Kolumnen

Vigo: Oliven, Austern, Granit und Strände von Galicien

Das Spanish Poker Festival machte zuletzt Halt in Vigo, einer Stadt an der Nordwestküste Spaniens.

Vigo (ausgesprochen „BIGO“ [ˈbiɣo]) liegt geografisch gesehen im nordwestlichen Teil der Iberischen Halbinsel. Politisch gesehen ist die Lage etwas komplizierter. Die Stadt liegt in der autonomen Gemeinschaft Galicien in der Provinz von Pontevedra. Für manche befindet sich das Ganze in Spanien 🙂 Im Jahr 2019 lebten rund 300.000 Menschen in Vigo, was sie zur am meisten bevölkerten Stadt Galiciens macht, obwohl der Name ursprünglich vom lateinischen Wort „vicus“ für „kleines Dorf“ abgeleitet ist. Die Stadt ist auch das wirtschaftliche Zentrum der Region und beherbergt zum Beispiel den Hauptsitz der Europäischen Fischereiaufsichtsbehörde EFCA (European Union Fisheries Control Agency). Es ist also mittlerweile ganz schön was los im kleinen Dorf!

Vamos a la playa

In der gesamten Gemeinde von Vigo gibt es um die 50 Buchten und Strände, die einen vergessen lassen, dass man sich in einem stark industrialisierten Meeresarm befindet. Es gibt Sandstrände, Wassersport, wilden Buchten, familienfreundliche Strände, FKK-Stränden, modischen Stadtstrände…

In der Popkultur ist die Bucht von Vigo einer der Schauplätze von Jule Vernes ‚20.000 Meilen unter dem Meer‘. Kapitän Nemo verwendet so Manches aus den gesunkenen Schiffen der großen Schlacht von Vigo, um sein episches U-Boot fertigzustellen: die Nautilus.

Ein weiteres Buch, in dem Vigo (und ein U-Boot) eine wichtige Rolle spielt, ist der Roman „Das Boot“, in dem die Geschichte des deutschen U-Boots U-96 erzählt wird. Das Boot legte heimlich in Vigo an, um Nachschub zu bekommen, da die Neutralität Spaniens es deutschen Schiffen ermöglichte, in der Region stationiert zu bleiben.

Genau wie Troia in Portugal hat auch Vigo seine eigene Karibik an der Atlantikküste mit weißen Sandstränden und klarem, türkisfarbenem Wasser im „Parque Nacional Maritimo-Terrestre de las Islas Atlanticas de Galicia“, einem Naturschutzgebiet, das aus einer Reihe von Inseln namens Salvora, Ons und Cies besteht, die die Eingänge der Flussmündungen von Pontevedra und Vigo vor Wind und Wellengang schützen.

Zahlreiche Boote bieten Ausflüge zu den Inseln an, aber man sollte unbedingt im Voraus buchen, da die Anzahl der Besucher begrenzt ist, um das Naturschutzgebiet wirksam zu schützen.

Das Casino

Das Gran Casino Vigo befindet sich hinter dem Fischereihafen neben dem Jachthafen am Kreuzfahrtterminal und wird von der Luckia-Gruppe betrieben. Es wurde ein paar Wochen vor Beginn der Covid-Sperrungen in Spanien Mitte März 2020 eröffnet und sieht daher nicht nur brandneu aus. € 2/5 und €5/10 NLH Cash Games werden vor allem an Wochenenden veranstaltet und einige der spanischen Pokertouren machen hier regelmäßig für kleine Festivals Halt.

Tourismus und Unterhaltung

Das Hotelangebot in Vigo ist nicht besonders groß, da das Zentrum relativ klein ist, aber das Restaurantangebot ist großartig. Viele Lokale sind auf ausländische Besucher eingestellt, da fast täglich Kreuzfahrtschiffe im Hafen anlegen.

Die Rande-Brücke ist das Symbol der spektakulären Ria (Bucht) von Vigo. Das großartige Projekt wurde 1978 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ab 1981 wurde die Brücke für den Verkehr freigegeben. Als längste Schrägseilbrücke der Welt erhielt sie zu diesem Zeitpunkt den Spitznamen „Golden Gate Europas“. Im Jahr 2018 wurde sie als erste Schrägseilbrücke weltweit zweispurig ausgebaut. In Jules Vernes „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ wird die Meerenge von Rande als Unter-Wasser-Versteck der großen Schätze Amerikas verewigt. Die Rande-Brücke steht heute da als erstaunlicher moderner Infrastruktur-Schatz über dem Meeresspiegel.

Der Meerjungfrauenmann, die aus Aluminium gefertigte Fischmännchen-Statue im Herzen von Vigo, ist eines der modernen Symbole der Stadt. Sie befindet sich 13 m über dem Platz „Porta do Sol“ auf zwei riesigen Granitsäulen.

Generell ist Granit in Vigo ein Thema. Die Jahrhundertwende brachte eine wohlhabende Mittelschicht nach Vigo, die den Bau von beeindruckenden Häusern aus diesem eleganten Stein förderte, der Galicien, einen der Weltmarktführer in der Granitverarbeitung, symbolisiert. Heute erinnern noch einige sehr elegante, aber auch eklektische Gebäude an diese von herrlichem Modernismus geprägte Zeit. Die Viertel „La Marina“ und „La Alameda“ mit ihren schicken Fassaden im Retrostil, Stadtparks und hundertjährigen Bäumen sind ein großartiges Zeugnis der goldenen Ära von Vigo.

Im Herzen von Vigo gibt es eine Vielzahl von Restaurants. Als eine der treibenden Wirtschaftskräfte der Region ist die Hafenstadt ein wichtiges Geschäftszentrum, muss aber auch Tausende von Kreuzfahrttouristen beherbergen, die nur ein paar Stunden in der Stadt verbringen. Meeresfrüchte sind das, wonach viele Menschen suchen, aber es gibt viele gute Möglichkeiten, in Vigo zu essen. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt in der Nähe des „A Pedra“-Marktes sollte man die Austernstraße nicht nur zu Besichtigungszwecken in Betracht ziehen, die Liebhaber der schleimigen Meeresdelikatesse sollten diesen Ort auf jeden Fall für das Abendessen wählen. Die Restaurants in dieser Straße konzentrieren sich fast ausschließlich darauf, die besten Austern der Bucht von Vigo anzubieten. Nichts für Vegetarier aber diese finden in Vigo zahlreiche andere sehr gute Optionen. Die Zeiten, in denen man in Spanien nur Meeresfrüchte und Schinken essen konnte, sind vorbei.

Vigo verfügt ebenfalls über eine Reihe von hochwertigen Museen. Neben seiner Rolle als Wirtschaftsmotor zeichnet sich Vigo auch durch seine aktive Rolle in der kulturellen Entwicklung aus. Das Museum für zeitgenössische Kunst, das Museum für plastische Kunst aus Galicien, das Museum für menschliche Kommunikation, das Museum der keltischen Bevölkerung oder das Römische Haus sind zahlreiche Zeugnisse des pulsierenden kulturellen Lebens der Stadt.

Das Nachtleben ist nicht DIE Aktivität, nach der man in Vigo suchen sollte. Stattdessen kann man sich neben üppigen Stränden, exzellentem Essen, atemberaubenden Aussichten und einem großartigen kulturellen Angebot auf zehn Hügeln und in zwölf Waldparks vergnügen, die sich in den engen Fußgängerstraßen verlaufen. Die Innenstadt Vigos ist sehr sicher. Für Tagesausflüge gibt es eine 50 km lange Panoramastraße, die rund um die Bucht führt und atemberaubende Ausblicke bietet. Zu den beliebtesten Hügeln und Aussichtspunkten gehören: der Hügel „O Castro“ mit den Überresten der keltischen Siedlung auf seinem Gipfel, der Park „Castrelos“ oder der „Mirador del Olivo“.

Allgemeine Informationen und ein wenig Geschichte

Die ersten Aufzeichnungen über das galicisch-sprachige Gebiet stammen aus dem 15. Jahrhundert und seine Geschichte umfasst Angriffe und Invasionen vor allem durch Wikinger, Briten oder Türken. Jahrhunderts wurde Vigo aufgrund seiner strategischen Bedeutung von der spanischen Krone nach der großen Schlacht von 1702 mit einer Reihe von Privilegien ausgestattet, was die britischen Streitkräfte jedoch nicht davon abhielt, die Stadt ab 1719 als Strafe zu besetzen, dafür dass eine spanische Flotte von Vigo aus nach Schottland vorgedrungen war. Das 19. Jahrhundert war auch Spanien französisch geprägt, als Napoleon ab 1808 die gesamte Halbinsel annektierte – mit Ausnahme von Vigo, das dem französischen „Charme“ bis Anfang 1809 widerstand und auch die erste Stadt war, die im Zuge der Reconquista von der französischen Herrschaft befreit wurde. Wenn Asterix und Obelix in Spanien gelebt hätten, wäre Vigo ihre Heimat gewesen.

Im 20. Jahrhundert erlebte Vigo dank einer von der Franco-Regierung ab 1947 eingerichteten steuerfreien Zone ein neues explosionsartiges Wachstum. Freie Unternehmensansiedlungen, industrielle Entwicklungspläne und ein schnelles Bevölkerungswachstum in dieser Zeit der unzähligen Planänderungen verleihen der ganzen Stadt den Eindruck einer chaotischen Stadtplanung. Die Straßen sind eng und nie gerade. Es scheint, als würden in der Stadt ständig Renovierungsarbeiten durchgeführt, um Stadtgebiete umzugestalten, die in aller Eile und ohne Rücksicht auf künftige Entwicklungen gebaut wurden.

Die Stadt der Oliven

Vigo wird auch „cidade olívica“ (Stadt der Oliven) genannt. Vigo war in der Vergangenheit von Olivenhainen umgeben. Nach einem politischen Konflikt ordneten die katholischen Herrscher jedoch an, alle Olivenbäume, ein Symbol des Friedens in Galicien, zu entfernen, um den Adligen von Vigo klar zu machen, dass ihre Unterstützung einer kastilische Prinzessin nicht angebracht war. Die Geschichte besagt, dass ein Baum nicht gefällt werden konnte, da er auf heiligem Boden stand. Der Baum ist heute im Stadtsiegel abgebildet und einer der Nachkommen des Baums gedeiht noch heute auf dem „Mirador del Olivo“ im Stadtzentrum von Vigo mit Blick auf die Flussmündung.

Vigo liegt im regenreichsten Teil Galiciens, aber die Sommer neigen dazu, die Atmosphäre auszutrocknen mit einer Jahresdurschnittstemperatur von 14°C. Die Lage der Stadt zwischen der Flussmündung und den Inseln des Naturschutzgebietes trennt sie vom offenen Meer und bietet Schutz vor verschiedenen meteorologischen Launen des Ozeans. Das Ergebnis ist eine ziemlich üppige und grüne Region, die es für Naturliebhaber zu erkunden gilt.

Vigo ist nicht nur eine der wichtigsten Industrie- und Kulturstädte Galiciens, sondern auch eines der wichtigsten römischen Zentren der Provinz Pontevedra. Von der antiken Architektur ist allerdings nicht viel erhalten geblieben… in Vigo selbst. Die chaotische Entwicklung des Hafenzentrums unter Franco hat den römischen Überresten den Todesstoß versetzt, aber zahlreiche Gemeinden in der Umgebung beherbergen eine große Anzahl römischer Ruinen. und Vigo verfügt noch über einige der eindrucksvollsten römischen Kirchen Galiciens.

Am Ende des 20. Jahrhunderts stand Spanien kurz davor, die letzten Reste des einstigen spanischen Reiches zu verlieren. Die letzten Überseegebiete Spaniens, Kuba, Puerto Rico und die Philippinen glitten der spanischen Krone durch die Finger, da der Krieg von 1898 gegen die Vereinigten Staaten ein unausgewogenes Aufeinandertreffen zwischen einer aufstrebenden Weltmacht und einem untergehenden Imperium darstellt. Die letzte große militärische Reaktion Spaniens, die Bereitstellung von 300.000 Soldaten im Jahr 1895, um die revolutionäre Partei von Jose Marti auf der Insel Kuba zu bekämpfen, war ein verzweifeltes Unterfangen, und Anfang 1897 gab es zwei wichtige Tatsachen zu berücksichtigen: Einerseits begann die liberale Partei in Spanien, angeführt von Sagasta, zu einer diplomatischen Verhandlungspolitik anstelle von militärischen Aktionen aufzurufen, andererseits kam der US-Republikaner William McKingley an die Macht mit der festen Absicht, Spaniens Besitzungen zu annektieren, ob friedlich oder nicht. Die Spannungen zwischen den beiden Parteien waren auf dem Höhepunkt.

Etwa zur gleichen Zeit stand auf der anderen Seite des Globus die von Jose Rizal angezettelte Revolution auf den Philippinen am Kommen. Ein Aufstand im Jahr 1897 wurde von den spanischen Besatzern blutig niedergeschlagen, Jose Rizal wurde beschuldigt, einen Aufstand angezettelt zu haben, es fand eine Art Prozess statt, und Rizal wurde schließlich erschossen. Dieses tragische Ereignis trieb die einheimische Bevölkerung schließlich dazu, sich den Guerillas anzuschließen, und die Situation eskalierte in unkontrollierbarem Ausmaß.

Dies war der Zeitpunkt, an dem die Vereinigten Staaten beschlossen, Spanien offiziell den Krieg zu erklären. Von der Explosion des Schlachtschiffs „USS Maine“ in der Bucht von Havanna am 25. April 1898 bis zum 10. Dezember 1898 in Paris ein Friedensvertrag unterzeichnet wurde, herrschte Krieg und Spanien wurde schließlich gezwungen, auf seine letzten Überseegebiete zu verzichten.

Bis dahin hatte der Krieg nicht sehr viel Auswirkung auf Vigo und Galicien bis am 12. August desselben Jahres einen Waffenstillstand unterzeichnet wurden um ab Anfang September die Rückführung der spanischen Soldaten zu planen. Vigo war eine der Städte, die aufgrund ihrer modernen Hafeninfrastruktur und der relativ geringen Entfernung zur US-Küste am wahrscheinlichsten für die Aufnahme der Soldaten in Frage kam. Darüber hinaus war das Vorhandensein des Lazaretts San Simon ein entscheidender Faktor, und bald wurden Tausende von kranken und verwundeten Soldaten aufgenommen.

Immer wohltätig

Die Stadt machte sich an die monumentale Aufgabe, die Lagerhäuser im Hafen für die Unterbringung der Truppen umzubauen und das Militärkrankenhaus für die schwerkranken Soldaten zu vergrößern. Außerdem wurden die Kasernen der Burg von San Sebastián und die öffentlichen Schulen von Arenal als provisorische Krankenhäuser eingerichtet. Der Antrag, Regierungsschiffe als Quarantänepuffer einzusetzen, wurde abgelehnt, denn es war bereits bekannt, dass die „Todesschiffe“, wie die Schiffe, die die Soldaten zurückbrachten, gemeinhin genannt wurden, viele Soldaten in sehr schlechtem Gesundheitszustand zurückbringen würden. Unter den Kriegsverwundeten würden viele andere an Malaria, Tuberkulose oder Typhus erkranken, und viele würden mitten auf der Rückreise sterben.

Der „Faro de Vigo“ (Leuchtturm von Vigo), einer der wichtigsten lokalen Medien und heute die älteste gedruckte spanische Zeitung, rief die Bevölkerung auf, bei der Pflege derjenigen, die nicht krank oder ansteckend waren, in ihren Privathäusern zu helfen. In vielen Hotels und Restaurants wurde den Soldaten nicht alles berechnet, was sie verzehrten, während Persönlichkeiten und Prominente spektakuläre Spendenaktionen veranstalteten.

Anfang Oktober 1899 kam der Sonderdelegierte des örtlichen Roten Kreuzes, das in diesen schwierigen Zeiten eine entscheidende Rolle gespielt hatte, mit Vertretern des Innenministeriums zusammen, um der Stadt Vigo einen besonderen Titel für das starke Engagement zu verleihen. Ein Regierungsbeschluss vom 3. Januar 1900 verlieh der Stadt Vigo den Titel „Siempre Benefica“ (Immer wohltätig) für die Dienste, die sie den heimgekehrten Soldaten erwiesen hatte, und dies wurde zum Motto der Stadt, das seither auf dem unteren Streifen des Wappens von Vigo erscheint.

Die Fotoreportage entstand in Zusammenarbeit mit Alexandre Rotenberg während eines Roadtrips von Estoril in der Nähe von Lissabon bis hinauf nach Galicien und zurück in die portugiesische Hauptstadt über Espinho und Braga im September 2022. Alle Fotos vom Roadtrip sind bei The-Rounder.net online.

Bei Fragen könnt Ihr mich auch gerne über Facebook oder Instagram kontaktieren.


Artikel präsentiert von Damian Nigro/The-rounder.net


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