Kolumnen

Ich verstehe Poker nicht …

…. trotzdem liebe ich es. Irgendwie. Es ist eine ambivalente, gestörte Beziehung. Es wird innig geliebt, trotzdem hält man seine Anwesenheit nicht ständig aus. Auch wenn es elektrisiert, muss man manchmal Abstand halten; ein paar Schritte zurückgehen und es aus der Ferne betrachten. Wie Künstler es vor ihrer Staffelei machen, um ein begonnenes Bild kritisch zu beurteilen. Ein Sich-Entfernen birgt auch Gefühle und Leidenschaft.

Manchmal ist es hochgradig zum verehren, manchmal müssen wir es geringschätzen, um uns selber zu finden. Oder um uns selber zu retten. Manchmal macht man sich Hoffnungen; meistens wird man enttäuscht. Vom Spiel selber, vor allem aber von sich selber. Eine meistens tragikomische Episode seines Kartenvergleichslebens.

Manchmal ist es bar jeder Herzlichkeit, und haut einem auf die Ohren bis es blutet. Trotzdem halten wir die Schmerzen aus und verlangen Genugtuung. Manchmal gehen wir auf Abwehr, meistens jedoch werden wir erobert. Vom Theoretischen der Gefühle gehen wir über in die praktische Liebe. Und haben mehr als häufig Herzschmerz. Werden erniedrigt, werden verlassen. Aus einer Affäre wird ein Rosenkrieg.

Es verspricht uns viel. Und hält meistens nichts von dem, mit dem wir angelockt wurden. Kein Nektar, kein Himmel, keine Jungfrauen. Es ringt uns eine Prüfung ab, die wir meistens nicht bestehen. Es will mit uns in Bett gehen, um zu beweisen, das wir impotent sind.

Ja, es ist ein widersprüchliches Gebaren. Ein widersprüchliches Vergnügen.
Ja, in der Tat, ich verstehe Poker nicht immer, und ich kann es auch nicht sonderlich beeindruckend. Zumindest aber beim Rebuy bin ich schon richtig gut.


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