Kolumnen

Wir Pokerspieler…

… sind eine besondere Spezies. Eine seltsame Gattung Menschen, die sich einer Handvoll Karten hingeben. Gut, es ist mehr als nur eine volle Hand. Dennoch.

Große Liebe und Leidenschaft überkommen uns, wenn wir Platz nehmen dürfen und die erste Hand des Tages ausgespielt wird. Voller Zärtlichkeit schauen wir uns die uns durch einen reinen, willkürlichen Zufall zugeteilten Karten an. Wir sind dabei, wir sind auf einem guten Weg. Weil wir es können.

Große Leere und Trauer überkommen uns, wenn wir unseren Seat open müssen. Weil uns irgendein Schwachkopf; der das Spiel niemals begreifen wird; einfach nur flat runtercallt. Und natürlich gewinnt. Wir sind nicht mehr dabei; wir waren auf dem falschen Dampfer. Weil wir Pech hatten.

Wir lehnen uns zurück. Ergeben uns in Selbstmitleid. Wir erinnern uns an bessere Momente. An die großen Spiele. Die wir gewonnen haben. An die geilsten Bluffs aller Zeiten. Die wir gespielt haben. Das alles ist unsere Erinnerung, das Gerüst unseres Seins. Der kümmerliche Rest ist nur das Leben.

Poker ist mehr als nur ein Platzhalter zwischen dem anderen Nonsens, den wir Alltag nennen. So überflüssiges Zeugs wie Geld verdienen, Bäume pflanzen, essen, den Partner glücklich machen, sich Gedanken über den richtigen Stuhlgang machen. Nonsens, zu welchen wir dennoch gezwungen werden. All das lenkt nur ab. Vom Checken mit dem Full House und von der richtigen Setzhöhe gegen zwei Spieler mit Ass hoch.

Poker ist Alltagsromantik, Poker ist wahrhaft berührend. Poker ist die einzig wahre Anschauung und wahrhaft prosaisch. Alles andere ist


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