In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Klagen von Spielern gegen Online-Glücksspielanbieter ohne Lizenz. In vielen Fällen waren die Spieler erfolgreich und durften sich über Rückerstattungen freuen. Doch damit könnte bald Schluss sein. Das Landgericht Erfurt hat Ende 2024 eine sogenannte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof geleitet, in der viele interessante Fragen aufgeworfen werden. Steht das Aus für Spielerklagen bevor?
Landgericht Erfurt will keine Entscheidung treffen
Das Landgericht Erfurt hatte Ende 2024 zwei interessante Fälle (Aktenzeichen: 8 O 392/23 und 8 O 515/24) zu klären. In einem Fall geht es um Online-Glücksspiele, im anderen um Online-Sportwetten. In beiden Verfahren geht es um Vorfälle aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021. Eine Lizenz für Online-Sportwetten (geduldet, aber nicht lizenziert) und Online-Glücksspiele gab es in Deutschland damals nicht.
Die Rechtsanwälte der beklagten Unternehmen argumentieren, dass auf Basis der EU-Dienstleistungsfreiheit die damaligen Angebote als legal einzustufen seien. Ob diese Einschätzung richtig ist, soll der EuGH klären. Dazu stellt das Landgericht Erfurt die Frage, ob eventuell ein Sanktionsverbot für Anbieter von Glücksspielen damals galt.
Spannend könnte es werden, wenn der EuGH die Klagen auf Entschädigung der Spieler als Rechtsmissbrauch wertet. Die Argumentation: Wenn das angebotene Glücksspiel illegal war, haben sich auch die Spieler strafbar gemacht. Auch diese Frage möchte das Landgericht Erfurt vom EuGH beantwortet haben.
Schließlich will das Landgericht Erfurt wissen, ob es überhaupt Aufgabe der Gerichte in Deutschland sei, die Rechtmäßigkeit von Glücksspielanbietern zu überprüfen. Das Landgericht Erfurt vermutet, dass dies eher in den Zuständigkeitsbereich einer Erlaubnisbehörde fallen würde.
Spannende Rechtsfragen mit weitreichender Wirkung
Sollte der EuGH zu der Auffassung kommen, dass die Klagen auf Entschädigungen keine Basis haben, würde dies dazu führen, dass die Klagewelle, von der neben vielen Spielern auch zahlreiche Rechtsanwälte profitieren, ein Ende finden würde. Zuletzt wurden die Spielerklagen durch den Bundesgerichtshof (BGH) indirekt gefördert. Ein Hinweisbeschluss im Jahr 2024 begünstigte eindeutig die klagenden Spieler.
Aber auch der BGH hat bereits in einem Verfahren zwischen dem Prozessfinanzierer Gamesright und dem Glücksspielanbieter Tipico eine Vorlage an den EuGH übermitteln müssen. Auch der BGH sah sich nicht dazu in der Lage, eine Entscheidung zu fällen, ohne die Rechtslage durch den EuGH klären zu lassen.
Muss eingeklagtes Geld demnächst zurückerstattet werden?
Im Laufe des Jahres wird der EuGH aller Voraussicht nach klären, wie es mit den Spielerklagen und den Rückerstattungen weitergeht.
Sollte der EuGH sich zugunsten der Glücksspielanbieter positionieren, könnte dies nicht nur dazu führen, dass es keine weiteren Klagen gibt. Alte Verfahren könnten aufgerollt werden, wenn klar werden sollte, dass die Rechtslage damals falsch beurteilt wurde.
Im schlimmsten Fall würden die Spieler, die ihre Verluste über Gerichtsverfahren bereits zurückerhalten haben, dazu verurteilt, das erstattete Geld ihrerseits zu erstatten. Das wäre das (un)würdige Ende einer Episode der deutschen Glücksspielregulierung, in der das Online-Glücksspiel viel zu lange ausgeklammert wurde.