Sehr geehrter Franz Josef Wagner,
Ihre Zeitung feiert heute in der Bundesauflage als Titelseite einen neuen deutschen Weltmeister. Und das völlig zu Recht. Die gesamte deutsche Medienszene hatte gestern; auch das völlig zu Recht; dieses Thema, teilweise sogar als Aufmacher noch vor dem unappetitlichen Berlusconi.
Wir alle freuen uns. Mit dem Weltmeister, aber auch ein Stück weit für uns selber; egal ob wir Karten spielen, Kakteen züchten oder Topflappen häkeln.
Sie wissen, dass ich Sie im Grunde meines Herzens schätze. Sie haben immer etwas zu sagen, immer eine eigene Meinung; und manchmal schreiben Sie sogar über Dinge, von denen Sie Ahnung haben. Bei der Thematik Poker allerdings glänzen Sie nun zum wiederholten Male mit gefährlichem Halbwissen.
Es geht nicht ansatzweise darum, ob Pius Heinz auf einer Stufe mit den Vettels und Beckenbauers des Landes steht; es geht nicht ansatzweise darum, welche Orden man ihm um den weltmeisterlichen Hals hängen wird. Erst einmal geht es um Freude, um pure, reine Freude. Ein Landsmann hat das weltweit bedeutendste Turnier gewonnen.
Sie aber, verehrter FJ Wagner, können das nicht genießen. Weil Sie es nicht einordnen können. Weil Sie immer noch nicht erkannt haben, dass Poker eine Sportart ist. Sie haben immer noch nicht die große Bedeutung der gesellschaftlichen Komponente von Poker begriffen. Sie haben immer noch nicht verstehen können oder wollen, dass Poker; vor allem auf diesem Niveau; kein bloßes Zocken ist. Poker ist wie Schach, nur ohne Figuren. Und schöner.
Abschlißsend stimme ich Ihnen zu, dass das Leben kein Glücksspiel ist. Völlig richtig. Wieder einmal ein genialer Satz aus Ihrer Feder, der sicherlich der Nachwelt erhalten bleiben wird.
Was Sie allerdings verkennen – Poker ist auch kein Glücksspiel. Ab und zu sind gelungene Kolumnen ein Glücksspiel. Ihre heutige hat leider Pech gehabt.
Morgen kann es nur besser werden.
Herzlichst / Ihr Udo Gartenbach
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