Kolumnen

Mittendrin und suchtfrei

Auf meinem Trip durch die Vereinigten Staaten von Amerika bin ich nun mittendrin angekommen. Mittendrin im Kartenknickeldorado. Im Mekka der Chipfetischisten. Der heilige Gral. Das Nonplusultra. Alles was das Herz begehrt.

foto 1 pokerfirma 18.8.Ich bin jetzt seit vier Wochen in Urlaub. Vier Wochen meistens ohne WLAN. Ich habe wirklich nette Menschen kennengelernt; eine sagt sogar, dass wir verheiratet wären. Krass. Vier Wochen aber auch ohne groß gepokert zu haben. Ja, es gibt tatsächlich andere Dinge neben dem Poker. Vor allem im Urlaub. Und ich habe nicht einmal Entzugserscheinungen. Ich hatte meine Sucht im Griff.

Die nicht immer wirklich gesunde Sucht nach Schmerz und nach Erniedrigung. Die ambivalente Sehnsucht, verprügelt zu werden. Mal so richtig aufs Maul zu kriegen. Und das immer wieder aufs Neue. Selbstheilende Kräfte sind nicht im Spiel; durch ab und zu mal kleine Erfolge oder das was wir dann für Erfolge halten, steigt das Suchtpotential erneut an. Bei der vielleicht nicht ältesten, aber bestimmt drittschönsten Freizeitnebenbeschäftigung der Welt. Selbstbespaßung pur. Ohne dass man davon taub wird. Bestätigung auf hohem Niveau mit einem nicht immer gelungenen Abgang. Befriedigung eines selbst durch sich selbst. Keine christliche Nächstenliebe, aber Liebe am Nächsten. Mit seinen eigenen Händen. Und mit Händen, die einem gegeben werden. In immer obsessiver werdenden Wiederholungen. Ohne Rücksicht auf körperliche Folgeschäden. Kartenspiel als Lustgewinn; ohne verwerflichen moralistischen Anspruch. So ist das mit der Sucht. Braucht im Prinzip kein Mensch. Aber man braucht auch keine Geschlechtskrankheiten oder Schnupfen. Man braucht keine Erdbeben und sonstigen Katastrophen.

Gut, dass ich meine Sucht im Griff habe. Dass ich übrigens meinen neuen Hamster Horst getauft habe, hat nichts mit Poker Sucht zu tun. Nach dem Fold ist vor dem Flop. Oder andersrum. Daran ändert auch die variantenreichste Varianz nichts.

Ich habe zwischenzeitlich Las Vegas wieder verlassen. Fiel mir gar nicht schwer. Woanders ist schöner, irgendwie. Und ich habe tatsächlich keine Karte dort angefasst. Im Mekka, im Heiligtum des Full Houses. Und schon bald wieder Zentrum des öffentlichen Interesses. Wenn der Main Event Sieger ausgespielt wird. Noch steht er nicht fest. Die übriggebliebenen neun Spieler dürfen noch üben; durften nochmal nach Hause, bevor sie sich dann wieder hier im Mekka hinsetzen dürfen. Und einer von denen muss dann tatsächlich ein Armband anziehen. Leider ist kein Landsmann mehr dabei.

Ja, ich bin wieder weg aus Vegas. Hometown of fat ladies and billige Schlampen. Wenigstens aber habe ich 5 Dollar beim Automaten-Black-Jack gewonnen. Ich Held.

foto 2 pokerfirma 18.8.


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