Pokerstrategie

No Deal

Ich gebe es zu. Wenn ich die Überschrift „Irrwitziger Deal beendet Sunday Storm Turnier“ sehe, dann muss ich einfach den Artikel dazu lesen – und meine Beweggründe sind nieder. Ich will nicht mit jemandem lachen, sondern über ihn. Zu meiner Überraschung durfte ich gleich doppelt unfein grinsen als ich folgende Passage las:

„Die finalen zwei Spieler, der Kanadier “PlayaPlz” und der Lette “RihardsB13″, einigten sich beim $11 Sunday Storm auf einen Deal. Wie genau die Deal-Verhandlungen verliefen, ist nicht bekannt. Nur mit dem Ergebnis dürfte vor allem der Zweitplatzierte nicht zufrieden sein. Ohne einen Deal hätte er als 2ter ein Preisgeld von $22.712,65 kassiert. Nach dem Deal kassierte er aber “nur” noch $22.605,03. Macht einen Verlust von $107,62. Gut, auch der Sieger profitierte jetzt auch nicht wahnsinnig von dem Deal: für Platz 1 hätte es eigentlich $31.637,12 gegeben. Er bekam am Ende immerhin $31.744,74. Das macht das Plus von unseren $107,62.“ ( Quelle: http://www.poker-magazin.at/irrwitziger-deal-beendet-sunday-storm-turnier/91980)

Der direkte Lacher liegt auf der Hand. Aber was bitte geht hier ab? Wie kann man schreiben: „Gut, auch der Sieger profitierte jetzt auch nicht wahnsinnig von dem Deal“. Das ist komplett falsch und wird hoffentlich von vielen auch direkt bemerkt.

Konkret ist es doch so, Deals sollen Varianz mildern und erwartungsnäher auszahlen.

–    Wähnen sich die Spieler gleich auf, so mittelt man einfach die beiden Preisgelder und beendet das Ding paritätisch mit 50% des verbliebenen Preisgeldes für jeden: (31.637,12 + 22.712,65)/2 = 27.174,88
–    Kommen beide Spieler überein, dass einer dem anderen überlegen ist, so verhandelt man automatisch über den Grad der Überlegenheit (ob nun spielerisch oder chiptechnisch) und berechnet dann entsprechend. Geht man etwa davon aus, der Chipleader sei 80%iger Favorit auf den Sieg, führt zu folgendem Deal: 80% x 31.637,12 + 20% x 22.712,65 = 29.852,23 für den Chipleader und entsprechend 20% x 31.637,12 + 80% x 22.712,65 = 24.497,54 für den Underdog.

Die natürlichen Grenzen liegen auf der Hand. Man kann nicht sicherer als zu 100% gewinnen oder eben verlieren. Das heißt, man darf einfach kein Angebot annehmen, welches unter der bereits erreichten aktuellen Preisstufe liegt. Unmittelbares Abschalten und Ausblinden wäre besser! Deshalb lacht man über den „dummen“ Zweitplatzierten.

Wenn allerdings noch im Lachen ein Lapsus wie obiger Satz passiert, zeigt man ungewollt deutlich, dass man den Witz eigentlich gar nicht verstanden hat. Das ist dann an sich wieder witzig.

Wenn genau zwei Teilnehmer ein Geschäft abwickeln, es also keine Außeneinflüsse gibt, und man sich erdreistet, über den schlechten Abschluss des einen zu lachen, wie kann man dann im selben Atemzug schreiben, dass der andere nicht wesentlich bei profitieren würde? Wer denn sonst?

Wem gegenüber macht denn der Zweitplatzierte einen Fehler, wenn nicht gegenüber dem einzig anderen im Spiel? Warum wäre es denn überhaupt ein Fehler, wenn der Gegner kein Kapital draus schlagen würde? Woher kommt denn der Spruch von „a chip and a chair“? Aus is erst, wenn’s vorbei is. Das sollte man nie vergessen und es an beiden Enden gleichermaßen verstehen.

Gratulation also an den Sieger. Er muss unglaublich dominant gewirkt haben. Sein Gegner hat seinen Sieg schließlich zu 101,2% akzeptiert! (101,2% x 31.637,12 + (-1,2%) x 22.712,65 = 31.744,21). Was für ein Auftritt.

Zahler zocken – Könner kalkulieren

Stephan Kalhamer für
gaming-institute.de


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