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Poker auf der Theaterbühne: „Dealer’s Choice“ feiert Comeback in London

  • Revival mit Tiefgang: Das 30-jährige Jubiläum von Dealer’s Choice begeistert im Donmar Warehouse mit kluger Männerstudie und starken Bildern.
  • Hammed Animashaun brilliert: Als charmant-chaotischer Mugsy verleiht er der Inszenierung Herz, Witz und Hoffnung.
  • Poker als Metapher: Die Kartenrunden entlarven männliche Selbsttäuschung, toxische Dynamiken und emotionale Abgründe.

Patrick Marbers Debütstück „Dealer’s Choice“ aus dem Jahr 1995 erlebt aktuell eine gefeierte Neuinszenierung im Donmar Warehouse in London. Mit pointierten Dialogen und britischem Witz seziert Marber Themen wie Spielsucht, toxische Männlichkeit und familiäre Konflikte.

Eine Theaterbühne mit rotem Vorhang.
In Dealer’s Choice wird Poker eine Bühne geboten.


In dem Stück geht es oberflächlich um eine Gruppe männlicher Restaurantmitarbeiter, die sich regelmäßig sonntags zu einer Pokerpartie im Keller des Lokals trifft. Im Zentrum steht der hitzköpfige, aber gutherzige Mugsy, der davon träumt, ein eigenes Restaurant in einer alten öffentlichen Toilette zu eröffnen. 

Die Neuauflage unter der Regie von Matthew Dunster wurde anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Stücks inszeniert und überzeugt mit einem durchdachten Bühnenbild sowie einer dynamischen zweiten Hälfte. Dabei wird das Publikum mithilfe aufwendiger Bühnentechnik quasi mit in den Keller „hinabgezogen“, wo das eigentliche Pokerspiel stattfindet – ein symbolischer Abstieg in die seelischen Abgründe der Figuren. 

Poker als Spiegel männlicher Selbsttäuschung

Während viele Kritiker die Wiederaufnahme als „unglaublich gut“ feiern, zeigen sich andere Stimmen reservierter. The Guardian bemängelt etwa das Fehlen echter Dramatik bei vielen Figuren, nennt das Stück in Teilen oberflächlich und dramaturgisch blass. Doch auch dort wird Hammed Animashauns Darstellung des Mugsy als „herausragend“ hervorgehoben. Neben ihm glänzen Darsteller wie Brendan Coyle als bedrohlich-ruhiger Gläubiger Ash und Daniel Lapaine als kontrollsüchtiger Restaurantbesitzer Stephen.

Generell loben Kritiker die atmosphärische Dichte, den schwarzen Humor und die scharfe Beobachtungsgabe Marbers, die auch ohne tiefere Pokerkenntnisse funktioniert. 

Dealer’s Choice ist aber keine echte Hommage an das Spiel selbst, sondern nutzt Poker eher als Metapher für das männliche Streben nach Kontrolle, Anerkennung und Selbstwert. Jeder der Charaktere glaubt, das Spiel zu beherrschen – doch letztlich verlieren sie gegen sich selbst. Die Figuren wirken wie gefangen in ihren eigenen Routinen und Versagensängsten. Nur Mugsy scheint trotz aller Rückschläge seine Hoffnung nicht zu verlieren – was ihn, im Kontrast zu den übrigen Charakteren, beinahe zum Helden des Stücks macht. 

Die Inszenierung läuft noch bis zum 7. Juni – und wird bereits als eine der eindrucksvollsten Theaterproduktionen der Saison gefeiert.


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