Kolumnen

Schmusen mit einem brennenden Hund

Während die geneigten Leser diese meine Zeilen lesen, sitze ich auf Malta. Am Tisch. Und versuche, meine bis dato erfolglose GSOP-Bilanz entscheidend zu verbessern. Ja, ich spiele Poker. Ein gefährliches Unterfangen. Deshalb auch die oben stehende, sorgfältig ausgesuchte Überschrift.

Ja, Poker ist nicht ungefährlich. Für mich. Und meine Psyche. Immer denke ich, ich habe es mehr oder weniger mehr verstanden, immer wieder denke ich, ich kann es und immer wieder gibt’s auf die Ohren. Das Geheimnis beim Pokern ist dasselbe wie in der Komödie – es kommt auf das richtige Timing an. Und das geht mir völlig ab. Ich habe immer die Gewinnerhände, wenn ich sie folde. Ja, Pokern ist Magie. Aber das hat nix, so rein gar nix mit Zauberei zu tun.

Ja, Pokern ist wie Gassigehen ohne Leine. Dann hat der Hund den Teufel im Leib. Und macht nicht, was er machen soll. Und ich schäme mich. Mein Therapeut findet das relativ normal. Und er ermuntert mich immer wieder, ruhig weiterzuschreiben, bis mir was Vernünftiges einfällt. Oder halt von etwas anderem zu schweigen. Auch bei den Selbstgesprächen. Da lasse ich mich   meistens auch ausreden, bevor ich mir zustimme. Auch wenn ich oft anderer Meinung bin als ich. Ich darf das, ich bin Künstler. Deswegen auch lese ich schon lange nicht mehr, was ich schreibe. Selbst der Dativ ist zu tief. Und deswegen schaue ich mir auch nur noch selten die Karten an, die ich spiele.

Vielleicht ende ich ja auch wie Hemingway. Auch der hatte nie ein großes Turnier gewonnen. Auch der war unterzuckert und unterspielt. Vielleicht sollte ich einfach mehr spielen und daraus lernen. Aber will man das denn wirklich? Will ich mich auf Normalität des Unnormalen einlassen, will ich den Final Table als intellektuellen Bestandteil in meine Leben lassen? Soll ich mich auf Multitabling einlassen, wenn ich doch schon mit einem Tisch, der für viele die Welt bedeutet, überfordert bin? Simplifly my Poker oder doch lieber Simply Red? Lieber unter Ursel als Oberursel? Ja, Fragen über Fragen, auf dich ich keine Antworten habe. Vor allem aber hatte ich all diese Fragen noch vor dem Pokerboom gar nicht. Ja, das Board ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

So, nun werde ich mich in meine Suite zurückziehen, mir eine Flasche Wein und etwas zu knabbern bestellen und mit meinem mir von guten Freunden geschenkten und mitgebrachten antiken Kartenspiel mit diversen Wien-Ansichten aus der guten alten Vorpoker-Zeit weiter fleißig üben. Und vom ersten GSOP-Sieg träumen. Das muss auch mir erlaubt sein. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und die Utopie.


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
3 Comments
Inline Feedbacks
View all comments