WSOP Events weltmeister

Recap der „November Nine“ Analyse

Auch wenn die letzten Karten der WSOP 2010 noch nicht ganz gedealt sind ist es ein guter Zeitpunkt einmal nachzusehen, wie sich meine Einschätzungen der „November Nine“ in der Realität umgesetzt haben:

Platz 9: Soi Nguyen

Wie erwartet musste sich einer der beiden Shortstacks mit dem undankbaren letzten Platz begnügen. Schade dass es dafür nichts mehr gab (das Preisgeld für Platz 9 hatten ja alle schon im Juli bekommen) … aber wenn der erste Schmerz verfolgen ist wird der „Amateur“ unter den „November Nine“ sicherlich anfangen können das zu genießen was er erreicht hat. Das Erlebnis WSOP 2010 wird für ihn eine unvergessliche und trotz des schnellen Endes am Finaltisch wunderschöne Erfahrung bleiben.

Platz 8: Matt Jarvis

Nicht nur für Matt Jarvis ist dieses Ergebnis eine große Enttäuschung. So wie auch ich hatten ihn viele als denjenigen gesehen der alle überraschen kann. Überraschend ist das Ergebnis – aber leider nicht im positiven Sinne. Sein vergleichsweise schlechtes Abschneiden hat er selber relativ früh mit der Hand gegen Cheong eingeleitet als er einen großen Pot entstehen ließ um dann die Hand am Ende doch aufzugeben. Sicherlich eine der spannendsten Hände wenn es darum geht die Hole-Cards in der Aufzeichnung zu sehen. Da er bereit war die Hand doch gehen zu lassen hat er m.E. für die relativ frühe Turnierphase zuwenig Pot-Control betrieben. Ein Fehler der sich am Ende nachhaltig ausgewirkt hat und u.U. ein paar Millionen Dollar gekostet hat. Am Ende war natürlich in der Achterbahnfahrt gegen Michael Mizrachi noch ein wenig Pech mit dabei. Aber mit mehr Chips hätte er sich diese Achterbahnfahrt zumindest zu diesem Zeitpunkt wohl auch ersparen können.

Platz 7: Jason Senti

Der zweite Shortstack wird am Ende über sein Abschneiden nicht wirklich unglücklich sein. Frei nach dem Motto „Ich habe keine Chance – also nutze ich sie“ suchte er immer wieder die Gelegenheit zum aufdoppeln und bekam sie dann auch gegen den anderen Shortstack Soi Nguyen. Auch Senti’s letzte Hand mit AK gegen Cheong’s TT war eine kleine Achterbahnfahrt. Hätte Senti diese Hand gewonnen hätte auch er das Potential gehabt die ganz große Überraschung des Finaltisches zu werden. Aber auch so ist die gute halbe Million die er nun zusätzlich einstreicht sicherlich mehr als er am Anfang des Finaltisches selber erwartet und erhofft hat.

Platz 6: John Dolan

Das ist für mich fast eine noch größere Enttäuschung als das Abschneiden von Matt Jarvis. Nach eigener Aussage konnte er nie richtig ins Spiel finden und genau so sah es aus. Am Ende konnte John Dolan an diesem Finaltisch einfach keinen bleibenden Eindruck hinterlassen und auch sein Momentum aus dem Juli war wie befürchtet verloren. Als zweiter in Chips in den Finaltag gegangen sicherlich kein Ergebnis dass auch für ihn, trotz der zusätzlichen knapp $900.000 befriedigend sein dürfte. Obwohl auch ich befürchtet hatte, dass er sein Momentum verloren hat, hatte ich von Dolan trotz allem ein deutlich besseres Ergebnis erwartet.

Platz 5: Michal Mizrachi

Gut gekämpft, besser mit dem Druck fertig geworden als erwartet und am Ende doch nur ein Platz im Mittelfeld erreicht. Schwierig zu sagen woran es gelegen hat. Der Call mit AQ gegen Matt Jarvis’ 99 war aufgrund seines Stacks für mich zu der Zeit vertretbar. Er wollte den Coinflip und mit dem Gewinn dieses Coinflips war der Weg zum Chiplead frei. Mann konnte auch sehen wie er danach versuchte die Führung in der Action am Tisch zu übernehmen. Am Anfang gelang das auch sehr gut aber gerade die Hände gegen Racener (A8 vs. AK) und Duhamel (33 vs. A9) waren eher grenzwertig und der „Grinder“ wird sich im Nachhinein fragen ob er hier evtl. das begehrte Bracelet mit etwas zuviel Risiko verspielt hat. Vielleicht sieht er es auch anders … aber das ist definitiv eine Frage der eigenen Risikobereitschaft. Trotz allem bleibt eine solide Leistung und ein Jahr das ohne Frage als das Jahr der „Mizrachi’s“ in Erinnerung bleibt – auch ohne das begehrte Main-Event Bracelet.

Platz 4: Filippo Candio

Der „italienische Glückspilz“ war eine der Überraschungen des Finaltisches. Während Phil Helmuth – der einige Stunden mit ihm am Tisch gesessen hatte – ihn als „Natural born Hold’em Player“ bezeichnete war Pralahd Friedmann da ganz anderer Ansicht. Und nach dem, was man in der TV-Übertragung vor dem Finaltisch gesehen hatte war auch die Allgemeinheit eher auf Pralahd Friedmann’s Seite. Man muss dem Italiener aber zugestehen, dass er an diesem Tag wahrscheinlich sein bestes Spiel der ganzen WSOP abgeliefert hat. Dank eines überraschend zurückhaltenden Spiels konnte er einen 4. Platz erreichen der meiner Ansicht nach durchaus gerechtfertigt ist und auf den er auch mit Recht stolz sein kann.

Platz 3: Joseph Cheong

Auch wenn ein 3. Platz im WSOP Main-Event ein Platz ist, für den man sich nicht zu schämen braucht – letztlich hat Joseph Cheong weit mehr als 1,5 Millionen Dollar und wahrscheinlich ein Bracelet verschenkt. Der Mann, der wie kein anderer den Tisch unter Kontrolle hatte und dem man am wenigsten einen „Matusow-Blowout“ zugetraut hätte verschenkt am Ende alles mit A7o. Ob es ein falscher Read auf Duhamel war … die Gründe kennt nur Cheong selbst. Sowohl Cheong als auch Duhamel müssen sich aber die Frage gefallen lassen ob das Kräftemessen der Bigstacks in dieser Situation nötig war. Sicherlich war es bei Duhamel mit QQ mehr berechtigt als bei Cheong … aber letztlich haben hier zwei Alphamännchen einem lachenden Dritten einen Zahltag von mindestens 1,5 Millionen Dollar beschert.

Das Heads-Up: Jonathan Duhamel vs. John Racener

Am Ende sind zwei im Heads-Up die es irgendwie auch verdient haben. Jonathan Duhamel hat mich ähnlich überrascht wie Filippo Candio. Ganz offensichtlich hat er die Zeit genutzt um an seinem Spiel zu arbeiten und sich auf das große Finale vorzubereiten. Mit vergleichsweise tightem Spiel hat er sich in aller Ruhe angesehen was am Finaltisch so abgeht. Zwischenzeitlich hat er dann doch einen großteil seiner Chips – ein wenig wie erwartet – abgegeben nur um am Ende beim Kartenglück auf der Richtigen Seite zu stehen. Dass er mit AA gegen Mizrachi und QQ gegen Cheong zur richtigen Zeit die richtigen Karten hatte kann man ihm allerdings schwer vorwerfen. Und speziell Cheong (weit mehr noch als Mizrachi) hatte die Chance die entscheidende Hand vorzeitig gehen zu lassen. Auch wenn Duhamel sicherlich nicht der beste Hold’em Pokerspieler der Welt ist kann man nach seiner Finaltisch-Performance trotz allem ganz gut mit ihm als „World Champion“ leben – falls sein Gegner das zuläßt.

Und sein Gegner – John Racener – ist für mich trotz des vergleichsweise kleinen Stacks immernoch der Favorit. Während sich andere mit weit größeren Stacks selbst zerfleischt haben hat sich John Racener alles in Ruhe angesehen und auf seine Chance gewartet. Das nötige Quentchen Glück (AQ vs. Duhamel’s AK) und die „Dummheit“ seiner letzten beiden Kontrahenten haben ihm ein paar sichere Millionen Dollar eingebracht. Sicherlich hätte er das Heads-Up lieber mit mehr Chips bestritten, aber der erfahrene Racener wird wissen wir er mit dieser Situation umzugehen hat. Nach eigener Aussage braucht es nur das „erste Double-Up und alles ist wieder offen“. Und da würde ich ihm absolut recht geben. Zumal sein Gegner Duhamel schon angekündigt hat dass er am Anfang einige „Preflop All-In’s“ erwartet. Mit diesem Monsterstack ausgestattet beweist Duhamel damit m.E. erste Schwächen im Heads-Up Spiel. Denn genau das ist es was sich John Racener erhoffen wird. Im Gegensatz zu Duhamel hat er nichts zu verlieren aber alles zu gewinnen.

Wie lange das Heads-Up dauern wird? Schwer zu sagen. Sicherlich wäre es ein Fiasko für ESPN wenn alles nach den ersten paar Händen vorbei wäre. Ich wäre aber auch überrascht wenn es länger als zwei Stunden dauert. Denn falls John Racener nicht selber schnell rausfliegt wird er umgekehrt die Situation nutzen und seinen Gegner bald auf die Plätze verweisen.

Das Heads-Up startet am Montag um 23 Uhr EST / 20 Uhr  PST – also 5 Uhr deutscher Zeit und die Übertragung bei ESPN3 beginnt wohl um 5:30 Uhr unserer Zeit.


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
12 Comments
Inline Feedbacks
View all comments