Die nordrhein-westfälische Landesregierung plant eine Lockerung der Glücksspielregulierung. In erster Linie geht es bei den geplanten Änderungen darum, die Regeln für das terrestrische Glücksspiel anzupassen. Kritiker sehen in den geplanten Änderungen eine Reduzierung des Spielerschutzes. Glücksspielverbände wie der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) und Die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) bewerten die geplanten Regeländerungen hingegen positiv.
Änderung der Regulierung in NRW: Rechtssicherheit oder Lockerung?
In Nordrhein-Westfalen gilt wie überall in Deutschland der Glücksspielstaatsvertrag. Allerdings hat jedes Bundesland die Möglichkeit, mit einem Landesgesetz die Regulierung des Glücksspiels in einem vorgegebenen Rahmen selbst zu bestimmen. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Bundesländer beziehen sich in erster Linie auf das terrestrische Glücksspiel.
CDU und Bündnis 90/Die Grünen planen eine Beseitigung der „Unklarheiten“ in der derzeitigen Regulierung des terrestrischen Glücksspiels. Insbesondere geht es dabei um die Regelungen für Spielhallen und Wettbüros. Mit Ausnahmeregelungen für Bestandsangebote und einer Präzisierung der Abstandsregeln sollen nicht zuletzt auch Rechtsstreitigkeiten, die in den vergangenen Jahren viele Gerichte beschäftigt haben, reduziert werden.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat einen Gesetzesentwurf ausgehandelt, der die problematischen Punkte neu regeln soll. Kritiker befürchten, dass dadurch die Suchtprävention und der Jugendschutz reduziert werden. Ein großes Thema ist dabei der gesetzliche Mindestabstand zwischen stationären Wettbüros und Sportstätten.
Derzeit gilt der Mindestabstand für jede Sportstätte, unabhängig von der Nutzung. In Zukunft soll der Mindestabstand nur noch für Sportstätten gelten, in denen regelmäßig Sportevents ausgerichtet werden.
Auch der Mindestabstand zu Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche regelmäßig zu finden sind, soll aufgeweicht werden. Zwar soll weiterhin ein Mindestabstand von 350 Metern gelten. Aber die Bezirksregierungen sollen das Recht haben, aufgrund spezifischer örtlicher Verhältnisse Ausnahmeregelungen zu erlassen.
Wenn eine Spielhalle seit 2012 unterbrechungsfrei existiert und legal betrieben wird, soll sie einen Bestandsschutz haben, auch wenn der Mindestabstand nicht erfüllt wird. Zumindest bis 2028 sollen derartige Spielhallen weiter betrieben werden dürfen. Weitere Ausnahmen für den Mindestabstand sollen gelten, wenn die Spielhallen-Mitarbeiter bestimmte Zertifizierungen haben.
Ausgleich zwischen Spielerschutz und wirtschaftlichen Interessen
Die meisten Spielhallen in Nordrhein-Westfalen werden von kleinen oder mittelständischen Unternehmen betrieben. Wenn eine Spielhalle geschlossen wird, ist es für die Mitarbeiter schwierig, einen adäquaten Jobersatz zu finden. Viele Glücksspielkritiker würden am liebsten alle Spielhallen und Glücksspielangebote schließen. Aber der wirtschaftliche Schaden, der dadurch entstehen würde, sollte nicht übersehen werden.
Der Mindestabstand ist ein etabliertes Hilfsmittel, um den Spielerschutz zu verbessern. Aber niemand sollte glauben, dass sich Spieler davon abhalten lassen, dass sie ein paar Meter mehr zur nächsten Spielhalle gehen müssen. Nicht zuletzt hat jeder Spieler heutzutage die Möglichkeit, online zu spielen, und zwar rund um die Uhr. Einen Mindestabstand gibt es im Internet nicht.
Online-Casinos werden bei Debatte kaum beachtet
Bei der aktuellen Debatte in Nordrhein-Westfalen kann beobachtet werden, dass die Regulierung des terrestrischen Glücksspiels oft so diskutiert wird, als wäre es immer noch das Jahr 1990. Dabei hat sich die Glücksspielwelt erheblich verändert. Krypto-Casinos ohne Lizenzen setzen mittlerweile mehr als 70 Mrd. € um. Sogar in Deutschland gibt es legale Online-Casinos, die Spieler jederzeit als Alternative nutzen können.
Ein pragmatischer Umgang mit der Spielerschutz-Problematik muss immer auf der Realität basieren. Viele junge Menschen, die als besonders gefährdet gelten, sind nicht darauf angewiesen, dass Spielhallen oder Wettbüros in Ihrer Nähe sind. Mit ein paar Klicks ist es jederzeit möglich, in Online-Casinos mit echtem Geld zu spielen.
Politiker, die glauben, dass ein paar Meter mehr oder weniger zur nächsten Spielhalle oder zum nächsten Wettbüro einen großen Unterschied machen, haben die neue Realität des Online-Glücksspiels nicht verstanden.