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Zeig mir den Baum, auf dem das ISPT Geld wächst

„Countdown: D-55“ steht fett auf der Webseite der ISPT. 55 Tage sind es also bis zum angeblich größten Pokerturnier der Welt. Das mit den 55 Tagen stimmt, aber das größte Pokerturnier? Sicher ist aber, dass es das teuerste Turnier aller Zeiten wird. Selbst in einem Zehn-Jahres-Plan kann das Geld nicht mehr eingenommen werden, was bisher ausgegeben wurde.

Ich kenne das Pokerbusiness nun auch schon ein paar Jahre und da bekommt man doch ein Gespür für gewisse Dinge. Große Ankündigungen betrachtet man deutlich nüchterner und statt bedingungsloser Euphorie gibt es  vorsichtige Analysen.

Als im Sommer 2012 die ISPT angekündigt wurde, warben die gekauften Mitbewerber und ihre „guten Kontakte“ mit  „20 Millionen garantiert“. Nun ja, dass dem nicht so ist, wissen wir bereits. Ursprünglich dachte ich:  „Dieses Turnier findet nicht statt“. Bis jetzt habe ich unrecht, denn von 31. Mai bis 5. Juni soll im Wembley Stadion tatsächlich gepokert werden. Das glaube ich mittlerweile sogar. Dass auf dem Rasen gespielt wird, allerdings nicht. Im Freien zu spielen, ist so eine Sache. Der Zusatz „Wenn es das Wetter erlaubt“, hält dem Veranstalter elegant die Hintertür offen, denn der englische Regen ist Realität.

ispt_screenFür diejenigen, die sich mit der ISPT in letzter Zeit nicht auseinandergesetzt haben, will ich kurz den aktuellen Stand der Dinge zusammenfassen. Der „From Dusk Till Dawn“ Pokerclub (DTD) in Nottingham konnte im Februar als wichtigster Partner gewonnen werden. Simon Trumper garantiert nicht nur dem Sieger € 1.000.000, sondern übernimmt auch die Organisation und Turnierleitung. Die damals angekündigten Side Events hat man wieder zurückgenommen und durch ein „Coming Soon“ ersetzt. Das Main Event startet online, ab Tag 2 soll im Wembley Stadion am Rasen gespielt werden. € 2700 + 300 beträgt dabei das Direct Buy-In beim Live-Event, der Re-Entry an den beiden Starttagen ist erlaubt. Tag 1A und Tag 1B des Main Events wurden bereits gespielt – online auf diversen Plattformen und mit einem Buy-In von € 270+30. Interessant ist dabei, dass die Online-Qualifikanten ihre Stacks mitnehmen, denn das birgt einige Tücken. Das Leaderboard nach diesen beiden Starttagen gab es schon, aber auch hier gibt es auf der Webseite aktuell nur ein „Coming Soon“ zu lesen.

Bei verbleibenden 55 Tagen bis zum Event sind die vielen ungeklärten Details zum Event eigentlich noch gar nicht besorgniserregend. Normalerweise. Bei einem Event wie der ISPT, die den Anspruch erhebt, das größte Pokerturnier aller Zeiten zu werden, sollte man meinen, dass drei Monate vor dem Turnier die Planungsphase abgeschlossen sei. Vor allem weil es in den letzten neun Monaten schon unzählige Veränderungen gab, die sehr an der Seriosität des Events zweifeln ließen. Vertrauen schafft man nicht, indem man Schedule, Garantien und Webseite ständig ändert.

Dass man den DTD mit Simon Trumper und Rob Young als Partner gewinnen konnte, brachte der ISPT zumindest ein solides Standbein. Den beiden wird vertraut, denn das Ansehen in der englischen Community ist groß. Der ein oder andere Spieler wird aufgrund des DTD sogar die ISPT der WSOP vorziehen. Rob Young schätzte im Interview mit dem Bluff Magazin, dass sich 300 bis 500 Spieler live in Tag 2 für € 3.000 einkaufen werden. Das ist sportlich, wenn man bedenkt, dass kaum eine EPT oder WPT auf solche Zahlen kommt. Die Millionengarantie für den Sieger mag ein Anreiz sein. Allerdings kann man bei der WSOP am selben Wochenende für $1.500 das „Million Maker“ Turnier spielen und auch hier nimmt der Sieger eine garantierte Million (Dollar) mit.

Was mich an der ISPT nun aber wirklich fasziniert, ist das unglaubliche Marketing-Budget dieser Veranstaltung. Wer sich ein bisschen mit dem Pokerbusiness auseinandergesetzt hat, der weiß, dass die Kosten bei einem Turnier schnell mal explodieren können, die Einnahmen abhängig von der Spielerzahl oft deutlich niedriger sind.

Seit geraumer Zeit ist Prosper Masquelier als einer der drei Mitbegründer der ISPT (neben Bernard und Laurent Tapie) auf Werbetour unterwegs. Man sah ihn bei der WPT in Baden/Wien, im King’s Casino Rozvadov, bei der EPT in London, bei der Russian Poker Tour in Kiev und und und. Oft dabei auch Michael Mizrachi, aktuell das große Aushängeschild der ISPT. Man versucht die diversen Casinos als Live-Satellite Partner für die ISPT zu gewinnen, was aber bislang nur bei den wenigsten Casinos, wie dem Casino Pravet in Bulgarien, gelang.

Werbung zu machen ist eine Sache. Geld mit beiden Händen aus dem Fenster zu werfen, eine ganz andere. Vielen Spielern wurde Geld für das Tragen des ISPT Patches angeboten und einige haben es auch dankbar genommen, andere haben sich von dem Projekt wieder distanziert. Dafür gehört nun auch der Hendon Mob zu den „WemPlayern“. Auch die Online- und Printmedien der Pokerwelt wurden mit Inseraten und Geld überschwemmt. Parties wurden und werden geschmissen. Die bei der Berliner  EPT wird eine davon sein. Medien wurden nach London zur Pressekonferenz geholt, Spieler wurden zum Fallschirmspringen nach London eingeladen, unzählige Online-Satellite Tickets wurden bzw. werden garantiert und verschenkt. Mit aller Gewalt versucht man, Spieler für die ISPT zu gewinnen. Oder besser gesagt mit allem Geld versucht man, die Spieler zu ködern. Mit der Qualität des Events und dem außergewöhnlichen Austragungsort hat man es bislang nicht geschafft.

Im Interview mit Pokerfirma sagte Prosper Masquelier „Ich will kein Geld mit der ISPT verdienen, sondern nur ein einzigartiges Event veranstalten.“ Sieht man sich die bisherige Kostenstruktur des Events an, dann wird die ISPT kein Geld verdienen, denn dazu müsste man schon Millionen einnehmen – was bei einem Entry-Fee von € 300 pro Spieler nicht zu erreichen ist. Dass Onlineanbieter Geld für die ISPT ausgeben, wird auch nicht passieren. Im Gegenteil, das Geld geht von der ISPT an die Onliner, damit diese Satellites anbieten.

Vielleicht wird die ISPT aus reinem Idealismus von Bernard und Laurent Tapie, Prosper Masquelier und der Partouche Gruppe veranstaltet. Das größte Pokerevent aller Zeiten wird es sicher nicht werden, das teuerste vielleicht schon.


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