Kolumnen

Quo Vadis – Schweizer Napoleon?

Schweizer zu sein, ist nicht immer einfach. Emil, Paola und Kurt Felix, oder Slogans wie „wer hat’s erfunden“, bieten dem ausländischen Beobachter ein farbliches Bild, welchem wir uns ab und zu gerne annehmen und eben manchmal auch nicht. Doch war es Napoleon Bonaparte 1803, damals noch Militärdiktator, später Kaiser, welcher der Schweiz die Meditationsverfassung aufzwang und uns den Kanton „AarGAU“ bescherte.

Glaubt man einigen helvetischen Stimmen, hat in der Schweiz Rino Mathis das Pokerspiel erfunden. Es war am 18. April 2007, als dieser die Absolution durch das Schweizer Fernsehen mit einer halbstündigen Reportage über seine Person erfuhr. Danach einige Interviews in der Lokalpresse und TV-Auftritte. Dann der Ausbau seiner Homepage Pokeraction.info (heute Pokeraction.ch) mit dem Swissranking, welches er übrigens erfunden hat. Dann kam die Legalisierung von Pokerturnieren Ende 2007 in der Schweiz und die Leistungen der Spieler wurden mit seinem intelligenten Rankingsystem auf dieser Homepage verglichen. Er wurde darauf Full Tilt Redpro und organisierte zwischen drin zwei Schweizer Poker Meisterschaften. Jede grösser und besser. Jetzt ist er vom Redpro zum Pokerstars Pro mit Schweizer Wimpel mutiert. Den Affiliates der Internetzockerei sei Dank.

In den letzten zwei Jahren hat sich in der Schweiz viel rund um das Pokerspiel getan. Pokeraction bot da eine Plattform zur Informationsseite zur Weiterverbreitung einiger innerschweizer Gepflogenheiten. Private Anbieter haben sich etabliert, es wurde konsolidiert, einige Fragen wurden gestellt und Betrügereien konnten in Blogs entlarvt werden. Viele Gratisarbeit wurde von aussen geleistet. Kassiert wurde regelmässig für Werbung und für jedes Turnier welches Punkte von den Veranstaltern für das die Swissrankingbewertung geben sollte. Ein wiederkehrendes, lohnendes Geschäft, und mittlerweile wurde daraus mit Cem Tasalan eine Aktiengesellschaft in einer Steueroase gegründet. Der Diamant im Pokeraction Logo mit dem Pokerstar abgelöst und ein Redaktor, welcher in China wohnt, eingestellt, welcher fast täglich einen Newsbeitrag schreibt und die doch so treuen Blogger zensiert. Dieser kassiert dafür ein paar tausend Euro monatlich. Anfangs Dezember wurde ein sanftes Redesign an der Pokeraction.ch Seite durchgeführt.

Ein wirklicher Relaunch der Webseite wurde nicht erreicht. Pokeraction als die Schweizer Pokerinformationsseite scheint ein einheitliches Sprachrohr von Pokerstars geworden zu sein. Andere Onlinesponsoren welche den Livemarkt in der Schweiz bewerben und aktiv unterstützen wie Bwin oder Everestpoker sucht man vergebens. Die so bunte Schweizer Pokerszene findet sich nur in kopierter Form der Veranstalternews, welche diese per Email an Pokeraction verbreiten. Zwar sind die internationalen News auch neu, aber die kann man auch auf Pokerfirma oder anderen Pokerseiten nachlesen. Wo sind die eigenen News aus der Schweizer Szene? Wann sieht man einen bezahlten Pokeraction Mitarbeiter einmal bei einem Schweizer Veranstalter spielen? Wo bitte ist hier der Bezug zur Schweizer Szene oder ein Konzept erkennbar für die grösste Pokerinformationseite der Schweiz? Lediglich die kostenlos arbeitenden Blogger wie Chris Engeler berichten authentisch von der Schweizer Szene. Der inoffizielle König der Badbeatstories bezahlte bisher alle organisierten Turniere von Rino Mathis rappengenau.

Und jetzt wird es auch mit den Swissranking Veranstaltern immer spärlicher, weil Pokeraction für jedes Turnier, egal ob es durchgeführt wird, von diesen Geld verlangt. Den Veranstaltern werden die Eskapaden um die Person Rino Mathis zu bunt. Squashranking oder Weinproben scheinen wichtiger. Der grösste Kunde, das Grandcasino Baden bei Zürich, welcher täglich bis zu zwei Pokerturniere veranstaltet ist gemäss Insiderinformationen zur Konkurrenz abgewandert. Diese, die Schweizerskala, schüttet dabei ausnahmslos alle zusätzlichen Gelder in ein Jackpotsystem aus, bei welchem die Veranstalter das Risiko solidarisch tragen und dies kostenlos. Momentan (Mitte Dezember 2009) sind über 100’000 Euro im Pot und diese werden das erste Mal anfangs Januar 2010 an die Spieler in einem Turnier verteilt. Da kann Pokeraction mit den gesponserten Packages (WSOP, EPT oder Casino Austria) nicht mithalten.

Doch so leicht gibt sich Rino Mathis ähnlich wie Napoleon Bonaparte bei den nicht Exilrückkehren nicht geschlagen. Zusammen mit Pokerstars plant er die nächsten Kreuzzüge mit der „Masters Turnierserie“ oder eben wieder den „Swiss Pokermasters“, welche die offiziellen Schweizer Pokermeisterschaften darstellen. Dass er trotz grösserem Widerstand als Unternehmer etwas vom Kuchen abhaben will, ist verständlich.

Ich persönlich mag Rino und bin überzeugt, dass er schon wegen seinen vergangenen guten Taten weiter einen Platz in der Schweizer Szene haben muss. Wenn er es unternehmerisch nicht hinkriegt, dann wünsche ich ihm spielerischen Erfolg. Ähnlich der Kreuzzüge von Napoleon, warten wir Schweizer immer noch auf den ersten EPT/WSOP/WPT Titel. Wenn er einen von diesen erobert, dann ist St. Vincent für ihn kein Thema.

Cheers

Martin Bertschi

TV Reportage über Rino Mathis anno 2007:
http://www.sf.tv/sendungen/reporter/index.php?docid=20070418

Pokeraction.ch mit Blogs und Swissranking: http://www.pokeraction.ch

Schweizer Skala: http://www.schweizerskala.ch

Schweizer Pokerturniere in einer Übersicht: http://www.buyin.ch


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