Kolumnen

German High Rollers – Gescheiterte Gedanken zu Hermann Pascha

Wenn man als Autor seiner Sache nicht ganz sicher ist, verwendet man in den Überschriften gerne Adjektive wie „gescheitert“, „misslungen“ oder „unvollständig“. Das ist natürlich schlau und ist nebenbei nicht frei von Eitelkeit.

Schlau ist es, weil der Leser sich hinterher nicht beschweren kann, schließlich wird er ja bereits im Titel gewarnt und könnte seine Lebenszeit wahrlich besser investieren. Die Eitelkeit liegt darin, dass man als Autor zwar an der eigentlichen eigenen Intention scheitert, aber dieses Scheitern thematisiert, weil man selbstverliebt glaubt, etwas viel Größeres und Wichtigeres geschaffen zu haben. Quasi, eigentlich wollte ich erklären, warum Hermann Paschas Frauenbild so unerträglich ist, habe dabei aber irrtümlich die großen Fragen der Menschheit besprochen und erklärt. Sorry dafür.

Diesmal bin ich wirklich in Ratlosigkeit gefangen. PokerStars German High Rollers – die Pokerzukunft hat begonnen und ich habe mich köstlich amüsiert und weiß trotzdem nicht, wie es weitergehen soll. Gibt es Poker nach Pascha im DSF und wer sollte den quasi Unersetzlichen ersetzen, wenn es ihm eines Tages keinen Spaß mehr machen sollte, schlechtes Poker mit schlechten Witzen ein wenig besser zu machen.

Alice Schwarzer hat mal den Begriff der „Feldbuschisierung“ geprägt, damals als die steuerrechtlich noch unbefleckte Verona lediglich für piepsige Stimme und virtuose Verwendung der deutschen Grammatik stand. Beim Poker ist das Phänomen anders, das Spiel mit den Karten war immer schon „paschanisiert“. Es wurde nur kurzfristig von milchgesichtigen Studenten erst ganz entführt und jetzt dürfen diejenigen, die eigentlich die kulturelle Oberhoheit über dieses Spiel haben, als skurille Randfiguren dabei sein und müssen zahlen auch noch dafür. Und das nicht zu knapp.

Eine gewisse Parallele zum amerikanischen Umgang mit den Ureinwohnern – die können zwar heute auch die Nationalparks besuchen, müssen aber ein Ticket kaufen und sind angehalten, keine wilden Tiere zu füttern. – Hermann Pascha ist quasi der Indianer in der Runde und in der Rolle scheint er sich ganz wohl zu fühlen. Wobei er ist nicht alleine. Markus Golser ist – und das meine ich als Kompliment – durchaus auch ein Indianer der Nacht. Würden morgen alle Spielkarten der Welt zu Staub zerfallen, hätte er sicher so manche Idee, wie man überleben könnte und keiner der in Frage kommenden Jobs würde wohl vom Arbeitsamt vermittelt werden (außer vielleicht am Arbeitsamt in Kasachstan).

Joram Voelklein

Dasselbe gilt in Maßen für Joram Voelklein, der macht seine Sache gut und ist enthusiastisch dabei, ohne auch nur einen Moment nachteilig aufgeregt zu wirken. Soll ihn die attraktive getränkebringende Blondine mit dem appetitlichen Dekolleté doch ruhig während eines großes Pots aus der Konzentration reißen, er gibt höflich Antwort und amüsiert sich, um dann gegen Sandra Naujoks doch endlich seine große Hand wegzulegen.

Aber zurück zum Eigentlichen. Ist Pascha tatsächlich der Pascha, der er da vorgibt zu sein oder spielt Pascha Pascha nur? Und wo läge da der Unterschied und wer könnte das im Fall des Falles kompetent unterscheiden? Und die zweite Frage, die ich mir stelle, wer ist da der Dumme in dem Spiel – oder handelt es sich um einen der seltenen Glücksfälle, wo alle das bekommen, was sie möchten und letztlich verdienen?

Ich bin aufgewachsen mit diesen Witzen und dieser Haltung am Spieltisch und einige Zeit lang dachte ich, ich sei der Schlaue und die, die das tun, was sie nicht können, seien die Dummen. Irgendwann einmal spät in der Nacht, als ich ein schönes Sümmchen vorne war und mein Gegenüber entsprechend im Brand sagte er folgendes: „War vielleicht doch nicht schlau, gegen dich Heads-up zu spielen, aber andererseits, wenn ich schlau sein will, fahr ich ins Büro und geh nicht Karten spielen“, stand auf, stieg in sein € 100.000 Auto um in sein € 2.000.000 Penthouse zu fahren. – Ich freute mich derweil, dass ich mit der Beute der Nacht am nächsten Morgen fünf der sieben übelsten Rechnungen bezahlen konnte, aber wer der Schlaue und wer der Dumme war, schien mir nicht endgültig geklärt.

Hermann Pascha

Hermann Pascha spielt Poker, wie er Poker spielt, einfach weil er es sich leisten kann und dieser ganze mäßig amüsante Unrat plaudert aus ihm heraus, weil es niemanden gibt – außer mit Abstrichen Joram Voelklein – der ihn dabei stoppen könnte. Aber Hermann Pascha hat auch seine Grundsätze, er spielt zum Beispiel quasi niemals gegen Frauen. Im konkreten Fall gegen Sandra Naujoks. „Wenn du dabei bist, bin ich immer weg.“ Vielleicht gibt es ihn ja wirklich den „Planet der Frauen“. Ein Ort des Fluchs und des Segens für Hermann Pascha, weil ihm einerseits das Spielen wirklich Spaß zu machen scheint, andererseits jede nicht gespielte Hand bares Geld in der Bilanz bedeuten muss.

Einmal spielt er dann doch unabsichtlich eine Hand gegen Sandra. Beide treffen nicht und Pascha spielt einen großen Betrag von vorne hinein. Wieder einer dieser Momente, wo ich mich ärgere, dass mein Fernsehgerät zwar zwei Lautsprecher, aber kein Mikrophon eingebaut hat. Ich brülle mir die Seele aus dem Leib: “Bezahl Sandra, bitte bezahle!“, aber sie hört mich nicht oder will mich nicht hören und schmeißt weg.

Aber es ist zugegeben einfach nicht leicht, gegen die Paschas dieser Welt zu spielen. Das war früher nicht viel anders und außerdem gab es in den alten wilden Zeiten noch ein erheblich höheres persönliches Risiko. Legendär der Auftritt einer Wiener Unterweltgröße. Konsequent alkoholisiert und umnebelt von südamerikanischer Homöopathie verlor er einen Riesenpot mit seinem letzten Geld am Tisch. Beziehungsweise hätte er diesen Pot nach der weltweiten Pokerjudikatur verloren, weil vier Pik nun mal als Flush nicht reichen und das Kreuz am River zwar auch schön schwarz funkelt, aber trotzdem nicht gilt. Im konkreten Fall stand der Grande der Granden auf, schob die Scheine säuberlich zusammen, steckte sie ein und mit einem herzlichen „Ihr könnt alle miteinander scheißen gehen“ verließ er das Lokal. Bis zum heutigen Tage ist ungeklärt, ob er die Wertigkeit der Karten falsch gesehen hatte oder einfach keine Lust mehr hatte zu verlieren. Und auch ich persönlich würde mich noch eher in einem rostigen Fass die Niagarafälle runterspülen lassen als da nachzufragen. Insofern gibt es da bei den gesellschaftlichen Begegnungen am Spieltisch einen großen Fortschritt. Statt Freitag Abend bei Eddie Zimmermann mit ungelöstem Aktenzeichen gibt sich heute Michael Körner beim DSF die Ehre.

Sandra Naujoks

Aber die neue Zeit hat nicht nur Vorteile. Manchmal bekomme ich da auch durchaus nostalgische Gefühle. Zum Beispiel als sich Hermann Pascha mit folgender Frage an Sandra Naujoks wendet: „Kennst du Frauen-Viagra?“. Sandra verneint und fragt, ob sie das kennen sollte. „Ich hab‘s einstecken“ erwidert Pascha, holt einen € 500 Schein aus der Tasche und legt ihn mit den Worten: „Das ist Frauen-Viagra“ auf den Tisch . – Zugegeben, ich musste auch lachen. Ich bin einfach so mies erzogen und umgebe mich konsequent mit den falschen Freunden. Allerdings hat sich auch bei solchen Witzen was geändert. Zu meiner Zeit war die Welt einfach noch viel türkischer, da wäre so ein Witz der Beginn einer Schlägerei gewesen. Vorausgesetzt Sandras Freund wäre gerade nicht eingesperrt oder an den Rollstuhl gefesselt gewesen. – Das wäre mal eine Schlagzeile gewesen in der BILD und die nächste Einschaltquote wäre in astronomische Höhen geschnellt. Ich bin auf jeden Fall wieder dabei und freue mich auf die nächste Sendung. Dragan Galic ist dabei und vielleicht wechselt auch Kollege Kang wieder zum Kartentisch und dann werden auch die heute unbesprochenen Spieler besprochen.

PS: Ein kleiner Nachtrag noch. Nachdem Hermann Pascha öffentlich darüber räsoniert hat, dass es zwar Witze über Türken, Juden und Ostfriesen gäbe, aber nicht über Lesben, weil die scheinbar so uninteressant seien, regt sich mein Widerspruchsgeist und ich helfe meinem Facebook-Freund Pascha gerne diese Wissenslücke zu schließen. Was ist eine lesbische Blondine? – Eine Verschwendung.

PPS: Und ein böses Zitat hätte ich auch noch. Quasi zur Ehrenrettung von Sandra und weil mich ihr schwarzer enger Rollkragenpullover so an die junge Juliette Greco erinnert hat. Von der gibt es folgendes Zitat: „Das Geld ist leider eine Sache, für die man am meisten bezahlen muss“. – Vielleicht war die Währung die Pascha auf dem Weg zum Reichtum zahlen musste, das was man Klasse nennt.


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