wäre toll für unser Thema. Ich wünsche mir, dass unser Spiel durch einen Großen wie Fedor es zweifelsfrei ist, vertreten wird.

Zahler zocken – Könner kalkulieren
Stephan Kalhamer


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
4 Comments
Inline Feedbacks
View all comments