Pokerstrategie

Tells beim Poker – Teil 3

Das Aufspüren von Tells
Dies ist der erste Schritt bei der Arbeit mit Tells und er ist eigentlich am einfachsten – möchte man zumindest denken. Denn schließlich sieht jeder wie sich sein Gegner bewegt wenn er gerade einen Einsatz tätigt. Die Herausforderung ist nicht etwas zu sehen, sondern möglichst viel zu sehen. Meist reicht es nicht einem Gegner nur in die Augen zu schauen um einen Tell aufnehmen zu können. Manchmal spielen Sie mit mehreren eine Hand und müssen theoretisch alle zu jeder Zeit im Auge haben. Und auch bei einzelnen Gegnern ist es schwierig, denn Sie können nicht alle Körperteile im Auge behalten, zumindest nicht ohne entsprechende Übung.
Trainieren können Sie Ihre Beobachtungsgabe eigentlich nur in der Praxis indem Sie aufmerksam sind und Ihren Fokus darauf legen möglichst viele Tells aufzuspüren. Das erfordert viel Zeit und Geduld, aber anstatt am Poker-Tisch zu sitzen und sexy Bedienungen hinterher zu schauen, können Sie auch Ihren Tell-Sensor schulen.

Identifikation von Tells
Wesentlich schwieriger ist das Erkennen relevanter Tells. Wenn ein Spieler gerade genüßlich an seinem Drink schlürft weil er Durst hat, ist das noch kein Tell, der irgendwie relevant ist. Man muss also klar unterscheiden können zwischen richtigen und irrelevanten Tells. Ein gutes Beispiel ist der “ins Gesicht fassen”-Tell. Viele sind der Überzeugung, dass ein Spieler Schwäche zeigt, wenn er sich in irgendeiner Form ins Gesicht fasst. Aber was ist wenn es ihn wirklich nur an einer Stelle juckt? Blufft er deswegen? Sicherlich nicht und einige Spieler konnten diesen Tell nicht richtig identifizieren, glaubten an einen Bluff und durften sich wenige Sekunden später die Nuts ansehen.
Ein Rezept hierfür gibt es leider auch nicht. Es erfordert viel Erfahrung und meist hilft nur “Trial-and-Error”. Das ist natürlich kostspielig, aber wenn Sie die richtigen Schlüsse ziehen, wird sich so manche Fehlinvestition später wieder lohnen, nämlich wenn Sie dadurch Tells besser identifizieren können.

Ausbeuten von Tells
Das ist sicherlich der schönste Teil bei den Tells! Sie sehen einen Tell, wissen was er bedeutet und können darauf die perfekte Entscheidung fundieren. Egal wie der Tell und die Entscheidung aussieht – es ist immer eine Freude den perfekten Zug zu machen. Sie können zum Beispiel erkennen, dass Ihr Gegner die Nuts hält und einen grandiosen Fold machen. Wären Sie Phil Hellmuth würden Sie diesen grandiosen Fold der Welt nicht vorenthalten und Ihre Karten umdrehen bevor sie in den Muck wandern.
Doch gerade das Erkennen eines Bluffs ist ein Genuss, denn Sie können entweder einen grandiosen Call mit einer schwachen Hand machen und sich Respekt verdienen oder Sie gehen in die Gegen-Offensive und bluffen Ihren bluffenden Gegner aus der Hand wenn Ihre eigene Hand wertlos ist.
Es gilt jedoch zu beachten, dass Tells keine absolute Entscheidung bedingen. Wenn Sie einen glaubwürdigen Tell sehen und interpretieren, heißt das noch nicht, dass er 100 % korrekt ist. Sie können sich immer (!) irren, deswegen müssen Sie dies in Ihre Entscheidungsfindung mit einfließen lassen. Zum Beispiel: Der eben entdeckte Tell ist zu 50 % verlässlich, oder ein anderer zu 80 %.
Dann gehen Sie genauso vor wie bei Poker-Entscheidungen ohne Tells: Zu 50 % hat er Hand XY oder besser und ich verliere XZ Chips wenn ich calle, zu 50 % blufft er und mein Call bringt ZY an Chips ein. Das wäre zum Beispiel ein Gedankengang mit dem Sie einen Tell aufgespürt haben, der zu 50 % verlässlich ist.

Tells sind eigentlich eine eigene Wissenschaft, dem bisher noch zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Mike Caro macht mit seinem “Caro’s Poker Tells” nichts anderes als eine Liste mit Tells aufzuzeigen, deren Nutzen sich stark in Grenzen hält. Um von Tells wirklich profitieren zu können, ist es wichtig eigene Tells zu reduzieren und gute Methoden zu finden jeden seiner Gegner individuell analysieren und dessen Tells ausnutzen zu können. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie schon gewonnen… zumindest im Live-Poker.


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