Kolumnen

Früher war mehr Lametta

Keine Sorge, der alten Mann des Pokerns wird jetzt keine seiner Jugenderlebnisse, damals zu Adenauers Zeiten, schildern.
Dem jungen, nachgewachsenen Kartenvergleichsvolk aber sei gesagt, dass es früher auch geil war. Doch, irgendwie geiler. Wer schon jemals Phil Ivey zum Lachen gebracht hat oder mit Gus Hansen morgens um 5 irgendwo gestrandet ist, der weiß, wovon ich rede. Wer schon jemals bei der TV Total Pokernacht (ja, sowas gab es wirklich mal) auf Drängen von Boris Becker ausgeladen worden ist, weiß wovon ich rede. Dabei war ich mehr sarkastisch als despektierlich. Ja, damals.

Ja, damals war mehr Gloria. Und Glanz. Und Freude. Und Freudenhäuser. Ja, damals war mehr Goldgräberstimmung. Gott, waren wir cool, wir Pokerspieler. Wir hatten Lametta und Groupies; Alkoholvergiftungen und jede Woche eine andere Rolex. Von einem Cash Game Opfer, der keine Kohle mehr hatte. Alternativ hatten wir jede Woche eine Uhr weniger, wenn wir das Cash Game Opfer waren.

Ja, damals war mehr Magie. Wie das Spiel halt selber seine ihm eigene, innewohnende Magie hat. Es zieht uns in seinen Bann. Ohne Erklärung, absichtslos und mit großer Raffinesse. Es fasziniert, es hypnotisiert, dieses Spiel aller Spiele. Ja, Poker ist Magie. Manche können Kaninchen verschwinden lassen, wir können Chips verschwinden lassen.

Poker in seiner magischen Erscheinung erinnert an einen Entfesselungsartisten, der uns in seinen Bann zieht. Ab und zu dürfen auch wir in die Manege; als der traurige Clown, der immer über seine zu großen Füße stolpert. Ja, so ist Poker, so sind wir Spieler. Magier, Clowns und manchmal so etwas wie Siegfried ohne Roy. Dem jungen, nachgewachsenen Kartenvergleichsvolk sei gesagt, das die beiden mal gezaubert haben. Damals; das waren die Lieblingsmagier eurer Großeltern.

 


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