Kolumnen

Herzflush mit Kicker Herz

Niemand fragt mich um die Beschaffenheit meiner inneren Landschaft, meines Wohlbefindens, meiner aktuellen Laune.
Keiner versteht mich und meine Pokeransätze. Selbst ein so tighter Spieler wie der Galic, der noch immer nicht mein Fold in the dark verstanden hat, obwohl er mir schon ein paar Mal zugeschaut hat. Und auch Ferguson, das Mathegenie, hat mir immer noch keine Relevanztheorie und keine Plausibiltätsrechnung erstellt und zugeschickt (obwohl er das hoch und heilig versprochen hat) zu meinem innovativen Ansatz, mittlerweile die ersten vier Hände in the dark zu raisen.

Ja, ihr hört richtig, die ersten vier. Man muss sein Spiel schließlich anpassen und optimieren. Und ich bin auf dem besten Weg dahin; ich spiele derzeit das beste Poker meines Lebens. Das es trotzdem nicht so wirklich erfolgreich umgesetzt wird, liegt nicht an mir. Natürlich nicht.

Schuld sind immer die Dealer. Das musste ich die letzten Wochen leidvoll erkennen. Und komm mir jetzt bitte keiner mit dem unsinnig tranzentalen, oriental buddistisch nächstenliebenden Spruch, dass Dealer auch nur Menschen sind.

Ja, es sind tolle Mitmenschen, wenn sich der Draw erfüllt. Oder bei einem Missdeal, wenn die Karten eh schlecht sind. Hat man aber zwei Asse und alles muss zurück oder erfüllt sich entweder die Straight als auch der Flush Draw auf dem River nicht, wird garantiert anderes argumentiert. Natürlich ist es die Schuld des Dealers, wenn man die Hand verliert. Wessen sonst? An unserem Können und unserer genialen Spielweise kann es nicht liegen. Und dann, spätestens dann, darf man Dealer auch entsprechend beschimpfen. Meine Worte, meine empathischen Auswüchse hierbei richten sich nicht danach, ob sie politisch oder sittlich korrekt sind. Wozu lernen wir das denn eigentlich täglich im Nachmittagsprogramm der deutschen Privatsender?

Im Originalwortstamm ist ein Dealer ja ein Händler. Im- und Export. Drogen und Frauen aus Polen, bezahlt mit Autos aus Deutschland. Der Pokerdealer handelt nicht. Oder, wenn ich mal wieder unglücklich verliere, grob fahrlässig. Was mischt der auch so bescheuert? Bestimmt auch so einer, der als Junge die Klamotten der Nachbarkinder auftragen musste. Welches aber leider alles Mädchen waren.

Ein vernünftiger Dealer gibt mir regelmäßig meinen Herzflush mit Kicker Herz. Oder mein Bubenpärchen mit Kicker Jack. Nein, das ist kein geschwollener und kategorischer Imperativ – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Nicht runterschlucken wie eine Auster. Langsam wirken lassen wie Gänsestopfleber. Und dann anfangen, darüber nachzudenken. Denn – es ist extremst tiefsinniger und hintergründiger Humor wie zu besten Zeiten der alten englischen Komiker. Von einem Wort- und Sprachkünstler par excellence. Ja, das ist schon fast Monthy Python. Das ist was für „Verstehen Sie Spass“, aber in der älteren Variante mit Harald Schmidt. Der könnte ein ganzes Buch über diese Thematik schreiben. Stefan Raab übrigens auch. Das ist Humor für Fortgeschrittene; im Prinzip schon fast vergnügungssteuerpflichtig. Schließlich zahlt man für Schmidt in der ARD ja auch und gerne.

Tatsächlich sind es aber auch oft gehörte, ernstgemeinte Bonmots von Mitspielern am Tisch, die es, auch wenn es zu glauben schwer fällt, tatsächlich ernst meinen. Skurril und leicht peinlich wird es nur, wenn dieselben Spieler; und aus Datenschutzgründen und unter rechtlicher Wahrung der Persönlichkeitsrechte möchte und darf ich hier keine Namen nennen; drei Hände später „under the sun“ sind.

Wahrscheinlich wirklich zu lange ohne den nötigen Schutz in der Sonne gewesen. Aber egal ob Sun ob Gun, auf jeden Fall Fun. Und König Vier off muss man under the sun auf jeden Fall mit viel Fun mal reraisen. Schließlich fehlen ja nur noch maximal sieben Karten für den Gunshot. Das ist doch machbar. Nicht immer, aber immer öfter. Oder so. Oder auch nicht. Woher soll ich das denn auch wissen? Ich spiel so Hände ja nicht.

Auf jeden Fall no risk, no fun. No risk, no sun. Wahrscheinlich hat da einer den Sunshot nicht gehört. Oder nicht getroffen. Oder er halt nur eine Straße, aber mit einem extrem schlechten Kicker. That‘s Poker.

So, also, nun, ich habe gesprochen, so soll es geschrieben sein. Tschüss, Volk.
Ich muss mich jetzt um meine Augenringe und das wirklich schlimme, mich persönlich zutiefst berührende Schicksal von Cindy kümmern.

Nur noch, das jetzt wirklich abschliessend eine Entschuldigung. Auf starken öffentlichen Druck muss ich mich bei Lothar Matthäus entschuldigen. Er war im letzten Monat nicht bei der Auswahl zum „Pimmel des Monats“. Das war ein grobes, unentschuldbares Versehen von mir. Außerdem – das bestätigen mir gerade seine albanischen Freunde mit den Baseballschlägern in der Hand – ist er ein extrem guter Pokerspieler.

Cindy, ich eile.


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