Kolumnen

RAUS MIT DER KOHLE!

Lasst euch nichts anderes erzählen – auch in diesen, für uns Kartenfetischisten harten Zeiten findet natürlich Poker statt. Und das ein oder andere Event. Und bald sogar das teuerste Turnier aller Zeiten. Auch wenn es ein andersartig lautendes Gerücht gab, der Onyx Cup von Full Tilt findet statt. Mitte Mai in Las Vegas. Und ich bin dabei. Als Schreiber, als Betrachter, als Berichterstatter. Als mehr oder weniger stummer Bewunderer der Kartenkunst.

Aber halt nur dabei, statt mittendrin. Das sollten verklausulierte Grüße an die Bewegtbilderkollegen aus München sein.
Das Buy-in von 100.000 Dollar wollte mir Full Tilt trotz gutem und mehrfachem Zuredens nicht bezahlen. Da ich aber trotzdem natürlich logischerweise selbstredend mitspielen möchte und mir natürlich logischerweise selbstredend gute Chancen auf den Gewinn ausrechne, bettel ich hier um die oben schon genannte Kleinigkeit. Es wird hier doch wohl einen der mir zugeneigten Leser geben, der die Summe gerade übrig hat, und die quasi als Bauherrenmodell vervielfachen möchte. Oder auch nicht. Auf jeden Fall könnte es möglicherweise lukrativ sein. Nirgends anders gibt es eine Renditemöglichkeit von 855 Prozent, außer vielleicht im Drogenhandel, beim Autodiebstahl oder in der Prostitution. Also raus mit der Kohle.

Ich will meinem großen Ziel, Pokerprofi zu werden, endlich näherkommen. Und das schaffe ich nicht mit den bislang üblichen 15 Euro-Sachpreisturnieren oder meinen Strippokernachmittagen mit den anderen Hausfrauen in meiner Straße. Sonst muss ich weiterhin schlecht bezahlten Unsinn schreiben, oder meinen beiden Nebenjobs als C-Promi-Assistent oder Kondom-Qualitätskontrolleurlehrling nachgehen. Also raus mit der Kohle.

Ich kann meinem Geldgeber versichern, dass ich pokertechnisch extrem dazu gelernt habe. War ich letztes Jahr noch die zweitgrößte Luftnummer, bin ich derzeit auf den dritten Platz abgerutscht. Gut, das ist ehrlicherweise weniger mein Verdienst als das von Lothar Matthäus. Auch ohne bislang ein einzig gespieltes Turnier hat er wohl Stefan Raab, mich und Ilsidur in dem Ranking überholt.

Ich selber habe extrem dazu gelernt. Und mein Spiel nahezu perfektioniert, mittlerweile spiele ich sogar die Blinds in the dark. Ich bin tatsächlich lernfähig, auch in meinem Alter noch. Und ich habe das richtige Alter für´s Pokern. Jung und erfahren gibt es beim Pokern nicht, das gibt es nur auf dem Straßenstrich.

Also raus mit der Kohle. Wir teilen auch gerecht. 70 zu 40 für mich. Abzüglich ein paar Kostenfaktoren wie leichte Mädchen und schwere Motorräder in Vegas, die neue Hundecollection für meine mittlerweile 15 Monate alte Süße von Louis Vuitton, ein paar Prozent für caritative Zwecke und einen Ausbildungsfond für meinen Sohn, der soll schließlich nicht ewig bei Mami und Papi wohnen bleiben. Und natürlich für Rotweine in Vegas. Ich habe mir extra von Erich Kollmann schon entsprechende Tipps für kalifornischen gegorenen Traubensaft geben lassen und werde seinen Favoriten Jarvis natürlich probieren.

Auch vermarktungstechnisch und pressemäßig macht der Kohlezurverfügungsteller einen guten Fang mit mir. Er kann mich als sein Erfolgsmodell nutzen und bewerben. Ich bin eloquent, sehe unverschämt gut aus (bis auf die Nase, die erkennbar falschen Zähne und die Augenringe), bin ein total netter Kerl und bewege mich in Vollendung auf jedem Parkett der Welt. Sollte ich mal mit ihm oder seiner Frau tanzen gehen müssen. Oder mit ihr auf ein Helene Fischer-Konzert. Falls die Gattin des edlen Spenders das zufällig will. Ich bin dabei. Bei Helene und beim Zufall. Ich persönlich habe nichts gegen Zufälle, ganz im Gegenteil. Ja, ich mag Zufälle und lasse mich gerne überraschen. Wie sagte schon der alte Schiller „Zufall birgt großes Glück“. Oder um mit Novalis zu sprechen, der schon damals mein Pokerspiel beschrieben haben könnte „Spielen ist Experimentieren mit dem Zufall“.

Natürlich wird das Leben eines Pokerprofis total überschätzt. Jede Woche in einem anderen Luxushotel auf irgendeinem Kontinent aufwachen, keine Ahnung zu haben, wie das Mädel heißt, das gerade unter der Dusche verschwunden ist. Aber ich will das irgendwie. Ich kann ja auch sonst nichts anderes. Also her mit der Kohle. Denn nichts ist dämlicher als nicht zu gewinnen; noch beschissener allerdings ist es, erst gar nicht zu spielen. Wow, wieder einmal ein Statement aus meiner Feder voll Sprachgewalt und künstlerischem Ausdruck. Ein Zitat, das für die die Nachwelt erhalten bleiben wird. Ja, ich bin ein Philosoph. Oder so ähnlich.

Es kann doch nicht wirklich so sein, dass jeder Depp einen Sponsor findet, nur ich nicht. Demnächst lesen wir noch von einem Megavertrag für Bernd, das Brot. Und ich muss beim Onyx Cup zuschauen. Und still und heimlich am Abend mit Tom und Phil eine Runde Chinese Mau Mau spielen, um lächerliche 5.000 Dollar zu gewinnen.
Also, nochmals, auch wenn ich mich wiederhole, her mit der Kohle.

Von dem Gewinn werde ich mir dann auch endlich mal alle Pokerbücher kaufen können, hier freue ich mich besonders auf das neue von Lothar Matthäus, welches im Juli erscheint „Englisch und Poker leichtgemacht. By Lothar Matthäus“.
Und ich werde mir endlich die Originalklamotten von Pokerlicious leisten können, mit denen man garantiert am jedem Final Table perfekt gekleidet ist. Und auffällt, weil sie in der Originalfassung nicht zugelassen sind. Auch das ist ein weiterer Skandal in unserer sonst so heilen Pokerwelt. Unter uns, Pantea, auch dafür lieben wir dich. Also, ich zumindest. Aber verrate das keinem…


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