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Protest-Kundgebung vor dem Casino Berlin

Es ist ein kalter, nebliger und trüber 9. November in Berlin. Das triste Wetter passt zur Stimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem neuen Casino Berlin. Einige Dutzend Kolleginnen und Kollegen haben sich vor dem Haupteingang postiert, um zu kämpfen. Sie kämpfen um ihre Arbeitsplätze im Großen Spiel, d.h. am Roulette, bei Black Jack und Poker.

Es geht den Männern und Frauen darum, auf offensichtliche Pläne des Casinomanagements aufmerksam zu machen, das Lebendspiel nicht mehr ins Angebot des neuen Casinostandorts aufzunehmen. Dazu haben sie vor dem Casinoeingang einen Roulette-, einen Black Jack- und einen Pokertisch aufgebaut, ihr ureigenes Arbeitsmobiliar sozusagen. Natürlich ist es kein Original-Casinoequipment, sondern wurde vom Mobilcasinovermieter „Plein-Cheval“ zur Verfügung gestellt.

Betriebsräte und Vertreter von Verdi sind zugegen, sämtliche Hauptstadtmedien wurden eingeladen, und man versucht durch Presseinfos und Handzettel auf die miserable Situation aufmerksam zu machen. Der Berliner Innensenator Körting als Verantwortlicher für die Lizensierung wurde angeschrieben, ebenso das Berliner Abgeordnetenhaus.

Besucher, Passanten und Pressevertreter können sich im Spiel (natürlich nicht um Vermögenswerte) versuchen.

Zum Hintergrund: Anfang Oktober wurde das Casino aus der 37. Etage des Park Inn Hotels Am Alexanderplatz in das Sockelgebäude des Fernsehturms verlegt. Die „grandiose Eröffnung“ des „aufregendsten Spielplatzes der Hauptstadt“ geriet zu einer mehr als dürftigen Veranstaltung, denn im neuen Haus dudeln seitdem nur zahllose Automaten. Spieltische waren damals keine zu finden, sind es bis heute nicht.

Hintergrund ist ein Streit zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung über eine Betriebsvereinbarung zur Videoüberwachung des Lebendspielbetriebs und der damit generierten Informationen, die an die Westspielzentrale in Duisburg übertragen werden sollen.

Die Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat der NDSC (Neue Deutsche Spielcasino GmbH & Co., eine Tochter der Westspielgruppe) sollte die betriebliche Durchführung der Videoüberwachung unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes ermöglichen. Weil eine innerbetriebliche Einigung nicht möglich war, wurde eine Einigungsstelle tätig, die am 25.09.2010 mit einem Spruch, der die Einigung ersetzte, endete. Die Festlegung der Einigungsstelle wird von der NDSC mit der Einrichtung und Inbetriebnahme der Videoüberwachung technisch umgesetzt, das klassische Spiel wurde dabei aber am neuen Standort nicht mit eingeführt.

Deswegen findet seit der Neueröffnung kein Live-Spiel statt und 35 Croupiers bekamen am 30. September von der Geschäftsführung per Brief mitgeteilt, dass sie bei Fortzahlung der Bezüge mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt seien.

Betriebsräte und Verdi-Vertreter mutmaßen, dass es klares Ziel der Geschäftsleitung ist, kein personal- und kostenintensives Live-Game mehr ins Angebot aufzunehmen.

Nach Ansicht von Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten verstößt dieses Vorgehen klar gegen den ordnungspolitischen Auftrag, den das Berliner Spielbankengesetz (SpBG) für Spielbankenbetreiber vorsieht. In den zwei in Berlin konzessionierten Häusern sollen sowohl Lebend- als auch Automatenspiel angeboten werden, um „das natürliche Spielbedürfnis der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken und ein Ausweichen auf illegale Glücksspiele zu verhindern“ (Zitat aus der Selbstdarstellung des Deutschen Spielbankenverbands DSbV, dem die NDSC angehört).

Die heutige Kundgebung der freigestellten Casinoangestellten ging bis ca. 14:00 Uhr. Es bleibt zu hoffen, dass sie mit Ihren Aktionen Erfolg haben, denn die Hauptstadt hat allemal genug Kundenpotenzial für eine Spielbank und ein Casino mit dem vollen Programm an Livegames wie Roulette, Black-Jack und insbesondere Poker.

Was die Hauptstadt aber keinesfalls braucht, ist eine weitere Daddelhalle, selbst wenn diese den Namen „Casino Berlin“ tragen darf. Daddelhallen gibt es in Berlin wahrlich viel zu viele.


14 Comments
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Nornert S.
12 Jahre zuvor

Danke für den interessanten und fundierten Bericht! Den Mitarbeitern ist zu wünschen, dass sie mit ihrer Aktion Erfolg haben und Westspiel zwingen alle Spiele anzubieten, die das Berliner SpBG vorsieht. Anderenfalls muss dem Betreiber die Konzession entzogen werden.

bÄrliner
12 Jahre zuvor

ich hoffe auch das bald wieder Poker am Alex angeboten wird. Hättet ihr mal früher einen artikel veröffentlicht, dann währen bestimmt ein paar casinoregulars zur unterstützung gekommen 🙂

birne
12 Jahre zuvor

Wird denn das Hütchenspiel auch wieder angeboten, dass den Alexanderplatz früher groß gemacht hat, zumindest in dieser Umgebung. Ich würde gerne mal wieder den ein oder anderen Hunderter riskieren bei einem symphatischen Kosovo Albaner1

der liebe Gast
12 Jahre zuvor

Gabs Freibier?

weisshaar
12 Jahre zuvor

hütchenspiele … das überlaßt mal den duisburgern zentral-hero´s, die dortmund, aachen, berlin …. zersägt haben. und es ist so, wie im bericht dargestellt: letztendlich bleiben nur noch „daddelhallen“ – den verdammten, geldgeilen schlipsträgern sei dank …

Der nie ein Stück gibt!
12 Jahre zuvor

Welche Schlipsträger meinst du denn, du musst jetzt doch nicht die menschen schlecht machen nur weil sie eine Krawatte tragen. In Mailand, Rom zum Beispiel wird sie als modischen Accessoire benutzt oder eben ein Seidenschaal. Ich bin froh wenn sich überhaupt noch jemand korrekt kleidet umso unverständlicher wenn auf genau diesen Menschen jetzt schon wieder herumgehackt wird.

spätsetzer
12 Jahre zuvor

hallo an „der nie ein stück gibt“ respekt: endlich mal einer der sich in der modescene auskennt und hier sein fachwissen kundtut. ich hoffe deinen nickname musstest du dir nicht so hart verdienen wie wir anderen (der arme birne zum Beispiel). den croupiers und uns gästen vom casino berlin wünsche ich jedenfalls das es bald weitergeht, am besten noch vor weihnachten. nichts ist schlimmer und trauriger als in der vorweihnachtszeit zu hause zu sitzen und sich zu langweilen. hier nochmal an alle jetzt bloß nicht ins illegale spiel (hütchenspiel z.B.) abdriften bloß weil poker etc. nicht mehr am alex angeboten werden. gruß der spätsetzer

Rainer G.
12 Jahre zuvor
gast
12 Jahre zuvor

Lieber Spätsetzer, jeder sitzt an Weihnachten zu Hause, essen, trinken, besinnlich sein, dass es jetzt schon langweilig sein soll wenn die Menschen über Weihnachten frei haben verstehe ich nicht. Wenn es dir oder den Angestellten langweilig wird, dann sucht euch doch eine sinnvolle beschäftigung, jede Caritative Einrichtung freut sich wenn sie über Weihnachten Hilfe bekommt. Denk mal darüber nach und gebt eurem Leben einen Sinn.

spätsetzer
12 Jahre zuvor

lieber gast! in welcher einrichtung bist du denn zu hause, vielleicht kann ich dich dort zu weihnachten besuchen!melde dich der spätsetzer

Dirty Harry
12 Jahre zuvor

Da jetzt Herr Mahlmann zum Geschäftsführer aufgestiegen ist, entledigt er sich seines unbequemen Direktors und dessen 4 Saalchefs. Er wirft mal wieder einen Manipulationsverdacht in den Raum! Clever, denn damit war er 1996 in Aachen auch schon sehr erfolgreich, wurden dort seinerzeit 8 Croupiers entlassen, die angeblich Millionenbeträge ergaunert hatten. Das alles war aber nur an den Haaren herbeigezogen, wie die Gerichte leider viel zu spät erkannten. Egal, er hatte sein Ziel erreicht, die Mitarbeiter waren raus, und er musste nicht eine Mark Abfindung bezahlen, die armen Teufel die er aber auf dem Gewissen hatte, waren für immer verbrannt!!! Wann stoppt der Gesetzgeber endlch diese höchstkriminellen Geschäftsführer der Westspiel-Gruppe, die mit allen Mitteln nur ein Ziel verfolgen: Weg von allen tariflisch besoldeten Mitarbeitern, weg von allen Betriebsräten und Tarifkommissionen etc….? Schickt diese Mafia endlich zum Mond mit ihrer eigenen Spaceshuttle die sie als Pokergewinn vermarkten. Verstaatlicht endlich die Spielbanken wie in Bayern, wo das ganze von seriösen Beamten geleitet wird, und nicht von diesen selbstherrlichen, menschenverachtenden Drecksäcken……..

Mr. 13
12 Jahre zuvor

Oh die bösen geschäftsführer versuchen die mitarbeiter abzuzocken und raus zuschmeisssen…

das geht schon seit langem so in jeder branche

schön das es den meisten erst auffällt wenn davon ca. 10 casino mitarbeiter betroffen sind was glaub ihr wie es den schlecker mittarbeitern oder anderen geht

das ist die neue relität in deutschland

gast
12 Jahre zuvor

Lieber Spätsetzer, wir haben vor am Heiligen Abend die Hells Angels und die Bandidos mit Gebäck und Glühwein zu bescheren und so zu versuchen sie zu versöhnen. Mal sehen ob wir die Welt nicht etwas friedlicher gestalten können, würdest du eventuell mitmachen.

spätsetzer
12 Jahre zuvor

hallo lieber gast, tolle idee, vielleicht kann ich noch ein paar zimtstangen organisieren. gebt bitte zeit und ort bekannt, liebe grüße der spätsetzer